Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
legitime Schiffahrt der Neutralen iur 
Kriegsgebiet sicherzustellen. Sie kann 
jedoch nicht übersehen, daß alle Be 
mühungen in dieser Richtung durch 
zwei Umstände erheblich erschwert 
werden: 
1. durch den inzwischen wohl auch 
für die amerikanische Regierung außer 
Zweifel gestellten Mißbrauch der neu 
tralen Flagge durch die englischen 
Handelschiffe; 
2. durch den bereits erwähnten 
Konterbandehandel, insbesondere mit 
Kriegsmaterial, der neutralen Handel 
schiffe. 
Hinsichtlich des letzteren Punktes 
gibt sich die deutsche Regierung der 
Hoffnung hin, daß sich die amerikanische 
Regierung bei nochmaliger Erwägung 
zu einem dem Geiste wahrhafter Neu 
tralität entsprechenden Eingreifen ver 
anlaßt sehen wird. 
Was den ersten Punkt anlangt, so 
ist der deutscherseits der amerikanischen 
Essenempfang Ln einem Feldlazarett unmittelbar hinter der Front. 
Regierung bereits 
mitgeteilte Geheimbefehl der britischen Admiralität, der den 
englischen Handelschifsen die Benutzung neutraler Flaggen 
anempfohlen hat, inzwischen durch eine Mitteilung des bri 
tischen Auswärtigen Amtes, das jenes Verfahren unter Be 
rufung auf inneres englisches Recht als völlig einwandfrei 
bezeichnet, bestätigt worden. Die englische Handelsflotte hat 
den ihr erteilten Rat auch sogleich befolgt, wie der ameri 
kanischen Regierung aus den Fällen der Dampfer „Lusi- 
tania" und „Laertes" bekannt sein dürfte. 
Weiter hat die britische Regierung die englischen Han 
delschiffe mit Waffen versehen und sie angewiesen, den 
deutschen Unterseebooten gewaltsam Widerstand zu leisten. 
Unter diesen Umständen ist es für die deutschen Untersee 
boote sehr schwierig, die neutralen Handelschisfe als solche 
zu erkennen; denn auch eine Untersuchung wird in den 
meisten Fällen nicht erfolgen können, da die bei einem 
maskierten englischen Schiffe zu erwartenden Angriffe das 
Untersuchungskommando und das Boot selbst der Gefahr 
der Vernichtung aussetzen. 
Die britische Regierung wäre hiernach in der Lage, die 
deutschen Maßnahmen illusorisch zu machen, wenn ihre 
Handelsflotte bei dem Mißbrauch neutraler Flaggen ver 
harrt und die neutralen Schiffe nicht anderweit in Zweifel 
Phot. R. Sennecke, Berlin. 
Mannschaften dev Sanitätskompanie rücken ins Gefechtsgebiet. 
loser Weise gekennzeichnet werden. Deutschland muß aber 
in dem Notstand, in den es rechtswidrig versetzt wird, seine 
Maßnahmen unter allen Umständen wirksam machen, um 
dadurch den Gegner zu einer dem Völkerrecht entsprechenden 
Führung des Seekriegs zu zwingen und so die Freiheit der 
Meere, für die es von jeher eingetreten ist und für die es 
auch heute kämpft, wiederherzustellen. 
Die deutsche-Regierung hat es daher begrüßt, daß die 
amerikanische Regierung gegen den rechtswidrigen Gebrauch 
ihrer Flagge bei der britischen Regierung Vorstellungen er 
hoben hat, und gibt der Erwartung Ausdruck, daß dieses 
Vorgehen England künftig zur Achtung der amerikanischen 
Flagge veranlassen wird. 
In dieser Erwartung sind die Befehlshaber der deutschen 
Unterseeboote, wie bereits in der Note vom 4. dieses Monats 
zum Ausdruck gebracht worden ist, angewiesen worden, Ge 
walttätigkeiten gegen amerikanische Handelschiffe zu unter 
lassen, soweit sie als solche erkennbar sind. 
Um in der sichersten Weise allen Folgen einer Verwechs 
lung — allerdings nicht auch der Minengefahr — zu be 
gegnen, empfiehlt die deutsche Regierung den Vereinigten 
Staaten, ihre mit friedlicher Ladung befrachteten, den eng 
lischen Seekriegschauplatz berührenden Schiffe durch Kon- 
voyierung kenntlich zu machen. Die deutsche Regierung 
glaubt dabei voraussetzen zu dürfen, 
daß nur solche Schiffe konvoyiert wer 
den, die keine Waren an Bord haben, 
die nach der von England gegenüber 
Deutschland angewendeten Auslegung 
als Konterbande zu betrachten sind. 
Uber die Art der Durchführung einer 
solchen Konvoyierung ist die deutsche 
Regierung bereit mit der amerika 
nischen Regierung alsbald in Verhand 
lungen einzutreten. Sie würde es aber 
mit besonderem Dank anerkennen, 
wenn die amerikanische Regierung ihren 
Handelschiffen dringend empfehlen 
wollte, jedenfalls bis zur Regelung der 
Flaggenfrage den englischen Seekrieg 
schauplatz zu vermeiden. 
Die deutsche Regierung gibt sich der 
zuversichtlichen Hoffnung hin, daß die 
amerikanische Regierung den schweren 
Kampf, den Deutschland um sein Da 
sein führt, in seiner ganzen Bedeutung 
würdigen und aus den vorstehenden 
Aufklärungen und Zusagen ein volles 
Verständnis für die Beweggründe und 
Ziele der von ihr angekündigten Maß 
nahmen gewinnen wird. 
Die deutsche Regierung wiederholt, 
daß sie in der bisher peinlich von ihr 
geübten Rücksicht auf die Neutralen sich 
nur unter dem stärksten Zwang der 
nationalen Selbsterhaltung zu den ge 
planten Maßnahmen entschlossen hat.
	        
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