Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Es war ein Sonntag. Zuerst fand Gottesdienst statt. Hieran 
schloß sich der Appell. Nachdem uns unser Chefarzt für unser 
mutiges Verhalten in vergangener Nacht belobt hatte, gab 
er uns Verhaltungsmaßregeln, da wir uns dem Schlachtfeld 
näherten. Danach ging's weiter nach Cambrai, dann nach 
Douai, und ehe wir's uns versahen, waren wir mitten im 
Schlachtgewühl. Von allen Seiten krachte es, es war ein Ge 
töse, wie wenn die Hölle losgelassen wäre. Als das Gefecht 
sich etwas entfernte, luden wir in aller Eile die Schwerver 
wundeten ein, da bohrte sich plötzlich noch eine französische 
Granate 10 Meter von unserem Zug in die Erde ein. Zum 
Glück war es ein sogenannter Blindgänger, sonst wären wir 
nicht glimpflich davongekommen. Nun wurde aber schleunigst 
100 Meter zurückgefahren, bis unser Zug in einer 
Talsenkung Deckung fand. Die Folge war, daß wir jeden 
Verwundeten 100 Meter weit tragen mußten. Endlich 
war auch diese Arbeit getan, und wir fuhren zurück nach 
Douai. Ringsum war die Nacht taghell erleuchtet durch 
die zahlreichen Feuersbrünste, ein schauriger Anblick. Nach 
dem wir noch aus einem Feldlazarett verwundete Offi 
ziere übernommen hatten, machten wir uns auf die Heim 
reise. Nun gab es schwere Arbeit, Tag und Nacht. Jeder 
Kranke wurde gereinigt, verbunden, auf Fieber gemessen 
und mit Fleischbrühe gelabt; dann wurden die Uniformstücke 
gereinigt. Die Arzte untersuchten die Wunden, linderten, 
verbanden, operierten. Ferner wurden die Angehörigen 
in schonender Weise durch Feldpost benachrichtigt. Je 
mehr wir uns der deutschen Grenze näherten, desto mehr 
lebten unsere Verwundeten auf durch unsere Pflege und 
kräftigende Kost. Als wir durch die herrliche Rheingegend 
kamen, wurden wir förmlich überschüttet mit Liebes 
gaben aller Art: Zigarren, Tabak, Wein, Schnupftücher, 
Hemden und vieles andere wurde uns zugetragen. Wir 
mußten oft Einhalt tun, daß bei dem Gesundheitszustand 
unserer Pfleglinge des Guten nicht zuviel geschehe. In 
Koblenz gaben wir eine Anzahl Verwundete ab, während 
wir mit dem Rest nach Erlangen fuhren, dort ausluden 
und dann nach Nürnberg kamen, um uns hier nach kurzer 
Ruhe zu neuen Fahrten zu rüsten. 
Der deutsche Flottenangriff auf die 
englische Küste., 
Nach der Schilderung eines Teilnehmers. 
lHierzü die Bilder Seite 16 und 17.) 
