Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

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beuteten zwei Maschinengewehre. — 
Einzelne Bilder aus den furchtbar 
blutigen Kämpfen an der Mer ent 
warf der englische Berichterstatter 
George Renwick auf Grund von 
Schilderungen, die ihm Mitkämpfer 
gaben: 
Es war ein furchtbarer Anblick, 
als die Wasser in die Schanzgräben 
hineinfluteten, in denen sich die 
Deutschen festgesetzt hatten. Gerade 
zu dieser Zeit wurde das Feuer von 
der Flotte und von unseren Batte 
rien verstärkt, und unsere Infanterie 
begann von neuem ihre Angriffe. 
Es war ein Chaos von Feuer und 
Wasser, ein wahrhafter Orkan des 
Schreckens und Entsetzens, in dem 
sich nun die Kämpfe abspielten. Das 
Wasser staute sich und wurde schmutzig 
von dem aufspritzenden Schlamm, 
den die Granaten aufwühlten. Es 
sind mehr Granaten während der 
letzten Woche zwischen der See und 
Dirmuiden geflogen, als wohl wäh 
rend des ganzen übrigen Krieges 
abgefeuert wurden. Ein Schützen 
graben ist von den Deutschen fünf 
zehnmal während zweier Tage und 
einer Nacht im Sturm angegriffen 
worden. Danach war es einfach un 
möglich, den Angriff zu wiederholen, 
da der Boden zu dicht mit Gefal 
lenen bedeckt war. Sieben dieser 
Angriffe wurden während der Nacht 
gemacht, und während der ganzen 
letzten Woche vollzog sich überhaupt 
das furchtbarste Ringen nach Einbruch 
der Dunkelheit. Ganz besonders un 
heimlich sind die Angriffe beim Mond- 
licht, das im ungewissen Dämmer 
die Dinge ahnen, aber nicht erken 
nen läßt. Eines Nachts waren die 
Deutschen auch wieder in lautlosem 
Schweigen herangekommen; aus den 
Gräben sprangen sie auf gegen uns, 
und dann waren wir im schweren 
Kampf, als plötzlich der Mond her 
vortrat und das Feld vor uns er 
hellte. Da entdeckten wir eine feind 
liche Batterie, die uns furchtbaren 
Schaden getan hatte — es waren 
einige von jenen mächtigen öster 
reichisch-ungarischen Haubitzen — und 
nun wussten wir, woher der unsicht 
bare Tod gekommen war. — 
Die englischen Kriegschiffe, die 
während jener Zeit wiederholt an 
die belgische Küste kamen, wurden 
immer wieder vertrieben. Am 23. No 
vember erschien ein englisches Ge 
schwader bei Lombartzyde und Zee- 
brügge und beschoß diese beiden 
Städte. Unter unseren Truppen 
wurde jedoch nur wenig Schaden 
angerichtet, dagegen wurde eine An 
zahl belgischer Landesbewohner ge 
tötet und verletzt. 
Uber das von englischer Seite erfolgte Bombardement 
von Zeebrügge haben wir schon Band I Seite 457 berichtet. 
Der Vorgang ist namentlich darum bemerkenswert, weil Zee 
brügge eine offene Stadt ist, die keinerlei Verteidigungs 
mittel besitzt, und die Beschießung offener Städte gegen 
die Haager Übereinkunft verstößt. 
Uber die oft hinterlistige Art, wie die Engländer Krieg 
führen, berichtete ein Offizier folgendes: 
Nachdem wir uns schon einige Stunden mit den Eng 
ländern herumgeschossen hatten, schien es endlich, als ob 
sie genug bekommen hätten; denn ihr Feuer wurde immer 
matter, so daß wir Schritt für Schritt vordringen konnten. 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Vor uns lag ein Dorf, das zu erreichen und uns darin fest 
zusetzen unser höchstes Bestreben war. Meine Kompanie 
drang von rechts her durch ein kleines Wäldchen gegen das 
Dorf vor, das anscheinend nicht besetzt war. Von links 
über das freie Feld, das zudem noch von verschiedenen 
Wassergräben durchzogen war, kamen zwei Kompanien vom 
Schwesterregiment. Schon seit einer Viertelstunde hatte 
der Gegner ganz aufgehört zu schießen, und wir konnten 
annehmen, daß er sich hinter die Höhen, die das Dorf be 
grenzten, zurückgezogen habe. An der Spitze meines Zuges 
drang ich in die Dorfstraße ein, wo gleich am Eingang des 
Ortes ein alleinstehendes Haus meine Aufmerksamkeit er- 
Eln Zeppetn über dev 
No^ee. 
(Zu dem Gefechivvm 24. Januar 
1915, jf. 90.) 
