Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16. 
18. Januar in der Gegend von Jakobeny. 
Die Russen griffen mit stärkeren Kräften an, 
wurden jedoch an den befestigten Stellungen 
unserer Verbündeten abgewiesen und erlitten 
schwere Verluste. In den folgenden Tagen 
richteten sie ihren Hauptangriff auf den linken 
Flügel der österreichisch-ungarischen Stellungen 
in der südlichen Bukowina, und zwar gegen die 
Patzhöhen westlich Kirlibaba. Es kam zu sehr 
heftigen, mehrere Tage hindurch andauernden 
Kämpfen, in denen die Russen so schwere Ver 
luste erlitten, datz die k. u. k. Truppen zum 
Gegenangriff schreiten konnten, der am 22. Ja 
nuar zur Wiedereroberung der Mitte des Mo 
nats geräumten Stadt Kirlibaba führte. Auch 
die die Stadt beherrschenden Höhen wurden 
von den österreichisch-ungarischen Truppen ge 
nommen. Die Russen wichen nach schweren 
Verlusten in nördlicher Richtung zurück. Der 
unter Aufwand bedeutender Kräfte angesetzte 
russische Vorstoß, dessen Ziel Siebenbürgen ge 
wesen war und von dem man an den maß 
gebenden Stellen der russischen Armee einen 
besonderen politischen Erfolg erwartet hatte, 
war hiermit vollkommen gescheitert. — 
Im Monat Februar spielten sich die Haupt 
kämpfe zwischen Österreich-Ungarn und Rußland 
in den Karpathen ab. Dabei traten zu den 
Schwierigkeiten des Geländes noch solche der 
Witterung. Fast übermenschliche Anstrengungen 
hatten die Truppen im Marsch und besonders 
im Angriff zu überstehen, ungewohnte Hinder 
nisse des Eebirgskrieges zu überwinden. Viel 
fach mußte der einzelne Schütze sich seinen 
Weg gegen die feindliche Stellung im Feuer 
des Verteidigers durch tiefen Schnee erst aus 
schaufeln. In diese Schneegassen war der 
Angriff vorzutragen, während der Gegner vor 
seinen Stellungen Hindernisse in Gestalt von 
ausgedehnten Schneewällen auftürmte, die den 
Angreifer dicht vor den Drahtverhauen in 
weichen Schneemassen versinken ließen. Wochen 
lang standen die Truppen in Höhenlagen von 
über tausend Meter, häufig im eiskalten Winde 
bei 20 Grad unter Null. 
Trotz all dieser Schwierigkeiten wurden Er 
folge errungen. Am 1. Februar wurde mit 
geteilt, daß neue russische Angriffe westlich des 
Lupkower Sattels abgewiesen worden waren. 
Bei einem Gefecht im Waldgebirge verloren die Russen an 
Gefangenen 5 Offiziere und 800Mann, 2 Geschütze und 2 Ma 
schinengewehre. Am 2. versuchte der Gegner nachts die 
österreichisch-ungarischen Stellungen in den Ostbeskiden an 
zugreifen, wurde aber, nachdem er schwere Verluste erlitten 
hatte, zurückgedrängt. Im mittleren Waldgebirge nahmen 
die Kämpfe auch an diesem Tage einen günstigen Verlauf. 
Die verbündeten Truppen eroberten eine von den Russen 
hartnäckig verteidigte Höhenstellung, machten hierbei 1000 Ge- 
* * 
Österreichisch-ungarische Ulanenpatrouille in Deckung.^' ^ophot G. m. b. H., Wien. 
fangene und erbeuteten mehrere Maschinengewehre. Auch 
am folgenden Tage gelang es den Verbündeten, hier erneut 
Raum zu gewinnen und einige hundert Gefangene zu machen. 
Auf der ganzen Karpathenfront führten die Kämpfe der 
nächsten Tage zu Erfolgen für die deutschen und öster 
reichisch-ungarischen Waffen. Während in allen übrigen 
Teilen des gesamten Kampfgebietes im Osten verhältnis 
mäßig Ruhe herrschte, bereitete sich hier eine Entscheidung 
vor. Nachdem sämtliche Karpathenpässe mit ruhiger Sicher 
heit von den Österreichern und Ungarn 
genommen worden waren, schritt der 
Kampf auf immer breiterer Front 
jenseits der Paßhöhen vorwärts. Die 
Russen sahen sich zu ihrer Überraschung 
aus kleinen Plänkeleien nach und nach 
in eine ernste Schlacht verwickelt und 
waren genötigt, im mittleren Dukla- 
abschnitt ihrerseits starke Kräfte zu 
sammenzuziehen. Namentlich im Ge 
biete von Dukla wurde nun einige 
Tage beiderseits mit bedeutenden Mas 
sen gekämpft. Es handelte sich hier 
um jenes Gebiet, von dem aus die 
Russen seinerzeit am besten gegen Buda 
pest vorstoßen zu können gehofft hatten. 
Unterm 7. Februar meldeten die Be 
richterstatter, daß diese Kämpfe für die 
k. u. k. Truppen günstig ausgefallen 
seien. Die russische Artillerie war am 
Duklapaß wegen der Beförderungs 
schwierigleiten verhältnismäßig schwach 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16. 
