Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Phot. Berliner Illustrations-Gesellschaft m. b. H. 
Deutsche Soldaten auf französischem Boden bei der Feldbestellung hinter der Front. 
teils mehr den Charakter von Freischaren, teils den von ge 
wöhnlichen Räuberhorden haben. Ihr Name rührt von den 
Anhängern des Hadschi Dimitr her, der Mitte der sechziger 
Jahre des neunzehnten Jahrhunderts ein bulgarisches Revo 
lutionskomitee — comita genannt — gründete und lange Zeit 
ein Schrecken der Türken war. Von diesen Freiheitshelden 
bis zu dem wegelagernden Räuber in Makedonien und dem 
, Franktireur von Sabac und Obrenovac ist ein weiter Weg, 
und der einstige Ehrentitel Komitadschi ist jetzt zum Gegen 
teil geworden. 
Die Mitglieder des bulgarischen Revolutionskomitees 
waren militärisch organisiert, und trotz vieler Niederlagen, 
die sie erlitten, waren sie tapfer und erfolgreich. Der zähe 
jahrelange Kampf verderbte sie aber, und viele konnten 
auch nach der Befreiung Bulgariens vom Türkenjoch das 
einmal liebgewonnene Kriegshandwerk nicht mehr lassen. 
AIs sie in Bulgarien mehr oder minder ausgespielt hatten, 
verpflanzten sie ihre Tätigkeit nach Makedonien, und hier 
mutzte man mit der Zeit immer mehr zwischen zwei Arten 
solcher Komitadschi unterscheiden. Die eine war durch 
noch immer militärisch organisierte Banden vertreten, an 
deren Spitze oft idealistisch gesinnte Volksfreunde, grotze 
Patrioten, wirkliche Freiheitshelden standen, die andere 
war eine unerfreuliche Abart: Rotten, die sich als „Be 
freier" ausgaben, aber bald 
von den zu befreienden 
Völkerschaften Makedoniens 
mehr gefürchtet wurden als 
ihre Bedrücker. Diese 
Komitadschibanden wurden 
dann im Lauf der Zeiten 
ein Schrecken der Balkan- 
länder und um so gefähr 
licher, als die verschiedenen 
lawischen Regierungen sich 
hrer nicht kräftig erwehren 
konnten. Einmal wutzten sie 
nie, ob sie nicht selbst diese 
Räuber gelegentlich wieder 
zu eigenen Zwecken würden 
benutzen können oder wollen; 
sodann aber mutzten sie da 
rauf Rücksicht nehmen, datz 
diese Banden, namentlich 
fern von ihrer eigentlichen 
Wirkungsstätte, noch immer 
von einem gewissen geheim 
nisvollen Schimmer um 
schwebt waren. 
Bei Beginn des Krieges 
zwischen Österreich-Ungarn 
einerseits, Serbien und 
Montenegro anderseits ist 
auch jener Fall eingetreten. 
Obwohl die serbischen und 
montenegrinischen Komitad 
schibanden fast ausnahmslos 
reine Räuberbanden waren, 
kamen sie doch in einen ge 
wissen Zusammenhang mit 
der Kriegsverwaltung und 
betätigten sich in deren 
Interesse als gefährliche 
Franktireure. Als solche 
haben sie den österreichisch 
ungarischen Truppen hart 
zugesetzt. Ihre Kampfweise 
war empörend. Fast immer 
schossen sie aus dem Hinter 
halt. Und als Hinterhalt 
diente ihnen alles Erdenk 
liche: auf Bäumen, in Heu 
schobern, hinter Schweine 
ställen, mitten in verlasse 
nen Gehöften kauerten sie 
mit ihrer todbringenden 
Waffe; denn so feig sie 
sind, so gut schießen sie. 
Fast jeder Schutz ist ein 
Treffer, dabei schonen sie 
ihre Munition im wohlverstandenen eigenen Interesse. In 
ihren eigenen Ländern wurden sie so zu einer großen Gefahr 
für die anstürmenden österreichisch-ungarischen Truppen, auf 
dem Gebiet der Monarchie aber wurden sie geradezu zur 
Eottesgeitzel, nicht nur der Soldaten, sondern auch der Be 
völkerung — obwohl sie diese ja „befreien" wollten. Unter 
diesen Umständen ist es begreiflich, datz die österreichisch 
ungarischen Truppen auf dem südlichen Kriegschauplatz von 
einer ganz besonderen Wut gegen diese „Krieger" erfüllt 
waren, und es ist bezeichnend, datz gerade die bosnisch-herzego- 
winischen Bataillone — die dieses Gesindel am besten kannten 
— ihnen am härtesten zusetzten. Vorkommnisse, wie sie unser 
Bild zeigt, ereigneten sich in den ersten Wochen des Krieges 
häufig. Der Künstler führt uns einen typischen Fall vor. 
Wild stürmen die tapferen Bosniaken gegen ein verlassenes 
Gehöft, von dem aus sie nichtsahnend von versteckten 
Komitadschi aus dem Hinterhalt angeschossen werden. 
Pardon wird nicht gegeben. Fallen Komitadschi in die 
Hände der Feinde, so ist es um sie geschehen. Man macht 
kurzen Prozeß mit ihnen. Dies ist begreiflich, denn hier 
handelt es sich nicht um Bürger, die aus Angst um ihren 
Besitz zur Waffe greifen, sondern einfach um verwildertes 
Räubergesindel. Gegen einen solchen Gegner ist nur ein 
Vernichtungskampf am Platz, und nach übereinstimmenden 
Hofphotograph Bcrger, Potsdam. 
Unsere Soldaten schneiden Weiden ab, die zu Geflechten für die Schützengräben dienen.
	        
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