Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

150 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1014/15. 
Illustrierte Kriegsberichte. 
Das Treffen von Craonne am 
25. Februar 1915. 
Von Generalleutnant z. D. Baron v. Ardenne. 
Merzn die Bilder Seite 148—151.) 
Der Oberbefehlshaber der französisch-englischen Armeen 
auf dem westlichen Kriegschauplatz, General Joffre, hatte 
am 14. Dezember 1914 einen allgemeinen Angriff auf der 
ganzen Front befohlen und seine Absicht in alle Welt 
hinausposaunt. Ob diese Vorwärtsbewegung aus mili 
tärischen Gründen erfolgt ist oder aus politischen, bleibe 
dahingestellt. 
Rein theoretisch hatte der Angriff des Generals Joffre 
nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn er gleichzeitig auf der 
ganzen, 650—700 Kilometer langen Front mit voller Kraft 
erfolgte und damit die deutschen Linien gleichmäßig Zurück 
drückte, oder wenn er an entscheidender Stelle eine Armee 
von 4—500 000 Mann zusammenziehen und einen Durch 
bruch von 80—100 Kilometer Breite erzwingen konnte. 
Eine schmälere Front würde für den durchbrechenden Teil 
nach anfänglichem Sieg zu taktischem Umfaßtwerden geführt 
haben und somit von vernichtenden Folgen begleitet ge 
wesen sein. 
General Joffre versuchte keines von beiden. Die große 
Durchbruchsarmee fehlte ihm, und die große frontale An- 
griffsbewegung brachte er nicht zuwege. In einzelnen 
kleineren Vorstößen tastete er die deutsche Front ab und 
holte sich überall vernichtende Schläge — in weit aus 
einander liegenden Zeitabschnitten bei La Bassee, Soissons, 
Craonne, St.-Menehould usw. Der deutsche Eeneralstabs- 
bericht nannte in erfreulicher Ausführlichkeit die deutschen 
Stämme, die dabei gefochten hatten: Badener, Märker, 
Sachsen usw. wie im Osten die Westpreußen und Hessen. 
Jeder Stamm hatte seinen „Ehrentag". 
Das Treffen von Craonne war nun ein Ehrentag der 
Sachsen. Es galt, auf dem Hochplateau, das sich westlich 
dieser Stadt zwischen Aisne und Lette in Breite von etwa 
7 Kilometer hinzieht, die Franzosen aus ihren Stellungen 
zu verdrängen und gegen die Aisne zu werfen. Das Kampf 
feld lag auf historischem Boden. Hier erfocht Napoleon 1814 
gegen das russische Korps Woronzoff mit schweren Opfern 
einen Sieg. Beide Gegner verloren je ein Drittel ihrer Ge 
fechtsstärke. Damals ging aber der französische Angriff von 
Corteny aus über Craonne von Osten nach Westen — diesmal 
der deutsche Angriff mit Craonne auf dem linken Flügel 
von Norden nach Süden. Das Plateau von Craonne ähnelt 
denen der Eifel; ziemlich platte Hochfläche und überaus 
steile, vielfach bewaldete Talhänge. Es galt, die Franzosen 
von ersterer hinabzuwerfen und nach der Aisne zu drücken. 
Hierzu war das 12. Sächsische Korps bestimmt; den Ober 
befehl führte General d'Elsa, dessen beide Söhne schon den 
Ehrentod für das Vaterland gefunden haben. Seine Unter 
führer waren die Generale v. Gersdorff und v. der Planitz. 
Der eigentliche Kampf drehte sich zunächst um das Gehöft 
Hurtebise, gerade wie im Jahre 1814. Dieses lag dicht 
nördlich der Mitte der deutschen Stellungen, aus denen 
heraus der Angriff erfolgte. Den deutschen Schützengräben 
dicht gegenüber lagen die französischen in dreifacher Reihe, 
geschützt durch Drahtgeflechte, Wolfsgruben, Minen und 
alle Verteidigungsmittel der modernen Technik. Ihr linker 
Flügel war angelehnt an ein Erdwerk von großer Stärke, 
die Mitte besaß bei La Creute Ferme in einer geräumigen 
Höhle, wie sie in der dortigen Gegend vielfach vorkommen, 
einen gegen Artilleriefeuer gesicherten Raum für Bereit 
stellung von Reserven. Die sächsische Infanterie, zunächst 
Jnfanteriebrigade Nr. 63, stürmte, nach gehöriger Vorbe 
reitung durch Artillerie, im ersten Anlauf die vordere fran 
zösische Linie, sodann in kurzer Folge über die Höhle hin 
weg die zweite und dritte. Ihr voraus liefen zwei Kom 
panien des preußischen Pionierbataillons Nr. 4. Mit der 
von dieser Waffe im ganzen Kriege betätigten Selbst 
aufopferung räumten sie Hindernisse im ärgsten feindlichen 
Feuer hinweg und bewarfen die französischen Schützen 
gräben aufs wirksamste mit Handgranaten. Binnen einer 
halben Stunde war von der Schwesterbrigade auch das 
Erdwerk gestürmt. Nur auf dem linken Angriffsflügel tobte 
der Kampf weiter bis zum Morgen des 26. Januar. Die 
300 Mann französischen Reserven in der mehrfach erwähnten 
Höhle gaben sich gefangen, nachdem der Ausgang diesseits 
unter Maschinengewehrfeuer genommen worden war. Die 
Franzosen wurden vom Südrand der Hochebene in das 
Aisnetal hinabgeworfen. Cie verloren außer 1500 Mann 
an Toten und Verwundeten 1100 an Gefangenen, ferner 
8 Maschinengewehre und ein den Deutschen sehr willkom 
menes Pionierdepot. Das geschlagene französische Korps 
war das achtzehnte. - ' i 
Der König von Sachsen spendete seinen Truppen volle 
Anerkennung, nachdem er vom Kaiser folgendes Telegramm 
erhalten hatte: „Wieder haben sich Sachsens Söhne im 
Kampfe für das Vaterland stolzen Ruhm erworben. Ich freue
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.