Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Sechster Band. (Sechster Band)

Phot. Berl. Jllustrat.-Ges. m. b. H. 
Generalleutnant Kühne, 
siegreicher Heerführer in der Schlacht am Arges. 
Phot. Berl. Jllustrat.-Ges. m. b« H. 
Geneval der Infanterie Kosch, 
Führer der von Svistow vorgedrungenen Donauarmee. 
Phot. Berl. Jllustrat.-Ges. m. b. H. 
Generalleutnant Kühne, 
siegreicher Heerführer in der Schlacht am Arges. 
Phot. Berl. Jllustrat.-Ges. m. b« H. 
Geneval der Infanterie Kosch, 
fführer der von Svistow vorgedrungenen Donauarmee. 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/17. 
wohner. Schon die vorher mitgeteilte Höhe des auf den 
Kopf verrechneten Einfuhrwertes zeigt die geringe Kauf 
kraft der armen, ausgesogenen Bevölkerung. Ihr gegen 
über steht eine Unmenge hoher und mittlerer Beamter, 
eine Fülle von Offizieren englischer Nation, deren sehr 
reichlich bemessene Gehälter Und Pensionen alljährlich unge 
heure Summen in die Taschen der höheren Klassen briti 
scher Volksangehöriger fliesten machten. 
Das indische Volk aber ist keineswegs der unerschöpf 
liche Menschenhaufen für die Rekrutierungen, der er nach 
seiner Kopfzahl so manchem scheinen möchte. Mehr als 
zwei Drittel, weit über 200 Millionen Menschen, kommen 
als Bewohnet dex glühend heisten lieferen Landschaften 
für Aushebungen in Europa verwendbarer Truppen über 
haupt kaum in Frage. Äuch die kräftigeren Stämme der 
Hochländer und Steppen sowie der Grenzgebiete sind 
sieben bis acht Monate lang auf den Kriegschauplätzen von 
Mitteleuropa nicht gut zu gebrauchen, so daß der Wert 
indischer Truppen, so sehr er uns im einzelnen Abbruch zu 
tun vermag (stehe Bild Sette 48), für eine Kriegführung, die 
die höchsten Anforderungen an den einzelnen stellt, min 
destens auf die Entscheidung der modernen Riesenschlachten 
keinen allzu grohen Einfluh üben wird. Dazu kommt, dast 
aus religiösen, politischen und sozialen Gründen die über 
wiegende Mehr 
zahl der Inder 
einer zwangs 
weisen Massen 
aushebungwohl 
einen wirk 
samen passiven 
Widerstand ent 
gegensetzen 
dürfte. — Aber 
die Ausfuhr des 
reichen Landes, 
so wird man 
sagen, sie kommt 
doch sicherlich 
dem Vereinig 
ten Königreich 
im höchsten 
Grade zustat 
ten? Gewiß ist 
das der Fall, 
und für die Be 
lieferung Eng 
lands ist Indien 
ganz sicher im 
Frieden ein 
höchst wertvol 
ler Besitz. Aber 
wir sind im 
Kriege, und da ist von geringer Bedeutung, dast Groß 
britannien als der glückliche Besitzer der indischen Fruchtland 
schaften von hier aus den Teehandel der Welt beherrscht. 
Auch die Baumwolle dieses Reiches nützt ihm wenig, denn 
in dem Bezug des wichtigen Stoffes bleibt es doch zunächst 
ganz auf Nordamerika angewiesen. Von besonderer Be 
deutung sind augenblicklich nur zwei Erzeugnisse, da sie für 
die Erhaltung des Mutterlandes und seiner Verbündeten 
in Betracht kommen: der-Reis der hinterindischen Niede 
rungen und der Weizen. Von diesem für die britische 
Volksernährung unentbehrlichsten Brotgetreide erzielte das 
Kaiserreich Indien in den letzten Jähren nach Schulte im 
Hofes Berechnung einen Ausfuhrüberschuß, der noch nicht 
einmal ein Viertel der gleichzeitig notwendigen Einfuhr des 
Mutterlandes erreichte. Wenn, wie gerade im Jahre 1916, 
eine schlechte Ernte in den Hauptweizenländern die britische 
Volksernährung mit großen Schwierigkeiten bedroht, dürfte 
die Zufuhr aus Indien schwerlich genügen, die englischen 
Minister von dieser Sorge zu befreien. Zudem kann bei 
der Bauart der meisten Dampfer für die Beförderung 
von Weizen und Reis von dort nach England in erster 
Linie nur die Fahrt durch den Suezkanal in Frage kommen. 