. Nach einem iiemäl&e von 
Zeno Steiner. 
regte. Alle Fensterläden in dem Hause waren geschlossen, 
nur ein Fenster im Untergeschoß stand offen, und in diesem 
lehnte ein altes Weib, das uns, wie mir vorkam, mit teuf 
lischer Bosheit entgegensah. Trotzdem ging ich hin und 
fragte höflich, ob Franzosen oder Engländer im Dorfe seien. 
Wie vorauszusehen war, lautete die Antwort verneinend, 
und eben wollte ich den Befehl zum Durchsuchen der Häuser 
erteilen, als aus dem Haus, vor dem wir gerade standen, 
mehrere Schüsse krachten, und just aus dem Zimmer, an 
dessen Fenster die Alte, die jetzt natürlich verschwunden war, 
gelauert hatte. Zwei meiner Leute sanken getroffen zu 
Boden. Ich selbst wurde durch einen Schuß in den linken 
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Oberarm verwundet. Und jetzt ging's 
auch aus den anderen Häusern los, 
ein mörderisches Feuer von allen 
Seiten. Der hinterlistige Angriff 
hatte zur Folge, daß meine Leute 
erst Zurückfluteten, dann aber, von 
einer beispiellosen Wut gepackt, desto 
wilder vorgingen. Im Nü waren 
an dem ersten Hause die Türen ein 
geschlagen, und wer stand in der 
Stube mit aufgehobenen Händen? 
Natürlich Engländer! Die Feiglinge 
konnten wohl aus dem Hinterhalt 
schießen, aber die Folgen ihres hinter 
listigen Tuns wollten sie nicht auf 
sich nehmen. Mitten unter ihnen 
stand das alte Weib, eine echt flä 
mische Here, gleichfalls mit aufge 
hobenen Händen, laut jammernd. 
Nachdem wir die Leute gefangen 
genommen und untergebracht hatten, 
ging's im Marsch-Marsch weiter; denn 
unsere Leute waren in höchster Be 
drängnis. In allen Häusern steckten 
Engländer, unsere Verluste häuften 
sich, und vom Nordrande brachen 
englische Verstärkungen in das Dorf. 
Es war die reinste Hölle. Die Ge 
schosse summten wie ein Hornissen 
schwarm, zudem standen wir meist 
ungedeckt einem gut gedeckten Gegner 
gegenüber. Haus für Haus, Scheune 
für Scheune wurde genommen, ver 
loren, genommen. Messer, Bajonett, 
Kolben, Revolver, Fäuste wüteten 
gegeneinander. Ich sehe noch jetzt 
ein Bild vor mir, das aus dem Qualm 
und Pulverdampf mir geradezu in 
die Augen stach, so daß ich im wü 
tenden Ringen wie gebannt stehen 
blieb. Einer meiner Leute, der mir 
schon oft wegen seiner Gewandtheit 
und Kraft aufgefallen war, hatte sich 
in einen regelrechten Boxkampf mit 
einem breitgebauten, stiernackigen 
Engländer eingelassen. Wie es kam, 
ich weiß es nicht, genug, keiner von 
beiden hatte eine Waffe in der Hand, 
nur mit den Fäusten hieben sie auf 
einander los. Das brutale Gesicht 
des Engländers war rot angelaufen, 
während mein Unteroffizier, der, 
wie ich aus einzelnen Worten ent 
nahm, mit denen er den Gegner zur 
höchsten Wut aufstachelte, auch Eng 
lisch sprechen konnte, kalt lächelnd seine 
Hiebe austeilte. Während ich noch 
stehe und auf das seltsame Bild starre, 
höre ich rechts und links von mir in 
deutscher und englischer Sprache Er 
munterungsrufe, und wie ich mich 
aufraffe und den Blick wandern lasse, 
sehe ich eine Gruppe von Leuten, 
wohl fünfzehn, Deutsche und Eng 
länder, die gleich mir dem Zwei 
kampf zusehen und im Schauen das 
blutige Ringen ringsum vergessen 
haben. Mich wundert nur, daß bei 
den Engländern nicht gewettet wurde; denn sie befanden 
sich in einer leidenschaftlichen Aufregung, während unsere 
Leute wie gebannt hinschauten. Zwei, drei Minuten wohl 
dauerte der Kampf, dann hatte der Engländer genug. — 
Auch in anderen Teilen des so ausgedehnten westlichen 
Kriegschauplahes haben unsere Truppen im Laufe des Mo 
nats erhebliche Fortschritte gemacht. So bei Vailly, dessen 
Erstürmung wir bereits Band I Seite 460 und Seite 8 dieses 
Bandes schilderten. 
Ebenso brachten die Kämpfe in den Argonnen (s. a. unsere 
Vogelschaukarte S. 98), über die wir schon mehrfach berichteten 
(Bd. I S. 374, 391 und S. 31 dieses Bandes), Fortschritte für
	        
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