Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Sechster Band. (Sechster Band)

302 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/17. 
Ein feindliches Handelschiff wird durch das Megaphon angerufen. 
Aber er hatte sorgfältig beobachten lassen, wo die Funken 
nachrichten der Engländer herkämen, und darauf seine 
Pläne gebaut- Seine Absicht war, die großen Handel- 
straßen der Engländer abzustreifen. Schon am ersten Tage 
traf er auf den stattlichen Dampfer „Voltaire". Da es 
spät abends war und die See ziemlich hoch ging, war es 
schwer, festzustellen, um welches Schiff es sich handelte. Im 
Atlantik werden nämlich nachts Flaggen nicht mehr ge 
führt Um vier Uhr früh zeigte die „Möwe" dann dem er 
tappten feindlichen Schiffe die deutsche Kriegsflagge und 
ihre Geschütze. Es war ein sehr wertvolles Fahrzeug mit 
großen Kühlräumen. Alle englischen Schiffe fuhren übri 
gens nach Amerika leer. Die nächsten zehn Tage kreuzte 
die „Möwe" im Atlantik, und zwar die ersten drei Tage 
vergeblich; dann aber stieß sie jeden Tag auf ein neues 
Schiff, das natürlich versenkt wurde. Alle diese Dampfer 
hatten sehr wertvolle Ladungen; eines zum Beispiel führte 
1200 Pferde. Auch sonst hatten sie alle mehr oder weniger 
Kriegsmaterial geladen. An der Bemannung konnte Graf 
Dohna feststellen, daß es für die englischen Kapitäne sehr 
schwierig geworden war, ihr Personal Zu ergänzen, denn 
die wirklich brauchbaren Mannschaften waren für die Kriegs 
flotte in Anspruch genommen. Die Leute auf den Han 
delsdampfern standen meist 
zwischen dem vierzigsten und 
fünfzigsten Jahr, oder sie ge 
hörten den sogenannten Ka 
detten an» das heißt es wa 
ren Knaben von vierzehn bis 
fünfzehn Jahren. Die erste 
Frage der Kapitäne war fast 
allemal: „Wann ist der Krieg 
zu Ende?" worauf sie dann 
von Graf Dohna die Ant 
wort erhielten, sie sollten sich 
mit der Frage an ihre Regie 
rung wenden Darauf fingen 
die Kapitäne gewöhnlich 
furchtbar auf diese zu schelten 
an, am meisten, wenn es 
Schotten oder Irländer wa 
ren. Die Bemannung der 
ersten acht Dampfer wurde 
bekanntlich mit der „ Parrow- 
dale" nach Deutschland ge 
schickt; die glänzende Leistung 
des Prisenführers, Leutnants 
der Reserve Badewitz, wurde 
vom Grafen Dohna als vor 
züglich bezeichnet. Als letztes 
Schiff in dieser Gegend nahm die „Möwe" den Dampfer 
„Sankt Theodor", der mit 7000 Tonnen Kohlen von Amerika 
nach Italien fuhr. Graf Dohna stattete ihn mit den Funken 
einrichtungen eines englischen Dampfers und zwei Ge 
schützen aus und betraute mit der Führung den Kapitän- 
leutnant Wolf, der während einiger Monate mehrere Segler 
mit wertvoller Ladung versenkte. In all dieser Zeit war 
die „Möwe" in ständiger telegraphischer Verbindung mit 
der Heimat. Nur in der Nähe der afrikanischen und der 
südllmerikanischen Küste war das Abhören der Mitteilungen 
sehr schwierig wegen deck hohen elektrischen Spannung in 
der Luft. Täglich erhielt die „Möwe" den Heeresbericht, 
den Zeitungsdienst und auch besondere Anweisungen. Die 
glückliche Heimkehr der ,, Parrowdale" erfuhr man in 
der Silvesternacht Zehn Minuten vor zwölf Uhr. 
Graf Dohna fuhr nun weiter hinunter im südatlantischen 
Ozean, traf wieder auf den „Sankt Theodor", aus dem er 
inzwischen S. M. S. „Geyer" gemacht hatte und über 
nahm von ihm innerhalb dreier Tage 2000 Tonnen Kohlen; 
eine großartige Leistung der Mannschaft. In der Gegend 
von Kapstadt glaubte er viel ausrichten gu können. Es 
stellte sich aber heraus, daß dort kein Schiff mehr zu finden 
war, weil in Südafrika große Kohlennot herrschte Er 
steuerte nun nach Südamerika, 
ohne unterwegs auch nur 
einen einzigen Dampfer zu 
sehen, und übernahm dort 
im Schutze eines guten, aber 
unbewohnten Hafens vom 
„Geyer" nochmals 1000 Ton 
nen Kohlen. Dann richtete 
die „Möwe" ihren Kurs auf 
Buenos Aires, Im Süd- 
atlantik hatte die englische 
Kriegsmarine den Schutz der 
Handelschiffe offenbar ganz 
aufgegeben. Anfangs war 
überhaupt nur ein Hilfskreu 
zer dort, später fanden sich 
vier Kreuzer und mehrere 
Hilfskreuzer ein, die die 
Hauptfahrstraße absuchten 
Durch Zufall geriet hier die 
„Möwe" auf die derzeitige 
Fahrstraße der englischen 
Handelschiffe. Am 17. Januar 
hatte sie sogar eine Begeg 
nung mit einem Hilfskreuzer, 
der alsbald ununterbrochen 
andere Schiffe zum Beistand 
herbeirief. Schließlich ver 
wechselte er aber die „Möwe" 
mit einem aufkommenden 
Die Mannschaft eines versenkten englischen Schiffes wird an Bord genommen. 
Von der erfolgreichen zweiten Fahrt des deutschen Hilfskreuzers --Möwe«. 
Nach photographischen Aufnahmen des Bufa.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.