Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Sechster Band. (Sechster Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/17. 
zum Flottenflaggschiff: „Habe norwegische Bark ,Royal' 
mit Grubenholz aufgebracht und mit Prisenbesatzung nach 
... geschickt." Tief unter dem Luftschiff fährt der Nord 
west gegen die Segel der Bark, in flotter Fahrt gleitet 
sie südwärts, wird von den deutschen Vorpostenlinien auf 
genommen und ankert am nächsten Morgen in dem befoh 
lenen Hafen. Der Führer des Prisenkommandos, Ober 
steuermannsmaat Fegert, wurde zur Belohnung zum Deck 
offizier befördert. 
Jagdstaffel Richthofen. 
«Hierzu die Bilder Seite 367.) 
In einem kleinen Schloß an der Westfront wohnt der 
Rittmeister v. Richthofen mit seiner Jagdstaffel. Im Schlöß 
chen hausen er, sein Bruder Lothar und seine anderen Kampf 
gefährten, die Leutnante Schäfer, Wolff, Brauneck, Krefft, 
Simon und noch einige. Auch der inzwischen gefallene 
Mzefeldwebel Festner, ein vorzüglicher Jagdflieger, gehörte 
zur Staffel. - In den Nebenhäusern ist die zur Abteilung 
gehörige Mannschaft untergebracht: die Monteure, der Waf 
fenmeister, der Startunterofsizier, der den Startplatz am 
Tage durch ein abseits geschürtes 
rauchendes Feuer und nachtsdurch 
Leuchtraketen den heimkehrenden 
Fliegern sichtbar zu machen hat. 
Der „Rittmeister", wie v. 
Richthofen allgeniein genannt 
wird, benutzt ein Schlafzimmer- 
chen und ein Wohnzimmer, das 
er mit seinem Bruder teilt. Die 
ses Wohnzimmer ist recht seltsam 
geschmückt; die Wände sind mit 
den Nummern der abgeschosse 
nen Flugzeuge bedeckt. Jede 
Zahl, jedes A/3340, N/5193, 
A/1108 ist das Siegerzeichen von 
einem gefällten Feind. Aber 
dem Tisch hängt als Kronleuchter 
ein 8 - Zylinder - Gnome - Motor, 
in dessen Zylinder elektrische 
Lampen eingeschraubt sind. Mer 
der Tür ist ein Seitensteuer an 
gebracht, daneben ein Maschinen 
gewehr, dort zwei Browning 
pistolen — wohin man sieht, 
Trophäen. 
Solange kein „Flugwetter" 
ist, stehen die Flugzeuge, lauter 
gedrungene kleine Doppeldecker, 
in ihren Hallen, vor feindlicher 
Fliegersicht wohl geschützt. Die 
Flugzeugwärter sehen Motoren, 
Drähte, Spannschlösser nach, der 
Waffenmeister prüft die Maschi 
nengewehre. Aber wenn die Glocke rasselt, ändert sich das 
Bild. Rasch stehen die Flugzeuge draußen, in einer Reihe 
ausgerichtet, die Fliegerkleidung liegt auf den Sitzen. Die 
Jagdflieger kommen, flinke Hände helfen beim Anziehen. 
Richthofen in weißen Fellstiefeln klettert schwerfällig die 
Leiter zum Sitz hinauf. Schon surrt das erste Flugzeug 
ab, dann das zweite — fort sind sie. — 
Ein paar Minuten Flug — und sie sind am Feind. ' 
Und nun zeigt sich, was die deutschen Flieger überlegen 
macht» ihnen den Sieg verschafft: das rücksichtslose Drauf 
gängertum im entscheidenden Augenblick, die Beherrschung 
aller Nerven und die bessere Schieß- und Flugkunst. Mögen 
noch so viele „dicke" englische „Vickers" oder „Sopwith" oder 
„B. E." (British Erperimental) oben sein, die Richthofensche 
Staffel greift an. Jeder sucht sich einen Gegner, immer 
bestrebt, sich „hinten an ihn ranzuhängen" und ihm „den 
Laden vollzuschießen". Aber mitten im Wirbel der Wen 
dungen und Sturzflüge, der spritzenden Maschinengewehr 
garben hat noch jeder der Flieger so viel Zeit, nach den 
Kameraden zu schauen; ist einer von zu vielen Feinden 
bedrängt, so sucht der nächste heranzukommen, um ihm Luft 
zu machen. 
