Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
aller Tapferkeit dem Ansturm der ungezählten Feindes 
scharen nicht standhalten, und schon wenige Wochen nach 
Kriegsbeginn fiel Czernowitz in die Hände der Russen. Sie 
haustendort schrecklich, bis es am 22. Oktober den österreichisch- 
ungarischen Truppen gelang, die Stadt zurückzuerobern und 
die Russen zu verjagen. 
Leider war es nicht für lange, denn durch die schier un 
glaublich großen Nachschübe der Russen, die unaufhörlich 
vorrückten, wurde die Lage für die österreichisch-ungarischen 
Truppen in der Bukowina immer schwieriger. In erster 
Linie aus strategischen Gründen mußte daher die Stadt am 
27. November von den k. u. k. Truppen wieder geräumt 
werden. Fünf Wochen war sie von den heldenmütigen 
Landsturmleuten gehalten worden, aber da die Russen nicht 
nur von neuem in großen Scharen anrückten, sondern 
auch mit einer an Zahl überlegenen Artillerie die Stadt 
und das rechte Pruthufer, wo die österreichisch-ungarischen 
Kräfte verschanzt waren, beschossen, war ein anderer Aus 
weg nicht möglich. 
Fast ein Vierteljahr war hierauf die Stadt wieder in 
der Gewalt der Russen, die diesmal in ihr noch weit ärger 
wüteten als das erstemal. 
Furchtbar waren die Wochen, die über die Czernowitzer 
Bevölkerung kamen. Sie mußte hart bezahlen, daß sie sich 
am 22. Oktober so sehr über die. Wiedereroberung durch die 
Österreicher und Ungarn gefreut hatte. Mit großer Strenge 
und Grausamkeit wurden die kaisertreuen Bürger be 
handelt, und nicht nur die Stadt als solche, sondern auch 
jeder einzelne kam zu großem Schaden. Um so herzlicher 
und lebhafter war aber die Begeisterung, als es den aus 
den Karpathen siegreich vorrückenden österreichisch-ungari 
schen Truppen am 17. Februar 1915 gelang, die Russen 
wiederum aus der Stadt zu verjagen. Am 16. Februar 
begannen die Russen bereits zu spüren, daß nicht länger 
ihres Bleibens sei: sie befahlen, schon um sechs Uhr abends 
die Haustore zu sperren, und niemand durfte sich auf der 
Straße zeigen. Die Besatzung hatte sich zum Abzug ent 
schlossen, und nachdem die Russen noch zahlreiche Geschäfte 
geplündert hatten, begannen sie die Stadt zu verlassen. Die 
ganze Nacht herrschte ein fürchterlicher Lärm, ein wüstes 
Durcheinander zeigte sich auf den Straßen. Immer eiliger 
wurde der Abzug, bis er endlich in eine förmliche Flucht 
ausartete, als man vom hohen Rathausturm aus beobachtet 
hatte, wie die österreichisch-ungarischen Truppen von Süden 
und Westen sich der Stadt näherten. 
Kaum hatten die letzten Russen die Stadt verlassen, so 
rückten die österreichisch-ungarischen Truppen ein. Ein be 
geisterter Jubel zeigte sich allenthalben; mit Freudentränen 
in den Augen begrüßte die Bevölkerung ihre Befreier, und 
auf manchem von dem Elend und Kummer der letzten 
Wochen durchfurchten Antlitz zeigte sich neue Hoffnung. 
Unsere Zeppeline. 
Von Major a. D. Schmahl. 
