Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Vierter Band. (Vierter Band)

Phot. I. Harkanyi, Wien. 
Phot. Ed. Frankl, Berlin. 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16. 
447 
bische Linie über, deren vorsprin 
gendster Punkt, die Stellung von 
Toporoutz, sich keilarüg in die 
russischen Stellungen einbohrte. 
Nach der letzten großen An 
griffsbewegung, die auf Seite 232 
geschildert wurde, trat im Kom 
mando der russischen Südwest 
front ein Wechsel ein. An Stelle 
des Generals Iwanow, der, rus 
sischen Berichten zufolge, das 
Aussichtslose einer Offensive 
gegen die feindliche bessarabische 
Front erkennend, sie auf das 
entschiedenste widerraten und 
erst dem ausdrücklichen Befehl 
folgend angegriffen hatte, trat 
General Brussilow. Der neue 
Oberbefehlshaber ist aus der 
Gardekavallerie hervorgegangen, 
auf dem Wege der Frontlauf 
bahn bis zum Posten des Ober 
befehlshabers der russischen Süd 
westfront gelangt und wird als 
kluge, tatkräftige Persönlichkeit 
geschildert. Sein erstes Bestreben 
war, den Gegner auf das süd 
liche Dnjestrufer zurückzudrän 
gen, und zwar ersah er sich als 
ersten Angriffspunkt die Brücken 
schanze von Uscieczko. Diese vor 
geschobene Stellung hatte einen 
Umfang von 600 Metern, war 
mitMaschinengewehren,Graben- 
abwehrgeschützen und Minen 
werfern versehen, jeweils von 
einem der k. u. k. Kavallerieregi 
menter und den Bedienungs 
mannschaften der Geschütze und 
Maschinengewehre sowie einer Abteilung Sappeure besetzt. 
In den letzten Tagen des Januar 1916 begann der 
Angriff auf diese Stellung. Wütender Artilleriebeschießung 
mit allen Kalibern folgten erbitterte Jnfanteriestürme. 
Unter riesigen Verlusten wurden sie abgewiesen. Abermals 
bearbeitete die russische Artillerie die kleine Verschanzung 
mit Tausenden von Geschossen, aber wenn dann die russische 
Infanterie zum Sturm antrat, dann sprühten die Gewehre 
und Maschinengewehre der Verteidiger einen so vernichten 
den Eisenhagel, daß auch die tapfersten russischen Regimenter 
als ordnungslose Haufen zurückfluteten. Nach sechswöchi 
gem Ringen gelang es endlich den Russen, sich vor dem 
arg zerschossenen Hinder 
nis festzusetzen und sich 
dort einzugraben. Von 
hier aus gingen sie, durch 
rollende Schutzschilde ge 
deckt, mit der Sappe vor. 
Da öffneten die Graben- 
geschütze den Mund, die 
Schutzschilde wurden weg 
gefegt und die Sappen 
durch Minenwerfer ver 
schüttet. Die Russen sahen 
ein: über der Erde war 
den Verteidigern nicht 
beizukommen — also Mi 
nenkrieg. In rastloser 
Arbeit wurden Minen 
stollen gegen das kleine 
Werk vorgetrieben, diese 
miteinander verbunden, 
und dann ließen die Rus 
sen eine Mine springen, 
unter deren Druck 300 
Meter des Werkes ein 
stürzten. Jetzt war dieses 
nicht mehr zu halten. 
Den verschütteten Trüm 
merhaufen sollten die 
Russen haben, aber die 
Oberst Julius Planckh 
der Held von Uscieczko. 
Verteidiger gaben sich nicht. 
Oberst Planckh (siehe nebenstehen 
des Bild) zog seine Kaiserdrago 
ner und alles, was noch im Werke 
war, zusammen, ging an das 
Dnjestrufer zurück, und mit Kol 
ben und Bajonett bahnte sich 
die tapfere Besatzung ihren Weg 
längs des Dnjestr, bis sie end 
lich am Brückenkopf von Zales- 
zczyki auf die Kameraden stieß, 
die sie mit Jubel aufnahmen. 
Die Brückenschanze von Us 
cieczko oder richtiger die Stelle, 
wo dieses Werk einmal gestan 
den hatte, besaßen nun die Rus 
sen. Aber war der Erfolg wirk 
lich der Riesenopfer wert, die er 
gekostet hatte? Der Eesamtver- 
lust der Russen in dem fast acht 
wöchigen erbitterten Kampf ist 
mit 6000 Mann nicht zu hoch 
angegeben, das heißt neunmal 
so viel, als überhaupt die gesamte 
Besatzung betrug. Rechnet man 
dazu die aufgewendeten riesigen 
Munitionsmengen sowie vor 
allem den Umstand, daß der er 
kämpfte Punkt, von dem an die 
ser Stelle bedeutend überhöhen 
den Dnjestrufer vollkommen be 
herrscht, den Russen nicht einmal 
eine günstige Stellung bietet, so 
wird das Nutzlose ihres Begin 
nens ohne weiteres klar. 
Durch den Erfolg gehoben, 
packten die Russen nunmehr bei 
Toporoutz und Bojan an. Hier 
aber ging es ihnen sehr übel. 
Während ein Teil des Angriffs durch auffliegende Minen 
felder, die entsetzliche Lücken in die Reihen der Stürmen 
den rissen, bereits im Keime erstickt wurde, konnte der 
Gegner auch an keinem anderen Punkte unserer Linie 
festen Fuß fassen. Verschiedene Vorstöße brachen bereits 
im Maschinengewehrfeuer uud unter dem Hagel der Jn- 
fanteriegeschosse zusammen und wurden dann durch das 
rasch zusammengefaßte Feuer unserer Artilleriegruppen 
gänzlich abgewiesen. Wo aber der Gegner in vorgeschobene 
Gräben eindrang, war seines Bleibens auch nicht von Dauer. 
In wildern Nahkampf erlag er den sich verzweifelt wehren 
den Österreichern und Ungarn (siehe Bild Seite 449). Die 
Oberstbrigadier v. Bolzano mit seinem Stabe, 
Kommandant einer Jnfanteriebrigade, die sich besonders im Kampf um den Haliczer Brückenkopf am Dnjestr 
hervortat.'
	        
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