Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

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' Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Die »Grande Place" Ln DinanL. 
nicht, wofür sie kämpfen, für wen sie sich totschießen lassen. 
Sie tragen den schweren Tornister des bösen Gewissens, 
ein friedliebendes Volk überfallen zu haben. Wir aber 
ziehen gegen den Feind mit dem Sturmgepäck des leichten 
Gewissens. Zum Erfolg ist aber auch weiter nötig, daß 
jeder Mann seine Pflicht tut. Und so erwarte und verlange 
ich auch von euch, daß jeder sein Letztes hingibt an Ge 
sundheit und Lebenskraft, bis der Sieg unser ist.° 
Mit kurzen, kernigen Worten, die das Gelöbnis, durch 
halten zu wollen, enthielten, dankte Erzellenz v. Mackensen 
im Namen der ihm unterstellten Truppen dem Kaiser. 
Kraftvoll, denn die Mannschaften stimmten begeistert mit 
ein, brauste ein Kaiserhurra durch die Parkstille. Und nun 
brachen die Truppen in Zügen ab; sie formierten sich am 
Ende der großen Allee zu einem Vorbeimarsch. Die 
Musik trat an ..." (Fortsetzung folgt.» 
Illustrierte Kriegsberichte. 
Der Heldentod des Obersten 
Ritter Reyl-Hanisch v. Greiffenthal. 
(Hierzu das Bild Sekte 209.) 
In den furchtbaren Augusttagen war es, als der zähe, 
tatkräftige Auffenberg dem wie eine Sturmflut herein 
brechenden Russenmeer den starken Damm bei Komarow 
entgegensetzte. Das Landwehrinfanterieregiment hatte 
den Befehl, die Stellung um jeden Preis zu halten. Es er 
wartete Verstärkungen. Aber Stunde um Stunde verrann, 
die russischen Geschosse rissen mörderische Lücken in die 
Reihen unserer Heldensoldaten; doch das Regiment wankte 
nicht. Sein kühner Oberst, Ritter Reyl-Hanisch v. Ereiffen- 
thal, an dem. das Regiment mit großer Liebe und Ver 
ehrung hing, hatte am frühen Morgen, als die ersten 
Sonnenstrahlen und auch die ersten zischenden Granaten 
die Schleier der Nacht zerrissen und die Vorhuten das Nahen 
unübersehbarer Kosakenschwärme, das Auffahren mächtiger 
Artillerie meldeten, das Regiment um sich versammelt und 
mit weithin vernehmbarer Stimme folgende Worte ge 
sprochen: „Kinder, es geht dem Feinde entgegen, und es 
wird ein heißer Tag werden. Aber ich kenne euch, jeden 
einzelnen von euch, und weiß, welcher Heldenmut euch alle 
beseelt. Wir siegen oder sterben miteinander. Kinder, 
ein Zurück gibt es nicht. Das sei unsere Parole. Unser 
geliebter alter Kaiser hurra!" Nach diesen Worten durch 
bebte tausendstimmiges Hurra die Luft, ein Hurra, be 
geistert und todesernst zugleich in dieser feierlichen Stunde. 
Als es verklungen war, rief Oberst v. Reyl: „Und nun vor 
wärts, Kinder, Gott befohlen!" 
„Hoch, unser Oberst, hoch!" tönte es in brausendem 
Chor. Kaum ein Auge war trocken geblieben in all den 
harten Gesichtern ringsum, und einer gab dem anderen 
die Parole weiter, damit sie auch die entfernt Stehenden 
hörten, die die Worte ihres Obersten nicht hatten verstehen 
können: „Ein Zurück gibt es nicht!" 
Der Mittag stieg auf mit seinen Sonnengluten, der 
Tag neigte sich seinem Ende zu — und noch stand das Re 
giment im mörderischen Feuer. Oberst v. Reyl war be 
reits zweimal verwundet worden: ein Streifschuß am Fuß 
und eine Kugel durch die linke Schulter; aber trotz des 
Blutverlustes und der Schmerzen blieb er an der Front 
bei seinen „Kindern". Da traf ihn ein Granatsplitter 
an der Stirn, und er stürzte zusammen. Sein treuer Diener 
trug ihn ins Lazarett, eine alte, verfallene Ziegelei, wo 
er verbunden und gebettet wurde, so gut es eben ging. 
In dem Dämmerzustand, in dem er sich befand, hörte er 
plötzlich, wie jemand vorbeikam und rief: „Das Regiment 
geht zurück!" Das brachte ihn ganz zum Bewußtsein. 
Unbemerkt von den Ärzten, die Übermenschliches leisteten 
an jenem blutigen 29. August, verließ er die Ziegelei. 
Draußen stand der Bursche mit den Pferden. Der half 
seinem Herrn in den Sattel und folgte ihm mit dem Hand 
pferd nach. Querfeldein ritt der Oberst, getrieben von der 
furchtbaren Angst: „Das Regiment geht zurück, die Stellung 
ist verloren!" Da traf eine Kugel den braven Rappen, den 
er ritt; er bestieg sein zweites Pferd und galoppierte weiter. 
Endlich traf er auf Versprengte seines Regiments: „Kinder, 
was habt ihr mir angetan? Euer Oberst ist da. Zu mir, 
zu mir! Wo ist der Hornist? Sammeln, sammeln!" rief
	        
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