Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
307 
die bei El Kantara den Suezkanal überschritten und 
nach Palästina zogen. Wenige Tage später kam für die 
englische Regierung, die diesen Vorgang mit religiösen 
Dingen in Verbindung bringen wollte, die Erklärung: der 
Abbruch der diplomatischen Beziehungen der Türken zu 
den Mächten des Dreiverbandes." 
Bis Ende März herrschte abgesehen von kleineren unbe 
deutenden Gefechten am Suezkanal fast vollständige Ruhe. 
Erst am 26. teilte das türkische Hauptquartier mit, daß 
eine Abteilung türkischer, gegen den Suezkanal vorgehender 
Truppen in der Nähe des Kanals, gegenüber der Station 
Madam, auf eine kleine englische Kolonne gestoßen sei und 
diese vernichtet habe. Darauf beschoß diese Abteilung 
erfolgreich zwei mit Truppen beladene englische Trans 
portdampfer. Eine andere Abteilung beschoß einen eng 
lischen Transportdampfer zwischen Schaluf und Adschigöl. — 
Ähnliche Verlegenheiten, wie sie die Engländer in 
Ägypten hatten, beunruhigten die Franzosen in Marokko. 
Wir haben bereits auf Seite 164 mitgeteilt, daß sich Abdul 
Malik in Fez zum souveränen Sultan von Marokko aus 
rufen ließ. Die französische Presse veryennlichte mit großer 
Sorgfalt alle unangenehmen Nachrichten aus Marokko, 
aber die Wahrheit ließ sich nicht länger vertuschen, als in 
Deutschland durch das Wolffsche Büro ein Brief von Abdul 
Malik verbreitet wurde. In dein vom 26. Muharrem 
(14. Dezember) datierten Briefe schrieb Abdul Malik, der 
sich Emir von Marokko unterzeichnete, es sei ihm nach 
fünfzehntägigem Kampfe gelungen, Fez einzunehmen. 
Die Bevölkerung habe die marokkanischen Krieger mit 
großer Begeisterung und lebhafter Rührung empfangen. 
Die Moscheen seien mit Gläubigen gefüllt gewesen, die 
Dankgebete verrichteten. Die Franzosen hätten versucht, 
auf der Flucht die Lebensmittel- und Munitionsniederlagen 
zu verbrennen, was ihnen aber nicht gelungen sei. Den 
Marokkanern sei reiche Beute in die Hände gefallen. Ob 
wohl sie gegen die Franzosen in der Ebene zu kämpfen 
gehabt hätten, seien ihre Verluste unbedeutend gewesen, 
während die Franzosen 3500 Mann an Toten und Ge 
fangenen sowie Zahlreiche Verwundete verloren hätten. 
Die Bevölkerung der wiedereroberten Gebiete schließe sich 
den unter Abdul Malik kämpfenden Streitkräften an. 
Nach der Einnahme von Fez habe in der großen Moschee 
mit großem Gepränge die Verlesung des Fetwas statt 
gefunden, in dem namens des Sultans und des Kalifen 
der Heilige Krieg verkündet wurde. 
Diese unangenehmen Nachrichten beeilte man sich in 
Paris als erlogen zu bezeichnen. Daß sie aber auf Wahr 
heit beruhten, war schon daran zu erkennen, daß Frankreich 
sich veranlaßt fühlte, eine Expedition gegen Marrakesch 
zu entsenden. Um die Mitte Januar wurde bereits be 
kannt, daß diese französische Expedition westlich von Marra 
kesch eine schwere Niederlage erlitten hatte. Der Bezirk 
mußte geräumt werden und die französischen Truppen sich 
nach Mogador zurückziehen. 
Anfang Februar mußten die französischen Behörden 
und die fremden Konsulate Tanger räumen. Mit dieser 
Tatsache erhoben sich für die Franzosen ernste Besorgnisse 
um ihren afrikanischen Kolonialbesitz. In Marokko dauerte 
die Agitation mit ungehinderter Heftigkeit fort. Banden 
von berberischen Reitern belästigten die Wachtposten und 
versuchten den Vau der Eisenbahn zu stören. — 
Je mehr sich der Krieg in Europa zum Unheil für Eng 
land wandte, mit um so größerer Sorge sah man von 
London nach Indien. Um in dieser wichtigsten seiner 
Kolonien die Ruhe aufrecht zu erhalten, suchte das Mutter 
land auf jede Weise zu verhindern, daß Nachrichten von der 
Erklärung des Heiligen Krieges dorthin gelangten. Aber 
vergeblich. Es zeigte sich bald, daß die englische Darstellung, 
wonach in Indien alles ruhig sei und man es dort als 
größtes Glück betrachte, für England in Europa sein Blut 
zu vergießen, erfunden war, zumal als aus anderer 
Quelle die Nachricht nach Europa gelangte, daß unter den 
Indern lebhafte Unzufriedenheit mit England, ja geradezu 
Feindschaft gegen England und eine starke Gärung herrsche. 
Einen wichtigen Beleg dafür bildet ein Flugblatt, das 
unter den Indern verteilt und von ihnen mit großem 
Türkische Minenleger vor dein Bosporus werden von den Kreuzern «Hamidije" und „Berc-I-Satwet" bewacht. 
Nach einer Originalzeichnung von Alex. Kircher.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.