Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
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aufgehalten wurde. Nirgends wollte es weitergehen. Erst 
am 7. gelang es, die Russen aus der Gegend von Lapanow— 
Bochnia ein ansehnliches Stück nordwärts abzudrängen. 
Gleichzeitig sah sich aber der rechte Flügel bei Limanowa 
immer mehr gefährdet, lagen doch dort außer Landsturm 
nur die aus Neu-Sandec zurückgedrängten Gruppen sowie 
rasch zusammengeholte Husaren und ein paar Batterien, 
während das russische 8. Korps noch schier zahllose Kavallerie 
aus den Karpathen herangerufen hatte. Aber die österreichisch 
ungarischen Truppen hielten durch; sie gingen immer 
wieder zum Angriff vor in den mörderischen Kämpfen vom 
8. und 9. Dezember, in die später auch die bewährte Honved- 
infanterie eingriff. Gleichzeitig schlugen polnische Legionäre 
im Dunajectal vorrückende Kosaken bei Zalesie aufs Haupt 
und zersprengten sie; im Norden stürmte die Hauptgruppe 
die wichtige Höhe Kobyla bei Rajbrot. 
In aller Stille hatte aber die österreichisch-ungarische 
Heeresleitung inzwischen eine weitere Flankierung der Russen 
vorbereitet. Von Süden, aus den ungarischen Karpathen 
her, erschienen starke Truppenverbände unter dem Befehl 
des Feldmarschalleutnants Arz v. Straußenberg und faßten 
das russische 8. Korps teilweise sogar im Rücken. Der 
10. und 11. Dezember brachten mörderische Kümpfe auf 
der ganzen Linie, von Erabie über Lapanow bis hinunter 
nach Limanowa. Von neuem schickten sich die Russen an, 
auch diese Flankierung zu umgehen; es mißlang, dank der 
klugen Aufstellung der österreichisch-ungarischen Reserven. 
Nochmals schlug die polnische Legion starke Kosakenabtei 
lungen bei Laclo in die Flucht. Da traten endlich die Russen, 
nach letzten verzweifelten Stürmen bei Mlynne im Tal 
der Lososina, den Rückzug an. Ihr geplanter Vorstoß war 
endgültig abgeschlagen, trotz ihrer gewichtigen Übermacht. 
Wohl waren die Verluste auch auf seiten der Sieger groß 
— die Husaren allein hatten den Oberst und drei Rittmeister 
als tot zu beklagen — aber es war doch ein glänzender Er 
folg. Stattliche Beute und über 30000 Gefangene mußten 
die abziehenden Russen in den Händen der österreichisch 
ungarischen Truppen zurücklassen; außerdem zeigte diese 
russische Niederlage schon in den nächsten Tagen ihre Folgen 
auch im Norden an der deutschen Front, wo die Russen 
gleichfalls weiter zurückwichen. 
Der Sturm bei Gorlice. 
(Hierzu das Bild Seite 127.) 
Das Jahr 1915 hat in Galizien für die österreichisch- 
ungarischen Truppen gut angefangen. Schon in den letzten 
Tagen des Dezember 1914 zeigte sich, daß die russische 
Gegenoffensive am Duklapaß und Zwischen den Flüssen 
Biala und Dunajec im Raume nordöstlich von Zakliczyn, 
einem kleinen, äußerst primitiven Städtchen am Dunajec, 
ungefähr 45 Kilometer südwestlich von Tarnow, gebrochen 
war. Am 29. Dezember schien es aber aus taktischen 
Gründen geboten, die Truppen auf die Paßhöhe und in 
den Raum von Gorlice zurückzunehmen. 
Gorlice ist eine Bezirksstadt von 7000 Einwohnern, die 
recht hübsch am Zusammenfluß der Ropa und Sekowka liegt, 
wichtig als Wiege der Naphtha-Industrie und aller damit 
in Verbindung stehenden Industrien. Hier wurden vor zwei 
Menschenaltern die ersten Versuche gemacht, aus Rohöl 
Petroleum zu gewinnen. Jetzt befinden sich in der Um 
gebung von Gorlice zahlreiche Rohölgruben und Naphtha 
raffinerien. Gorlice verfügt aber noch über mehrere andere 
Fabriken, und es gibt in der Stadt sogar einige „Sehens 
würdigkeiten" aus alter Zeit, obwohl sie fast durchaus 
modern ist, weil ein Riesenbrand vor 40 Jahren alles Alte 
vernichtet hat. Knapp südlich der Stadt liegen die ersten 
Anhöhen, die in ihrem weiteren Verlauf in die Ostbeskiden 
übergehen, die sich von der Hohen Tatra bis zum Uzsoker Paß 
hinziehen und in deren Mitte der Duklapaß liegt. Auch 
von Gorlice selbst führt eine trefflich erhaltene Straße 
nach Ungarn. Es ist ein Serpentinenweg über herrliches 
Gebirge; hinter dem Dorfe Malastov erreicht er mit 
604 Metern über dem Meere die größte Höhe, von der man 
eine prächtige Aussicht genießt. 
Von hier aus konnte man auch die Bewegungen der 
Truppen genau verfolgen, die in den ersten Tagen des 
neuen Jahres äußerst lebhaft waren. 
Vom Neujahrstag an hatten nämlich die Russen neuerliche 
Versuche gemacht, die österreichisch-ungarische Front, ins 
besondere bei Gorlice, zu durchbrechen, um auf der er 
wähnten guten Straße nach Ungarn einzubrechen. 
In Mengen sah man sie sich nähern. Bald eröffneten 
sie ein starkes Artilleriefeuer, und am 3. und 4. Januar kam 
es in der Umgebung der Stadt zu hartnäckigen Kämpfen. 
Aber den Österreichern gelang es, das Vordringen der 
Russen gründlich abzuwehren. Leichen deckten das Feld, 
und zahlreiche Kolonnen russischer Verwundeter sah man 
später nach Norden ziehen. 
Auch diese Kämpfe waren natürlich reich an Episoden, 
von denen manche so wichtig war, daß sie viel zum schließ- 
lichen Siege beitrug. So gelang es am 3. Januar den Sol 
daten zweier Jnfanterieregimenter — meist Böhmen und 
Mähren — eine vielumstrittene Höhe bei Gorlice im Sturm 
zu nehmen. Mit einer Tollkühnheit sondergleichen rückten 
die tapferen Truppen, geführt von schneidigen Offizieren, 
Absuchen des Schlachtfeldes bei Limanowa. 
Phot. Kilophot G. m. b. H., Wic:r.
	        
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