Während dieser aber sind die Schiffe noch mehr durch 
Unterseeboote gefährdet als auf der Reise von Amerika 
nach Europa. Großen Nutzen wird demnach auch die in 
dische Kolonie dem britischen Staate im Kriege nicht 
mehr bringen. Nach dem Kriege freilich ist sie mit ver 
doppeltem Wert in die Reihe der englischen Besitzungen 
einzusetzen, da sie in ihrem wertvollsten Kapital, der Ar 
beitskraft des Menschen, die erlittenen Einbußen nur in 
sehr geringem Grade spüren wird und sofort mit vollen 
Kräften in die Ausnützung ihres reichen Bodens eintreten 
kann, allerdings unter der Voraussetzung, daß das nötige 
Kapital in diesem Lande dann noch vorhanden ist. 
Dasselbe gilt eigentlich auch von den übrigen tropischen 
Kolonien Großbritanniens. Sehr wenig bekannt dürfte 
sein, daß ihr Hauptteil, die hauptsächlich in Afrika ge 
legenen Handels- und Pflanzungsgebiete, großenteils erst 
in neuester Zeit erworben wurde. Von den rund 4700000 
Quadratkilometern tropischer Länder, die England außer 
Indien und Eehlon sein eigen nennt, find fast genau drei 
Viertel erst nach dem Jahre 1884, als auch Deutschland 
in dein großen Weltteil erschien, unter englische Herrschaft 
gebracht worden. Diese Tatsache ist aber ungemein wichtig. 
Denn sie erklärt uns einerseits die Unterschätzung, die 
diese ganz jungen Kolonien bis auf den heutigen Tag selbst 
in manchen englischen Kreisen erfahren haben. Sie sind 
eben noch gn unentwickelt, um bereits ihrem wahren Werte 
nach bekannt zu sein. Auf der anderen Seite lassen sie 
abermals die kluge Voraussicht britischer Staatsinänner er- 
fprmpii, hprpn ptnpr unmittelbar nach den Entdeckungen des 
großen David 
Livingstone die 
Worte sprach: 
„Afrika ist un 
ser zweites In 
dien." Hier 
sicherten sie dem 
Mutterlande in 
der Tat ein völ- 
ligneuesRiesen- 
gebiet von der 
vier- bis fünf 
fachen Ausdeh 
nung des Deut 
schen Reiches 
für die Zukunft. 
Denn das muß 
festgestellt wer 
den, daß Eng 
land gar nicht 
imstande ist, 
wertvolle Ge 
biete von dieser 
Ausdehnung in 
absehbarer Zeit 
allein von sich 
aus zu entwik- 
keln. Genau ge 
nommen haben 
alle europäischen Völker, auch einige unserer Gegner, die wie 
wir der Rohstoffe bedürfen, ein dringendes Interesse daran, 
daß die wirtschaftliche Entwicklung Afrikas schneller voran 
schreitet, als sie selbst England der Welt gewährleisten kann. 
Gerade diese Teile des britischen Weltreichs, das mag 
ganz besonders betont werden, haben als Lieferer wich 
tiger Rohstoffe, aber auch als Erzeuger von Nahrungs 
und Eenußmitteln eine hervorragende Bedeutung. Für 
Großbritannien allerdings ist der tropische Teil seiner 
kleineren Kolonien, soweit er sich längere Zeit unter Kultur 
befindet, bisher vorwiegend als Zuckererzeuger von Wichtig 
keit gewesen, wozu sich in neuerer Zeit noch gewaltige 
Mengen von Kakao gesellt haben. Aber diese Länder, be 
sonders die afrikanischen, vermögen neben Baumwolle» 
Pflanzenfetten, Kautschuk, Kaffee, Tabak und Reis auch 
Mengen tierischer Erzeugnisse, vor allem Fleisch und Leder 
dem Welthandel zuzuführen und sie werden daneben noch 
eine durchaus nicht zu unterschätzende Wichtigkeit als Ab 
nehmer europäischer Waren erlangen, denn gerade die 
englischen Gebiete im tropischen Afrika sind zumeist von 
zahlreichen und recht bildungsfähigen Schwarzen be 
wohnt. Man darf diese Eigenschaft namentlich der west- 
afrikanischen Untertanen Englands nicht unterschätzen. Kam 
doch auf jeden Bewohner der allerdings landwirtschaftlich 
am weitesten vorgeschrittenen Eoldküste 1911 allein an ein 
geführten Waren für vierzig Mark, das heißt das Fünf 
fache des indischen Durchschnittswertes.
	        
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