Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Sechster Band. (Sechster Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/17. 
zogen sie sich wieder zurück, nachdem sie feindliche Gegen 
stöße Zunächst innerhalb der französischen Linien sieg 
reich abgeschlagen hatten. Zwischen dem Wardar und dem 
Doiransee eröffneten die Engländer seit dem 6. April zeit 
weilig heftiges Artilleriefeuer, das von den Batterien der 
Mittelmächte so nachhaltig erwidert wurde, daß Angriffs 
versuche des Feindes von vornherein unmöglich waren. 
Österreichisch-ungarische Abteilungen überfielen am 9. April 
die französischen Stellungen südlich vom Ochridasee, aus 
denen sie sich einige Gefangene holten. So wechselten 
kleinere Unternehmungen der beiden Gegner miteinander 
ab, ohne daß es bis Mitte April zu bedeutenderen Zu 
sammenstößen gekommen wäre. — 
* ❖ 
* 
Die Italiener litten sehr unter den Folgen des unein 
geschränkten Unterseebootkrieges, durch den die Zufuhr von 
Lebensmitteln und Kohlen ganz empfindlich beeinträchtigt 
wurde. Infolgedessen mehrten 
sich auch in Italien die Stim 
men, die nach Frieden riefen, 
weil besonders die Lebensmittel 
immer knapper wurden. In 
vielen Städten, wie zum Bei 
spiel in Mailand (siehe Bild 
Seite 329), kam es sogar zu 
Straßenkundgebungen gegen 
den Krieg, wobei zahlreiche Ver 
haftungen erfolgten. Unter den 
Festgenommenen befanden sich 
auch mehrere Gemeinderäte. 
An der Front blieben die so 
oft angekündigten großen An 
griffe noch aus. Es schien über 
haupt, als ob die Italiener ihre 
Angriffsabsichten aufgegeben 
hätten und sich mehr und mehr 
auf die Verteidigung einrich 
teten, obwohl sie an der küsten- 
ländischen Front (siehe die Bilder 
Seite 328) seit dem 10. April 
ein verhältnismäßig lebhaftes 
Feuer unterhielten. Im Ge 
biete des Etschtales und des 
Gardasees begannen sie ein un 
unterbrochenes Zerstörungsfeuer 
gegen die österreichisch-unga 
rischen Ortschaften. Diese Be 
schießung hielt jedoch die k. u. k. 
Streitkräfte nicht davon ab, ihre 
kleinen Vorstöße fortzusetzen, die 
im Raume von Eörz dazu be 
stimmt waren, die Italiener all 
mählich in die Ebene hinabzu 
drücken und ihnen alle wich 
tigeren Verteidigungstellungen 
oder Angriffstützpunkte zu neh 
men. Sturmabteilungen von 
zwei österreichis ch - ungaris chen 
Regimentern drangen am 11. April gegen Abend in die 
feindlichen Gräben von Unter-Vertojba ein und brachten 
nach siegreichem Gefecht 4 Offiziere, 135 Mann, 2 Ma 
schinengewehre und 3 Minenwerfer als Beute ein. 
Mit großem Eifer waren in der Berichtszeit die öster 
reichisch-ungarischen Seeflugzeuge wieder tätig. In der 
Nacht zum 4. April bewarfen Seeflugzeuggeschwader die 
militärischen Anlagen und besonders die Flugzeugschuppen 
in Grado und Gorgo mit zahlreichen schweren Bomben, 
wobei mehrere Volltreffer in die Flugzeugschuppen fest 
gestellt werden konnten. Die feindliche Gegenwirkung war 
sehr stark, doch gelang es ihr nur, ein Flugzeug aus dem 
Geschwader herauszuschießen, während die anderen unver 
sehrt ihren Ausgangsort erreichten. Am 8. April stießen 
italienische Flieger auf Barcola und Sistiana vor und 
warfen Bomben ab, ohne aber Schaden zu stiften. Bald 
darauf griffen österreichisch-ungarische Flugzeuge die italieni 
schen Barackenlager von Vermigliano mit Erfolg an, jedoch 
kehrte auch von diesem Vorstoß ein österreichisch-ungarisches 
Flugzeug nicht zurück. Wenige Tage später, am 13. April, 
beschossen österreichisch-ungarische Geschwader das Pump 
werk von Codigoro, das mehrere Bombentreffer erhielt. 