185 
ä 
Phot. Kilophot G. m. b. H., Wien. 
gewesen, um so stärkere Jnfanteriekräfte aber hatte der 
Gegner hier vereinigt. Bei diesem Vorstoß suchten die 
Russen in gewohnter Weise den Erfolg ohne Schonung ihres 
Menschenmaterials durch Massenwirkung zu erzwingen. Das 
Vorgehen geschah staffelförmig in Schwarmlinien, die bis 
zu sechs Reihen hintereinander lagen. In einem Fall 
wurden die drei ersten Schwarmlinien von den österreichisch 
ungarischen -Schützengräben aus beim Sturm völlig ab 
geschossen. Erst den drei anderen Linien gelang das Ein 
dringen in die Stellung der k. u. k. 
Truppen, so daß diese sich zurückziehen 
mußten. Die Russen drangen hierauf 
über die Paßhöhe vor. Ihr weiterer 
Vormarsch wurde noch am hellen 
Tage eingeleitet, indem die russischen 
Schwarmlinien von den Höhenzügen 
in das Tal hinabstiegen. Abends be 
gannen sie die von den österreichisch 
ungarischen Truppen gehaltenen gegen 
überliegenden Hügel hinanzusteigen. 
Als sie auf halber Höhe angelangt 
waren, brach ein wütender Schnee 
sturm los, der die Russen nötigte, halt 
zu machen und die ganze Nacht im 
Freien zu verbringen. Als dann am 
anderen Morgen zum Sturm ge 
schrittenwerden sollte, hatten zahlreiche 
Leute erfrorene Gliedmaßen, die 
übrigen waren völlig erschöpft. So 
brach der Sturm unter dem Feuer 
der österreichisch-ungarischen Truppen 
völlig zusammen. Haufen von Toten und Ver 
wundeten bedeckten das Schlachtfeld , und es 
wurden viele Gefangene gemacht. Die Russen 
zogen sich schließlich fluchtartig zurück, von den 
nachdrängenden k. u. k. Truppen verfolgt. 
Am 8. Februar nachmittags gelang es den 
verbündeten Kräften, im Waldgebirge einen 
von den Russen hartnäckig verteidigten Ort 
nördlich des Sattels von Volovec nach mehr 
tägigen Kämpfen zu nehmen. Zahlreiche Ge 
fangene wurden hier gemacht, viel Munition 
und Kriegsmaterial erbeutet. Auch an der 
übrigen Karpathenfront tobten heftige Kämpfe. 
So im westlichen Abschnitt, wo nach starken 
russischen Angriffen 340 Gefangene und 3 Ma 
schinengewehre in unsere Hände fielen. 
Am 10. Februar gingen die Russen im Ab 
schnitt westlich des Uzsoker Passes vor, wurden 
aber unter starken Verlusten abgewiesen. Am 
folgenden Tage wurde berichtet, daß der An 
griff der Verbündeten trotz erbitterten feind 
lichen Widerstands und Einsetzung von russischen 
Verstärkungen, die aus allen Richtungen zu 
sammengezogen wurden, Schritt um Schritt 
Raum gewonnen habe. 
Die Versuche zur Wiedergewinnung des 
Duklapasses wurden Mitte Februar von den 
Russen als aussichtslos aufgegeben. Im östlichen 
Abschnitt der Karpathen erzielten die k. u. k. 
Truppen am 12. Februar schöne Erfolge. Nach 
Zurückwerfung der Russen bei Körösmezö über 
schritten sie den Jablonicapaß und die Über 
gänge beiderseits dieser Straße. Auf der ganzen 
Karpathenfront wurde auch in den nächsten 
Tagen heftig gekämpft. Mehrere Tag- und 
Nachtangriffe der Russen wurden unter großen 
Verlusten für den Feind, der 400 Mann an 
Gefangenen verlor, zurückgeschlagen. In der 
Gegend von Wyszkow hatten sich Mitte Februar 
äußerst hartnäckige Kämpfe entwickelt, in deren 
Verlauf bis zum 17. Februar 4040 Gefangene 
eingebracht wurden. Auch am 18. Februar 
hielten diese Kämpfe an, und alle Angriffe der 
Russen wurden zurückgeschlagen. 
Es fand hier in den Karpathen keine Ee- 
samtschlacht statt, sondern nur Einzelkämpfe. 
Auf gewisse Stellungen wurden oft mehr als 
hundert Angriffe gemacht. Vielfach wechselte 
eine Höhe zweimal am Tage den Besitz. Am 
20. Februar erlitten die Russen bei ihren Angriffen an der 
Karpathenfront von Dukla bis Wyszkow schwere Verluste, 
an Gefangenen allein 750 Mann. Auch am nächsten Tage 
machten sie vergebliche Versuche, bis zu den österreichisch- 
ungarischen Hindernislinien vorzugehen. 
Dieses Ringen in den Karpathen war durch große Zähig 
keit und Erbitterung ausgezeichnet. Die Russen, die sich 
der Bedeutung der Entscheidung voll bewußt waren, 
kämpften mit dem Mut der Verzweiflung. In der Gegend 
^ g 
Ulanenvorhut in Russisch-Polen. 
Phot. Kilophot G. m.b. H. Wien.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.