Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Sechster Band. (Sechster Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/17. 
391 
für die Vorbereitung des Angriffs und für den Sturm die 
zweckdienlichsten Maßnahmen treffen konnte. So wurde 
ein österreichisch-ungarisches Bataillon von einer ganzen 
italienischen Division angegriffen. Zuletzt standen die 
österreichisch-ungarischen Truppen bei Görz zehnfacher Über 
macht gegenüber — und doch Haben die Italiener nicht 
gewagt, den Angriff wesentlich über Eörz und St. Peter 
hinaus fortzusetzen. Allerdings, einen Erfolg hat die Ein 
nahme von Görz für sie nach sich gezogen: die mit großer 
Zähigkeit seit Kriegsbeginn verteidigte Karsthochfläche von 
Doberdo mußte ebenfalls geräumt und die Verteidigungs 
linie hinter den Einschnitt des Vallone zurückgenommen 
werden. In der siebenten und achten Jsonzoschlacht konnten 
die Italiener nur wenig Raum gewinnen, dagegen war es 
ihnen möglich, anfangs November noch auf einer Front von 
etwa 4 Kilometern um etwa 3 Kilometer vorwärts zu kom 
men. Dann haben die Italiener mehr als sechs Monate 
nicht gewagt, den damals mit großem Jubel verküudeten 
Sieg auszunützen. Das ist begreiflich, wenn man be 
denkt, daß sie den geringen Raumgewinn mit mehr als 
einer halben Million an Verwundeten, Toten und Ge 
fangenen bezahlen mußten. Die Blüte des italienischen 
Heeres wurde am Karst geopfert, trotzdem ist ihm der Weg 
nach Triest heute fester als je verrammelt, denn noch nie 
waren an der Jfonzofrout so starke österreichisch-ungarische 
Truppen mit so viel Artillerie und allen anderen Kampf 
mitteln des Stellungskrieges in so gut ausgebauten Stel 
lungen wie jetzt. 
Von der Jfonzoarmee ist Gewaltiges geleistet worden, 
um ihre Stellungen widerstandsfähig zu machen. Zu Be 
ginn des italienischen Krieges standen dort fast nur Land 
sturmvorposten, denn von einer starken Besetzung konnte 
keine Rede sein. Alle irgendwie verfügbaren Streitkräfte 
waren viel nötiger im Osten, wo damals, im Mai 1915, 
die großen Schläge gegen die russische Armee geführt 
wurden. Die ersten Verstärkungen, die herangeführt werden 
konnten, mußten deckungslos im überlegenen Artilleriefeuer 
des Feindes ausharren, denn von Eingraben war auf dem 
Karst keine Rede. Steinmauern, die man vor der Ver 
teidigungslinie errichtete, vermehrten durch Splitterung nur 
noch die Wirkung der feindlichen Artilleriegeschosse; so 
schmolzen die Kompanien bald auf fünfzig, vierzig und 
noch weniger Kämpfer zusammen. Dazu kam unter der 
heißen Sonne der schier unerträgliche Durst, denn nirgends 
ist Wasser zu finden, und auch heute noch muß trotz 
Wasserleitungen in viele Abschnitte der Kampflinie das 
Trinkwasser auf Tragtieren gebracht werden. Trotzdem 
wurden alle Stürme der Italiener abgewiesen; kam es 
zum Nahkampfe, so kämpfte man mit Kolben, Bajo 
nett und Messer, und wenn gar keine andere Waffe mehr 
brauchbar war, so erschlug man den Gegner mit Steinen. 
Bald nach den ersten abgewiesenen Stürmen kam es zu 
einer neuen Qual: die dicht vor den Stellungen liegenden 
Leichen konnten weder weggeschafft, noch begraben werden, 
aber auch das wurde ertragen. Nach und nach wurde es 
sogar möglich, in harter Arbeit durch Sprengungen im Ge 
stein Schützengräben auszuheben und Höhlen zu bohren, 
die Schutz gegen die Geschosse der schweren Artillerie boten. 
Dann fand man auch einige Höhlen, die zur Unterkunft und 
Deckung benützt werden konnten. Heute ist das alles viel 
besser: in jeder Stellung sind mehrere Schützengrabenlinien 
ausgebaut; besonders wichtige Abschnitte sind als Stütz 
punkte stark befestigt, und wenn die italienische Artillerie 
mit Trommelfeuer einsetzt, so finden nicht nur die Be 
satzungen, sondern auch die herankommenden Reserven gra 
natsichere Unterkunft bis zu dem Augenblick, wo sie sich 
dem Angreifer entgegenwerfen. 
Der Karst wird durch das Tal von Brestovica von Westen 
nach Osten in zwei Teile getrennt. Im südlichen zieht sich 
der gewaltige Steinblock der Hermada (393 Meter ü. M.) 
quer durch den Raum zwischen Duino und Brestovica. Den 
Italienern ist es noch nicht gelungen, bis an den Westhang 
dieses Berges heranzukommen, der eine von Natur starke 
Stellung ist; sie stehen immer noch an der Straße Mon- 
falcone—Duino wie zu Beginn des Krieges in der Bagni- 
stellung (etwa halbwegs Moufalcone—S. Giovanni). Weiter 
nördlich find sie bis an den Ostrand des Doberdofees (westlich 
von Jamiano) gelangt. Hier stehen sich die Gegner auf kurze
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.