Zum zweitenmal näherte sich am 16. Dezember ein 
deutsches Geschwader der englischen Küste, um einen kühnen 
Angriff auszuführen. Der Anschlag galt diesmal den eng 
lischen Plätzen Hartlepool, Scarborough und Whitby. In 
der Frühe des 16. Dezember wurden deutsche Kriegschiffe 
vor diesen Häfen gesichtet, und gleich darauf begann auch 
eine erfolgreiche Beschießung, die in ganz England Angst 
und Entsetzen verbreitete. Die englische Flotte, die zu 
spät herbeigeeilt war, um diesen Angriff zu vereiteln, 
versuchte hinterher, unseren Schiffen den Rückweg ab 
zuschneiden, aber auch dieser Versuch mißlang. Unsere 
Flotte brachte vielmehr dem Feinde noch Verluste bei, 
indem zwei englische Torpedobootzerstörer vernichtet und 
ein dritter beschädigt wurde. Die englische Presse ver 
suchte vergeblich, die Bedeutung dieses glücklichen Hand 
streiches unserer Flotte abzuschwächen, der der Welt wieder 
einmal schlagend bewies, wie lächerlich die englische An- 
nraßung war, daß unsere Kriegschiffe sich vor der englischen 
Übermacht einfach verkriechen müßten, falls sie nicht binnen 
zwei Wochen nach dem Ausbruch des Krieges mit England 
vernichtet sein wollten. Welch seetüchtiger, kriegerischer Geist 
unsere brave Marine beseelt, geht aus der nachfolgenden 
Schilderung eines Teilnehmers an der kühnen Fahrt nach 
Englands Gestaden hervor, die ein deutscher Seemann nach 
der glücklichen Heimkehr an seine Eltern gesandt hat: 
Von der Beschießung dreier englischer Hafenstädte wer 
det Ihr, so heißt es in dem Briefe, 
sicherlich schon in den Zeitungen ge 
lesen haben. Ich war auch mit dabei 
und will Euch nun einige Einzelheiten, 
soweit dies zulässig ist, mitteilen. Am 
Mittwoch früh sollten die drei großen 
englischen Hafenplätze Hartlepool, 
Scarborough und Whitby bombardiert 
werden, um hier die Signalsiationen, 
die Hafenanlagen und die militärischen 
Gebäude zu vernichten, sowie die an 
diesen Plätzen vorhandenen Küsten- 
und Strandbatterien zum Schweigen 
zu bringen. Voll froher Hoffnung 
lichteten wir die Anker, die schweren 
Maschinen setzten sich in Bewegung, 
und bald fuhren wir in flotter Fahrt 
unserem Ziele entgegen. Vorsichtig 
gingen wir dabei jedem Hindernis aus 
dem Wege, und ohne besondere Zwi 
schenfälle kamen wir an diesem Tage 
unserem gemeinschaftlichen Ziele, der 
englischen Küste, näher. Im Schutz 
der Dunkelheit fuhren wir nun mit 
völlig abgeblendeten Lichtern, so daß 
kein noch so leiser Schimmer unsere 
Gegenwart verraten konnte, dahin, 
und es gelang uns, unbemerkt durch 
die feindliche Patrouillenkette hindurch- 
zuschlüpfen. So verlief alles programm 
mäßig zu unseren Gunsten. Um vier 
Uhr morgens trennten sich unsere 
Schiffe, um jedes seinem besonderen Ziele zuzusteuern. Um 
sieben Uhr morgens bekamen wir die englische Küste in Sicht. 
Unsere Freude kannte keine Grenzen mehr, als wir uns unserem 
Ziele näherten. Jetzt hieß es, besonders scharf aufzupassen. 
Jeder Mann an Bord war an seinem Platze. Ich hatte 
den Dienst am Scheinwerfer, der während der Beschießung 
zum Signalisieren gebraucht wurde, und konnte von hier 
aus mit meinem Doppelglas alles gut beobachten. Vom 
Nebel etwas begünstigt näherten wir uns immer mehr der 
englischen Küste. Jetzt kam vom Kommandanten der Be 
fehl: „Schiff klar zum Gefecht, alle wasserdichten Schotten 
und Verkehrsluken schließen." Unsere Geschütze waren schon 
längst klar zum Feuern. Als erstes Ziel war die Signal- 
station des vor uns liegenden Hafens bestimmt worden. 
Nahe der Küste erging der Befehl: „Flaggen setzen!" und 
gleich darauf flatterte die deutsche Kriegsflagge am achtern 
Maste lustig im Winde und sandte der nahen Küste ihren 
Gruß hinüber. Auch dort wurden jetzt auf den Signal 
stationen die Flaggen aufgesetzt, doch die englischen Farben 
waren kaum auf halber Masihöhe angelangt, da donnerte 
auch schon die erste deutsche Salve nach der englischen Küste 
hinüber — und das ganze Gebäude mit der Signalstation 
war gewesen dank der Treffsicherheit deutscher Kanoniere. 
Und nun erdröhnte von unserem und dem in unserer 
Begleitung gebliebenen Schiffe eine Salve nach der 
Montenegrinische Flüchtlinge — Moslims — aus Prevlje, die sich unter den Schuß der österreichisch- 
ungarischen Truppen stellten, auf der Fahrt nach Bosnien, wo sie, die nach dem Balkankrieg zu 
Montenegro kamen, eine neue Heimat zu finden hofften. Die Jungen unter ihnen traten in das 
k. u. k. Heer als Freiwillige ein.
	        
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