Ein Geschwader, das mit Richthofens Staffel zusammen 
gerät, darf nicht hoffen, heil nach Hause zu kommen. Ruhig 
lassen die Richthofen-Leute den Feind über die Front, sie 
tun so» als sähen sie ihn nicht — und dann schneiden sie ihm 
den Rückzug ab, zwingen ihn zum Kampf. 
Richthofens Leute sind fest davon überzeugt, daß ihr 
„Rittmeister" die Engländer „riechen" kann. Wenn gar 
nichts los ist, stundenlang keine Meldung von der Front 
kommt, das Wetter sich nicht aufheitern will, springt Richt 
hofen plötzlich auf und ruft: „Jetzt los!" — Das Geschwader 
startet, und fast nie fliegt es zur Front, ohne dort auf 
Feinde zu stoßen, die gerade über die Linien wollen. 
Dicht hintereinander, wie sie startete, kommt die Richt 
hofensche Staffel zurück. Dann geht's ans Nachsehen der 
Flugzeuge und ans Treffersuchen. Oft haben Motor und 
Tragdecke Schüsse bekommen; im Sitz, im Benzintank 
stecken Kugeln. Da heißt es für die Monteure, schnell aus 
bessern, denn jeder Augenblick kann zu neuem Kampfe 
rufen. 
Manchmal schon zwang ein Schuß in den Motor den 
einen oder den anderen zur Notlandung; dann wird gefragt 
und telephoniert und im Auto, herumgesucht, bis endlich der 
Vermißte gefunden wird. Solche Notlandungen haben alle 
schon machen müssen: Richthofen, Schäfer, Festner, der 
schon verschiedene Schüsse durch Wams und Ärmel, einen 
Treffer sogar in die Maschinen 
gewehrpatronen bekam, ohne 
daß er selbst verletzt wurde- 
Er nähte sich die Schußlöcher 
zu und trug die Jacke weiter. 
Auch Richthofen mußte einmal 
notlanden und konnte seine Ab 
teilung nicht benachrichtigen, so 
daß sich Leutnant Schäfer in 
schwerer Sorge im Auto auf die 
Suche machte. Endlich fand er 
ihn — irrt Kasino einer Pionier 
abteilung vor einer Schüssel voll 
Austern! Schäfer brachte ihn 
im Auto zurück; Richthofen 
nahm sofort ein anderes Flug 
zeug und schoß am selben Rach 
mittag noch einen Engländer ab! 
Vizefeldwebel Festner war 
übrigens der Besieger des be 
kannten englischen Fliegerkapi 
täns Robinson, der 1916 für den 
Abschuß eines Zeppelins den 
englischen ?our ls Merite, das 
„Victoria-Croß", bekam. Festner 
faßte das Robinsonsche Flugzeug 
über den deutschen Linien, schoß 
ihm den Motor entzwei und 
drückte es tiefer, bis der Eng 
länder auf einer Wiese bei Douai 
landen mußte. Nun kam Festner 
nachgesaust, konnte aber nicht 
landen, weil ihn sonst der Eng 
länder mit seinem unversehrt gebliebenen Maschinenge 
wehr angegriffen hätte. So flog Festner, den Feind 
ständig bedrohend» in niedriger Höhe um ihn herum, 
bis Soldaten kamen und den englischen Flieger gefangen 
nahmen. , M. P. 
Der neue Chef des Feldeisenbahnwesens. 
(Hierzu das obenstehende Bild.) 
Mer die Eisenbahnabteilung des Großen Generalstabs 
und die Organisation des Militäreisenbahnwesens im Kriege 
haben wir unsere Leser bereits in einem fachkundiger Feder 
entstammenden Artikel unterrichtet, der in Band II auf 
Seite 396 enthalten ist. Als der damalige Chef des Feld- 
eisenbahnwesens, Generalleutnant Grüner, die Leitung des 
bei dem Kriegsministerium neu geschaffenen Kriegsamtes 
übernahm, galt es, für diesen wichtigen Posten einen ge 
eigneten Rachfolger zu suchen. Er ist vor kurzem in dem 
Obersten Freiherrn v. Oldershausen ernannt worden. Der 
neue Chef des Feldeisenbahnwesens war vor dem Kriege 
Oberstleutnant im sächsischen 6. Infanterieregiment Nr. 105, 
König Wilhelm II. von Württemberg. Er ist im Jahre 
1872 in Hildesheim als vierter Sohn des im Jahre 1895 
verstorbenen, in österreichisch-ungarischen Diensten gestan 
denen Rittmeisters Ernst Freiherrn v. Oldershauseir geboren. 
Oberst Freiherr v. Oldershausen, 
der neue Chef des Feldeisenbahnrvesens.
	        
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