Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Vierter Band. (Vierter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16. 
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richtig davongeschlichen, ohne zu fragen, auf seine Ver 
antwortung. Sollte ich ihn nun loben oder tadeln- Seine 
Unvorsichtigkeit war gefährlich, und unsere Aufgabe lag 
Noch vor UNS. U)»N!eyung!olgl.> 
Feldherr und Chef des Generalstabs. 
Von Baron v. Ardenne, Generalleutnant z. D. 
In der Laienwelt sind über die gegenseitigen geistigen 
Beziehungen und hauptsächlich über die Arbeitsteilung 
dieser beiden militärischen Typen noch vielfach ganz un 
zutreffende Ansichten im Schwange. Oft wird angenommen, 
daß der Chef des Generalstabs (und jedes Armeekorps hat 
einen solchen) eine geistig so überragende Persönlichkeit 
sein müsse, daß sie den Feldherrn, Korpskommandeur und 
andere Führer gewissermaßen in den Schatten stelle. Nichts 
Friedrich der Große war ganz auf sich allein gestellt und 
verlangte diese Selbständigkeit auch von seinen Generalen. 
Dem General v Wedell. dem preußischen Leonidas, schrieb 
er 1759: „Bei dem Heere stellt Er nunmehr meine Person 
vor; was Er befiehlt, geschieht in meinem Namen, als 
wäre ich selbst gegenwärtig. Ich habe Ihn bei Leuthen 
kennen gelernt und setze in Ihn das unbegrenzte Vertrauen." 
Napoleon I., der grand capitaine, wie er sich selbst zu 
nennen beliebte, hatte trotz der gewaltigen Ausdehnung 
seiner Heere doch keinen Eeneralstab nach unserer heutigen 
Auffassung um sich. General Berthier, der den Namen 
eines Chefs des Generalstabs übrigens nicht getragen hat, 
war nur ein Kabinettchef, kein beratendes, sondern nur ein 
ausführendes Organ. Naxwleon gab an seine Marschälle 
selbst und oft so eilig seine Anweisungen, daß Irrtümer 
unterliefen. Weder der Gehorsam noch die ergänzende 
Bulgarische Gebirgsartillerie am Wardar. Nach einer OrtginayHzze Les Krtegsmaierö A. Reich. München. 
ist irriger als diese Annahme. Die Funktionen eines Gene 
ralstabschefs haben sich erst im Laufe des letzten Jahrhunderts 
entwickelt. Friedrich der Große hatte überhaupt keinen 
Generalstab. Bei Beginn des Siebenjährigen Krieges hatte 
er nur sieben Adjutanten zum Abstecken der Lager, zum 
Führen der Kolonnen durch schwieriges Gelände und der 
gleichen. Es ist in hohem Grade bezeichnend, daß die Zahl 
dieser Hilfskräfte im Lauf des Krieges auf zwei herabsank. 
Friedrich hat nur mit einem seiner Generale, dem bei 
Moys 1757 gefallenen v. Winterfeld, über die großen 
Operationen sich unterhalten. Einen Rat hat er nie er 
beten, er würde ihn auch nicht gestattet haben. Er haßte 
geradezu das Geschwätz, das bei jedem „Kriegsrat" sich 
einzustellen pflegt. Dem Herzog v. Bevern schrieb er vor 
der Schlacht von Breslau (22. November 1757) folgende 
erfrischende Zeilen: „Ich verbiete Ihm, daß er conseils cks 
guerro abhält, denn da sieht man immer nur die Diffi- 
cultäten. Wenn Er die tramontane (Entschlußkraft) nicht 
halten kann, so spreche Er unter vier Augen mit dem Ober 
sten W. (Wobernow?), der Kerl hat Haare auf den Zähnen." 
intelligente Ausführung lückenhafter Befehle war den Napo 
leonischen Unterführern eigen. Einmal brach er in die 
Worte aus: „Was glaubt ihr, was ich zu bedenken habe, 
der ich mit drei Männern wie Soult, Ney und Davoust 
rechne.n muß?" Die Folgen der Irrtümer waren Teilnieder 
lagen überall da, wo der Kaiser nicht war — so bei Pul- 
tusk, Kulm, Großbeeren. Von Bautzen sagte Napoleon, 
daß Ney ihm den Sieg durch Nichtbefolgung des gegebenen 
Befehls (auf den Kirchturm von Hochkirch zu marschieren) 
habe entschlüpfen lassen. Napoleon ließ sich auch durch die 
Vielseitigkeit seiner kaiserlichen Machtvollkommenheit viel 
fach von seinen rein militärischen Pflichten als oberster 
Heerführer abbringen. In hohem Grade bezeichnend ist, 
daß er beim Brand des Kreml in Moskau 1812 selbst eine 
Verordnung für das Ballett der Großen Oper in Paris 
verfaßte. 
Napoleon war wie Friedrich der Große sein eigener 
Eeneralstabschef. Unter der Zahl seiner Gegner wuchs 
aber einer heran, der diese Bezeichnung auch im neuzeit 
lichen Sinne in vollem Maße verdiente: Eneisenau. Dem
	        
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