Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15.
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Weitere Maßnahmen von unserer Seite folgten un
mittelbar. Schon am 1. Februar erging folgende Be
kanntmachung :
England ist im Begriff, zahlreiche Truppen und große
Mengen von Kriegsbedarf nach Frankreich zu verschiffen.
Gegen diesen Transport wird mit allen zu Gebote stehenden
Krieosmitteln vorgegangen.
Die friedliche Schiffahrt wird vor der Annäherung an
die französische Nord- und Westküste dringend gewarnt, da
ihr bei Verwechslung mit Schiffen, die Kriegszwecken dienen,
ernste Gefahr droht.
Dem Handel nach der Nordsee wird der Weg um Schott
land empfohlen.
Der Chef des Admiralstabs der Marine:
v. Pohl.
Und noch einschneidender war nachstehende Verfü
gung vom 4. Februar:
1. Die Gewässer rings
Großbritannien und Ir
land einschließlich des ge
samten englischen Kanals
werden hiermit als
Kriegsgebiet erklärt.Vom
18. Februar 1915 an wird
jedes in diesem Kriegs
gebiet angetroffene feind
liche Kauffahrteischiff zer
stört werden, ohne daß
es immer möglich sein
wird, die dabei der Be
satzung und den Passa
gieren drohenden Ge
fahren abzuwenden.
2. Auch neutrale
Schiffe laufen im Kriegs
gebiet Gefahr, da es an
gesichts des von der
britischen Regierung am
31. Januar angeordneten
Mißbrauchs neutraler
Flaggen und der Zufäl
ligkeiten des Seekriegs
nicht immer vermieden
werden kann, daß die
auf feindliche Schiffe be
rechneten Angriffe auch
neutrale Schiffe treffen.
3. Die Schiffahrt
nördlich um die Shet
landsinseln, in dem öst
lichen Gebiet der Nord
see und in einem Streifen
von mindestens 30 See
meilen Breite entlang
derniederländischenKüste
ist nicht gefährdet.
Der Chef des
Admiralstabs derMarine:
v. Pohl.
Diese Anordnung der
deutschen Regierung ge
gen die völkerrechtswid
rigen Maßnahmen Eng
lands zur Unterbindung des neutralen Seehandels mit
Deutschland war von einer erläuternden Denkschrift be
gleitet, die an Deutlichkeit und Offenheit der Sprache nichts
zu wünschen übrig ließ. Sie lautete:
Seit Beginn des gegenwärtigen Krieges führt Groß
britannien gegen Deutschland den Handelskrieg in einer
Weise, die allen völkerrechtlichen Grundsätzen Hohn spricht»
Wohl hat die britische Regierung in mehreren Verordnungen
die Londoner Seekriegsrechtserklärung als für ihre See
streitkräfte maßgebend bezeichnet, in Wirklichkeit aber sich
von dieser Erklärung in den wesentlichsten Punkten los
gesagt, obwohl ihre eigenen Bevollmächtigten auf der
Londoner Seekriegsrechtskonferenz deren Beschlüsse als
geltendes Völkerrecht anerkannt, haben. Die britische Re
gierung hat eine Reihe von Gegenständen auf die Liste der
Konterbande gesetzt, die nicht oder doch nur sehr mittelbar
für kriegerische Zwecke zu verwenden sind und daher nach
der Londoner Erklärung, wie nach den allgemein anerkannten
Regeln des Völkerrechts überhaupt nicht als Konterbande
bezeichnet werden dürfen. Sie hat ferner den Unterschied
zwischen absoluter und relativer Konterbande tatsächlich
beseitigt, indem sie alle für Deutschland bestimmten Gegen
stände relativer Konterbande ohne Rücksicht aus den Hafen,
in dem sie ausgeladen werden sollen, und ohne Rücksicht
auf die feindliche oder friedliche Verwendung der Wegnahme
unterwirft. Sie scheut sich sogar nicht, die Pariser See-'
rechtsdeklaration zu verletzen, da ihre Seestreitkräfte von
neutralen Schiffen deutsches Eigentum, das nicht Konter
bande war, weggenommen haben. Uber ihre eigenen Ver
ordnungen zur Londoner Erklärung hinausgehend,- ließ sie
weiter durch ihre Seestreitkräfte zahlreiche wehrfähige
Deutsche von neutralen Schiffen wegführen und zu Kriegs
gefangenen machen Endlich hat sie die ganze Nordsee
zum Kriegschauplatz er
klärt und der neutralen
Schiffahrt die Durchfahrt
durch das offene Meer
zwischen Schottland und
Norwegen wenn nicht
unmöglich gemacht, so
doch aufs äußerste er
schwert und gefährdet,,
so daß sie gewissermaßen
eine Blockade neutralen
Küsten und neutraler
Häfen gegen alles Völker
recht einführte.
Alle diese Maßnahmen
verfolgten offensichtlich
den Zweck, durch völ
kerrechtswidrige Lahm
legung des legitimen
.neutralen Handels nicht
nur die Kriegführung,,
sondern auch die Volks
wirtschaft Deutschlands-
zu treffen, letzten Endes
auf dem Wege der Aus
hungerung das ganze
deutsche Volk der Ver
nichtung preiszugeben.
Die neutralen Mächte
haben sich den Maßnah
men der britischen Re
gierung im großen und
ganzen gefügt; insbe
sondere haben sie nicht
erreicht, daß die von ihren
Schiffen völkerrechts
widrig weggenommenen
deutschen Personen und
Güter von der britischen
Regierung herausgege
ben worden sind. Auch
haben sie sich in gewisser
Richtung sogar den mit
der Freiheit der Meere
unvereinbaren englischen
Maßnahmen angeschlos-
sen, indem sie unter den:
Druck Englands die für friedliche Zwecke bestimmte Durch
fuhr nach Deutschland auch ihrerseits durch Ausfuhr- und
Durchfuhrverbote verhindern. Vergebens hat die deutsche
Regierung die neutralen Mächte darauf aufmerksam ge
macht, daß sie sich die Frage vorlegen müsse, ob sie an den
von ihr bisher streng beobachteten Bestimmungen der
Londoner Erklärung noch länger festhalten könne, wenn
Großbritannien das von ihm eingeschlagene Verfahren
fortsetzen und die neutralen Mächte alle diese Neutralitäts
verletzungen zuungunsten Deutschlands länger hinnehmen
würden. Großbritannien beruft sich für seine völkerrechts
widrigen Maßnahmen auf Lebensinteressen, die für das
britische Reich auf dem Spiele stehen, und die neutralen
Mächte scheinen sich mit theoretischen Protesten abzufinden,
also tatsächlich die Lebensinteressen von Kriegführenden als
hinreichende Entschuldigung für jede Art der Kriegführung,
gelten zu lassen.
Phot. Nicola Perscheid, Berlin.
Der Staatssekretär des Reichsmarineamts Großadmiral v. Tirpitz,
der Schöpfer der heutigen deutschen Flotte.