Mit den Flugzeugen hat der 
Luftkreuzer in erster Linie der 
Aufklärung zu dienen. Jene 
sind die Offizierspatrouillen, 
der Kreuzer die Kavalleriedivi 
sion der Luft. Er kann nicht nur 
Nachrichten bringen, sondern er 
trägt in sich eine gewisse Ge 
fechtskraft, um zu kämpfen. Wie 
die Patrouille läßt sich der Flie 
ger am besten nicht aufs Kämp 
fen ein, auch wenn die Aussicht 
günstig wäre. Sein Zweck ist mit 
dem Sehen und Melden er 
schöpft. Die Handfeuerwaffen, 
die er mitführen kann, sollen 
mehr der Verteidigung dienen, 
falls er unversehens in eine 
mißliche Lage gerät, als dem ge 
suchten Angriff. Unsere Feinde 
haben eiserne Pfeile erfunden, 
die sich in der Luft, weil sie hin 
ten leichter sind, von selbst senk 
recht stellen; wirft man von die 
sen Geschossen Hände voll aus, 
während man sich senkrecht über dichten Truppenansamm 
lungen befindet, so läßt sich eine beträchtliche Wirkung er 
zielen. Fast alle Pfeile schlugen durch die Muskeln glatte, 
gutartige Wundkanäle, während Kopftreffer sofort tödlich 
waren, was sich aus der starken Durchschlagskraft des aus 
großer Höhe herabfallenden Geschosses erklärt. 
Wir lernen von unseren Feinden. Wieviel solcher 
Pfeile wohl ein Zeppelin mitführen kann? — Infolge der 
verhältnismäßig großen Tragfähigkeit kann der Luftkreuzer 
auch eine größere Zahl Personen befördern und zum Bei 
spiel in kurzer Zeit einen höheren Stab von der West- zur 
Ostgrenze bringen. Auch Maschinengewehre mit reichlicher 
Munition kann er an Bord nehmen, so daß ein Angriff 
von Fliegern leicht abzuschlagen ist. Seine Hauptwaffe 
aber sind die Bomben, die beim Auftreffen ihre Spreng 
ladung entzünden und am Ziel verheerend wirken, wie 
aus unseren Bildern Seite 194 und 195 ersichtlich ist. 
Der Tag von Wytschaete. 
in. 
(Schluß.) 
Es mag gegen fünf oder fünfeinhalb Uhr morgens ge 
wesen sein, da hörten wir hinter uns vom Westeingange 
des Dorfes her Hurra rufen. „Endlich die Anschlußbrigade! 
Das Hurra könnten sie sich sparen, wo wir das ganze Dorf 
schon einmal genommen haben." Und wieder wurde es 
ruhig. „Es war vielleicht nur eine versprengte Abteilung von 
uns." Einige Zeit später Eewehrfeuer in derselben Rich 
tung. „Täuschung — das sind englische Patronen, die in 
brennenden Häusern explodieren." Wiederum war es ruhig 
und man wartete auf den Tag. „Halt! Wer da?" ruft 
plötzlich unser Posten vorn in die stille Nacht hinein, ruft^s 
dreimal nach Vorschrift und schießt, als niemand antwortet. 
„Wenn der nur nicht einen von uns angeschossen hat!" —- 
„Ausgeschlossen, der hätte geantwortet. War ein Eng 
länder." — „Was tun die Engländer da?" fragt einer, und 
„Sollten die wiederkommen?" denkt jeder. 
Da plötzlich ein Hagel von Geschossen über unseren 
Köpfen — englische. Wir unterscheiden es genau. Denn 
die französische Kugel schlägt wie die deutsche fast lautlos 
ein, die englische dagegen gibt beim Aufschlag einen hellen 
Ton. Wie der Wind waren die vielleicht 200 Mann, die 
auf der Wiese gelegen hatten, verschwunden. Jeder war 
in die nächste Deckung gesprungen, ich selbst in den linken 
Straßengraben. Da lagen nun etwa 80 Leute, zumeist 
von meiner Kompanie, Mann für Mann hintereinander. 
Einzelne hatten im Graben keinen Platz mehr gefunden und 
legten sich auf der Straße selbst flach nieder. Sie waren 
die ersten Opfer. Ein Zucken, das durch den ganzen Körper 
ging, manchmal auch ein Schrei — wir wußten, der ist 
Karte des ostgalizischen Kriegschauplaßes.
	        
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