Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Sechster Band. (Sechster Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/17. 
die Engländer mit einer ver 
lustreichen Niederlage. Der 
linke Flügel der Türken stand 
arn 30. April unter besonders 
starkem englischem Druck. 
Das 13. türkische Armee 
korps, das südwestlich von 
Kifri eine Stellung auf 
beiden Seiten des Ehdem 
besetzt hielt, wurde von den 
Engländernüberraschend an 
gegriffen. Diese drangen in 
die erste Linie der Türken 
ein und entrissen ihnen auch 
ein Dorf, das in die Be 
festigungslinien einbezogen 
war. Sofort gingen die 
Türken zum Gegenstoß über 
und nahmen die verlorenen 
Stellungen einschließlich des 
Dorfes den Feinden wieder 
ab. Dabei wurden 4 Offi 
ziere und 161 englische Sol 
daten gefangen. Die son 
stigen Verluste der Englän 
der bei diesem Zusammen 
stoß waren recht bedeutend; 
sie betrugen wenigstens 
2000 Mann an Toten und 
Verwundeten, wohingegen 
die Türken noch nicht 500 
einbüßten. — 
Auch im Kaukasus, 
wo der Befehl über die rus 
sischen Truppen an den 
General Judenitsch über 
gegangen war, fochten die 
Türken recht glücklich, wie 
z. B. bei Belumer, wo sie 
am 28. April eine Höhenstellung in ihren Besitz brachten 
Luftige Wohnung eines bulgarischen Soldaten an 
Der eigenartig gewachsene Baum Bietet natürliche 
und den Deutschen abgewie 
sen, wobei deutsche Stoß 
truppen bis in die Unter 
stände des Gegners vordran 
gen (siehe Bild Seite 395). 
Später unternahmen drei 
russische Bataillone im Susi- 
tatal wieder einen erfolg 
losen Vorstoß. Eine größere 
Bedeutung kam diesen Ge 
fechten an der rumänischen 
Front nicht zu. 
Die ungeklärten inneren 
Verhältnisse in Rußland 
führten Ende April und An 
fang Mai zu neuen Ver 
wicklungen, bei denen es in 
Petersburg wieder zu blu 
tigen Straßenkämpfen kam. 
Die Friedensfrage hatte 
noch keine befriedigende Lö 
sung gefunden. Der Wille 
zum Frieden beherrschte 
nicht nur das russische Heer 
in Rußland; sondern auch 
die russischen Hilfstruppen 
in Frankreich. Die dort 
stehende, 8000 Mann starke 
russische Brigade erzwang 
sich durch die Drohung mit 
einem Aufstande das Zuge 
ständnis, zwei Abgeordnete 
zum Arbeiter- und Sol 
datenrat in Petersburg ent 
senden zu dürfen, die für 
einen raschen Friedenschluß 
und die Verteilung des 
russischen Bodens eintreten 
sollten. — 
In Rußland hatte die Revolution wieder neue Ver 
änderungen im Heere zur Folge gehabt. Sie fegte eine 
ganze Reihe von Generalen von der Bildfläche. General 
Alerejew mußte den Oberbefehl über das russische Heer 
wieder abgeben, und General Rußki, der das Kommando 
über die Nordostfront führte, wurde durch den General 
Dragomirow ersetzt. Auch die Großfürsten verloren ihre 
Stellungen im Heere. Das russische Flugwesen, das bisher 
dem Großfürsten Michailowitsch unterstand, wurde dem 
Obersten Tkatschew übertragen. Diese Veränderungen 
waren nicht gerade geeignet, den Zusammenhalt im russischen 
Heere zu fördern und dessen Gefechtsbereitschaft zu erhöhen. 
Es kam denn auch nur ganz gelegentlich noch zu russischen 
Angriffen, so am 2. Mai Zwischen Putna- und Susita- 
tal. Der Vorstoß brach dort aber im deutschen Feuer für 
die Russen verlustreich zusammen. Im Erenzgebirge der 
Moldau und nördlich vom Oitoztale griffen mehrere russische 
Bataillone an; auch sie wurden von den k. u. k. Truppen 
Während in Europa immer öfter vom Frieden die Rede 
war, wurde in anderen Erdteilen immer mehr vom Kriege 
gesprochen. Den Vereinigten Staaten von Nordamerika 
hatten inzwischen auch B o I i v i a und — die afrikanische 
Negerrepublik Liberia ihre Zustimmung zu dem Vorgehen 
gegen Deutschland ausgesprochen. Immer noch weilte 
Balfour in Amerika, um die Amerikaner noch mehr für 
den Krieg zu begeistern und sie neben der Geld- und Muni 
tionslieferung auch für die Entsendung von Soldaten nach 
dem europäischen Kriegschauplatz zu gewinnen. Die Ameri 
kaner schienen geneigt zu sein, den immer flehender werden 
den Bitten zu entsprechen. Man einigte sich, in allernächster 
Zeit Zehntausende unausgebildeter Amerikaner nach Frank 
reich zu bringen und sie hinter der französischen Front aus 
bilden zu lassen. Bis zu ihrer Ankunft und Verwendbarkeit 
mußten noch Monate vergehen, in denen sicher noch Zehn- 
tausende von Franzosen und Engländern aus den Kämpfen 
ausschieden. Die Gefahr erschien somit für Deutschland 
nicht gerade überwältigend groß. — 
•' ‘ ""'S, «Fortsetzung folgt.) 
Illustrierte Kriegsberichte 
Von der österreichisch-ungarischen Jsonzo- 
armee. 
Von Oberst Egli. 
Dank einer Erlaubnis der österreichisch-ungarischen Ober 
sten Heeresleitung ist es nrir im März 1917 vergönnt ge 
wesen, den Teil des italienischen Kriegschauplatzes besuchen 
zu dürfen, wo seit Kriegsbeginn die härtesten und blutigsten 
Kämpfe unter so schwierigen Verhältnissen stattgefunden 
haben, wie sie kein anderer Kriegschauplatz geboten hat. 
Die Italiener setzten von Anfang des Krieges ihre Haupt 
kräfte am unteren Jsonzo an, um das Küstenland zu 
gewinnen und Triest zu „befreien". In neun großen 
Schlachten versuchten sie über Görz und den Karst vor 
zudringen, und erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1916, 
als die österreichisch-ungarische Oberste Heeresleitung durch 
die Ereignisse im Osten gezwungen gewesen war, ihre 
Armeen auf dem italienischen Kriegschauplatz bis aufs 
äußerste zu schwächen, ist es ihnen endlich unter großen 
Opfern gelungen, etwas Raum zu gewinnen, doch be 
schränkte sich der ganze Verlust der österreichisch-ungarischen 
Jsonzoarmee in den vier letzten Schlachten auf 10 Kilo- 
nreter Tiefe am Karst und gar nur 4 Kilometer bei Görz. 
Als im August 1916 die sechste Jsonzoschlacht mit einem 
Angriff gegen den Brückenkopf von Görz einsetzte, war dort 
nur eine zur Hälfte aus Landsturm bestehende Division gegen 
über dreiundeinhalb italienischen Armeekorps. Durch Über 
läufer italienischer Zunge war die italienische Heeresleitung 
nicht nur über die Schwäche der Besatzung des Brückenkopfes, 
sondern auch über den Standort der wenigen Batterien und 
Reserven sowie über alle Einzelheiten der Befestigungen 
so genau unterrichtet worden, daß sie infolge dieses Verrates
	        
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