Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

220 Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
Italieners Pferde, bis sich endlich eine Gelegenheit bot, 
über die Grenze zu entweichen. 
Ein gutmütiger Bauer zeigte uns, welcher Weg nach 
Albanien führe. Doch in nächster Nähe der Grenze wäre 
unser Plan beinahe vereitelt worden. Unversehens stießen 
wir auf eine Gruppe montenegrinischer Soldaten. Diese 
erbarmten sich unser, ja ihr Hauptmann versorgte uns mit 
warmen Kleidern und gab uns Felle, in die wir unsere 
Füße hüllten. Unsere Unterwäsche verkauften wir dann, 
um auch etwas Geld bei uns zuhaben und uns Brot kaufen 
zu können. So gelangten wir denn nach tagelanger Wan 
derung in der Steinwüste nach Albanien. 
Endlich waren wir frei, doch nicht auch außer Gefahr, 
denn wir konnten ja nicht wissen, wie sich die Albanier zu 
uns stellen würden. Doch es kam besser, als wir gedacht 
hatten. Ein katholischer Albanier nahm uns gastfreundlich 
auf und bewirtete uns mit dem wenigen, das er hat e. So 
kamen wir glücklich nach Skutari, wo wir uns gleich bei un 
serem Konsul meldeten und nun bald nach Hause gelangten." 
leipziger Presse-Büro. 
Rasieren im Schützengraben, 70 rn vom Feinde entfernt. 
Die Erstürmung des Dammes der Lodz- 
Warschauer Eisenbahn. 
(Hierzu die Kunstbeilage.) 
Zu den Glanzleistungen im gegenwärtigen Weltkriege 
gehört ohne Zweifel auch die Erstürmung des Bahndammes 
der Linie Lodz—Warschau im Walde westlich von Borowo. 
Der Befehl zum Durchbruch nach Norden war gegeben 
worden, nachdem die Russen die eine Flankenbewegung 
gegen Lodz ausführenden deutschen Truppen ihrerseits mit 
übermächtigen, von allen Seiten herangeholten Kräften um 
zingelt hatten. Unsere Feldgrauen beseelte nur ein einziger, 
ingrimmiger, glühender Gedanke: „Durch!" Feuergefechte 
wurden gar nicht mehr angenommen, sondern die Bajonette 
aufgepflanzt und im Sturmlauf gegen jede feindliche 
Stellung angerannt, die sich zeigte. Im Walde waren 
zahlreiche Schützengräben angelegt. Aber- da der Befehl 
lautete: „Der Bahndamm quer durch den Wald muß unser 
sein," ging es einfach mit brausendem Hurra hinein in den 
ragenden Dom mit den vielästigen Säulen. Von Kom 
panie zu Kompanie pflanzte er sich weiter, der unwider 
stehliche deutsche Schlachtruf, und wenn je den einen oder 
anderen ein zagender Gedanke erfaßt hatte, der allgemeinen 
Begeisterung überließ sich willig jeder und suchte an seinem 
Teil das möglichste beizutragen, den Feind zu werfen. 
An die Spitze der ersten Kompanie hatte sich der Divisions 
general in eigener Person gestellt,- mit gezücktem Degen, 
kampfbegeistert folgte ihm der ganze Stab. Die russischen 
Schützengräben wurden überrannt, die Insassen zum größten 
Teil, soweit sie die Hände emporhoben, gefangen. Freilich 
lichteten sich dadurch immer mehr die Reihen der Stürmen 
den, denn fast zu viel Hände wurden nötig, die wachsende Zahl 
der Gefangenen zu hüten. Aber als habe sie selber deutsche 
Kampfesfreude erfaßt, halfen sie willig mit, Verwundete 
zu bergen, Pferde und Wagen nachzuschaffen. Indessen 
— die Nacht war schon hereingebrochen — glückte es den 
vordersten Reihen in der Tat, den heiß umstrittenen Bahn 
damm zu nehmen; als einer der ersten wurde der Divisions 
general von hilfreichen Händen hinaufgezogen. Und nun 
floh der Feind, wo sich ihm noch eine Lücke zu bieten schien, 
ein wirrer, regelloser Haufe ohne Führung und Überlegung. 
Leipziger Presse-Büro. 
Ein Gruß aus dem Schützengraben. 
Allerdings hatte der Angriff auch die Sieger nicht wenig 
Opfer gekostet: das kleine Häuschen des Bahnwärters war 
in kurzer Zeit mit Verwundeten überfüllt. Aber das Ziel 
war doch erreicht, und bei Kerzenlicht konnte der denkwürdige 
neue Befehl ausgegeben werden: „1. Der Feind ist geschlagen. 
2. Die Division formiert sich zu einer Marschkolonne und 
bricht nach Norden durch; die gesamte Artillerie und Bagage 
bleibt unter Bedeckung von drei Kompanien zurück. 3. Be 
fehlsempfang nach der Erstürmung von Brzeziny auf dem 
Marktplatz im Divisionsstabquartier vom 18. November." 
Daß es gelang, daß nicht nur die gesamte Artillerie und 
Bagage, sondern auch alle Verwundeten und obendrein 
12 000 Gefangene mit 15 eroberten Geschützen geborgen 
wurden, wissen wir. Und wir sind mit Recht stolz darauf. 
Kaiserliche Auszeichnungen haben uns nachher noch im 
besonderen über den Wert jener Kampfesleistungen belehrt. 
So hat unter anderem das 21. Reserve-Jägerbatajllon für 
sein heldenmütiges Vorgehen den Totenkopf für die Fahne 
und den Tschako sowie Gardelitzen verliehen erhalten. 
Eeneralfeldmarschall Hindenburg aber sprach sich in einem 
Armeebefehl dahin aus, daß das Bataillon so viel geleistet 
habe wie eine Division.
	        
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