Von diesem Streifzuge kehrten alle Fahrzeuge wohlbehalten 
heim. Die sehr lebhaft gewordene Fliegertätigkeit ließ ver 
muten, daß die italienische Front 
nun langsam aus der langen, 
nur durch kleinere örtliche Zu 
sammenstöße unterbrochenen 
Ruhe zu neuem Leben zu er 
wachen begann. — 
* ❖ 
* 
Aus einer englischen Mel 
dung vom 1. April war ersicht 
lich, daß die Feinde in Deutsch- 
Ostafrika (siehe die Mlder 
Seite 331), der größten und letz 
ten deutschen Kolonie, deren Be 
satzungstruppe noch mannhaften 
Widerstand leistete, einengroßen 
Mißerfolg gehabt hatten. Der 
englische Oberbefehlshaber be 
richtete, daß seit der Regenzeit 
die klimatischen Verhältnisse Ost 
afrikas hauptsächlich in der 
Küstengegend jede ausgedehnte 
Tätigkeit völlig verhinderten. Er 
fügte tröstend hinzu, daß die 
Zeit nicht nutzlos verstreichen 
werde. Die britischen Streit 
kräfte würden neu geordnet, die 
Transportverhältnisse umgestal 
tet und die bei dem Rückzug der 
Deutschen zerstörte Eisenbahn 
und die Wege erneuert. Die 
eingeleitete Neuordnung der 
Streitkräfte des britischen Hee 
res war besonders auffallend, 
denn sie bestätigte mittelbar die 
von den Deutschen gemeldeten 
bedeutenden Verluste der Eng 
länder in den Kämpfen in Ost 
afrika. Die endgültige Erobe 
rung der Kolonie, die mehrfach 
für das Jahr 1916, als völlig 
sicher in Aussicht gestellt worden war, war immer noch 
nicht gelungen. Es standen weitere harte Kämpfe be 
vor, zu denen die Engländer erst neue gründliche Vor 
bereitungen treffen mußten, denn die Deutschen waren 
gewillt, den Feinden auch weiterhin das Vordringen zu 
erschweren. — «Fortsetzung folgt.» 
Phot. Berl. Jlluftrat.-Ges. m. b. H. 
General Tülff v. Tschepe und Weidenbach, der Leiter der deut 
schen Militärverwaltung in Rumänien. 
Illustrierte Kriegsberichte. 
Der Sieg von Toboly. 
Von Dr. Fritz Wertheimer, Kriegsberichterstatter der „Frankfurter 
Zeitung". 
(Hierzu die Kunstbeilage sowie die Karten Seite 322 und 323.) 
Der Tag von Toboly hat mit einem schönen, stolzen 
Erfolge der deutschen Waffen geendet. Wohl war es 
nur ein Unternehmen räumlich begrenzten Umfanges, das 
seit langem hier geplant und viele Monate hindurch 
vorbereitet worden war. Aber über die erwartete Beute 
von vielleicht 3000» allerhöchstens aber 5000 Gefangenen 
hinaus brachte der Tag eine Beute von über 10 000 Mann, 
130 Offizieren, 15 Geschützen und weit über 150 Maschinen 
gewehren und Minenwerfern. Das sind schon Zahlen, 
die den Erfolg zu einem Siege machen. Und mehr noch 
als diese Äußerlichkeiten wirkt der Stil dieses Sieges, die 
Art des Zusammenarbeitens einer kühl wägenden, des 
Wartens nicht überdrüssigen, alles bis ins kleinste über 
denkenden Führung mit schneidigen, draufgängerisch-forschen 
Speziakwaffen und mit alterprobter nimmermüder In 
fanterie. Das bedeutet so viel für eine Truppe, die einen 
langen, harten, entbehrungsreichen und ereignisarmen Winter
	        
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