Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
hinter den Mauern von Hassankale leistete er noch zähen 
Widerstand. 
Aber auch hier brach er schließlich an der heldenmütigen 
Tapferkeit der türkischen Truppen, die kaum den Befehl 
zum Sturmangriff abwarten konnten. Unter brausendem 
Allah il Allah-Geschrei — so schreibt ein ehemaliger deutscher 
Offizier, der in türkischen Diensten an der Erstürmung von 
Hassankale teilnahm — das sich in hundertfältigem Echo 
an den ragenden Felsen und in den Schluchten brach, 
gingen unsere tapferen Truppen tollkühn zum Sturm gegen 
die festen Stellungen vor, aus denen ihnen ein Hagel von 
Geschossen, zumal Schrapnellen entgegensprühte. Aber sie 
achteten gar nicht darauf, denn es galt ja den heiligen 
Kampf gegen die Ungläubigen. Mit aufgepflanztem 
Bajonett, jeden Stein und Busch geschickt als Deckung be 
nutzend, schlängelten sich die anatolischen Kerntruppen den 
steilen Berg hinan; die halbmondförmig geschweifte Da 
maszener Klinge in der erhobenen Rechten schwingend, 
den blitzenden Dolch zwischen den schneeweißen Zähnen, 
so kletterten die braunen Wüstensöhne Arabiens und 
Mesopotamiens, den flatternden Burnus malerisch um 
111 
Der Sturm aufdenFriedhofvonLaBoiselle. 
(Hierzu das Bild Seite 112/113.) 
Als die Frontlinie im westlichen Nordfrankreich durch 
die französisch-englischen Umgehungsversuche bis zum Ge 
stade der Nordsee verlängert worden war, begann die 
deutsche Armeeleitung nach wohlvorbereitetem Vormarsch, 
langsam zwar, aber stetig von Nordost nach Südwest vor 
zudringen. Wir haben die Reihe der heftigen Kämpfe, die 
sich an unserem äußersten rechten Flügel daraus entspannen, 
größtenteils schon geschildert. Sie fanden mit Eintritt des 
schlechten, regnerischen Wetters und der strengen Wintertage 
eine gewisse Einschränkung, so daß in diesen Tagen der 
beiderseitigen Behinderung neben den fortgesetzten Artillerie 
duellen und den aufreibenden Positionskämpfen in den 
Schützengräben nur den Treffen bei Festubert in der Nähe 
von Bothune und bei La Bassöe größere Bedeutung zukam. 
Bei ersterem Treffen lagen nicht weniger als 3000 Eng 
länder und Inder nach dem blutigen Strauße vor der 
deutschen Front; bei La Bassoe haben sich das 66. preußische 
Infanterieregiment und badische Regimenter nacheinander 
die sonnenverbrannte Stirn geschlungen, behend wie 
Katzen an schwindelnden Felsgraten empor und stürzten 
sich mit wahrer Todesverachtung auf die. unaufhörlich 
knatternden russischen Maschinen- und Jnfanteriegewehre. 
Aber kaum hatten sie Breschen in die Mauern gelegt 
und diese erstiegen, indem sie auf vorspringende Steine 
traten oder sich an den starken Ginster- und Efeu 
ranken festklammerten, als das Feuer der Russen mit 
einem Male nachließ und allmählich immer schwächer 
wurde. Jetzt entspann sich ein verzweifelter Nahkampf 
Mann gegen Mann, der mich unwillkürlich jener Tage 
gedenken ließ, da die Türken für unbesiegbar galten und 
ihrem ungestümen Angriff keine Festung widerstehen 
konnte. Bis in die Nacht hinein tobte der Kampf, denn 
uns stand hier eine ganze Division kaukasischer Elite 
truppen gegenüber. Erst am anderen Morgen war die 
alte, halbverfallene Hassansburg unbestritten in unserem 
Besitz. 
Bei Hassankale und Köpriköj, das unterdessen eben 
falls mit dem Bajonett genommen worden war, hat die 
türkische Armee aufs glänzendste ihre Feuertaufe bestanden 
und der Welt gezeigt, daß sie würdig ist, Schulter an 
Schulter mit Deutschlands und Österreich-Ungarns Heeren 
wider die Friedenstörer Europas zu kämpfen. 
durch glänzend durchgeführte Angriffe ausgezeichnet. Es 
kann beiden siegreichen Treffen strategisch freilich kaum eine 
größere Tragweite zugemessen werden. Immerhin haben 
sie erwiesen, daß die starken Feldstellungen der Gegner um 
Ppern keineswegs unerschütterlich sind; denn wie hätten 
sonst die Badener , zwei starke feindliche Stützpunkte der 
Engländer, wie es im Tagesbericht der Obersten Heeres 
leitung hieß, einfach zu überrennen vermocht! 
Scheinbar noch ruhiger war es in diesen Wintertagen 
in dem südlich davon der Somme zu gelegenen Abschnitte. 
Aber auch dort tobte, insbesondere bei La Boiselle, nord 
westlich Albert und 12 Kilometer von Bapaume gelegen, 
unablässig der Schützengrabenkampf. „Wir haben keine 
Zeit zum Essen und zum Trinken, sobald wir aus Porzieres 
auf eine bestimmte Zeit nach vorn in die Gräben vor 
La Boiselle müssen," berichtete ein wackerer Milkämpfer 
eines württembergischen Reserveregiments; „denn wir sind 
bei dem fortwährenden Vordrücken der Franzosen keine 
Minute des Lebens sicher. Und in Porziöres, unserem 
Stützpunkt, bekomnien wir tagtäglich das französische 
Granatfeuer zu kosten. Aber seid getrost; ich hoffe, es 
wird nicht mehr allzulange dauern, dann werden wir es 
den Rothosen, die bei La Boiselle jetzt nur noch den Fried 
hof und das Gehöft besetzt halten, redlich vergelten."
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.