Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Sechster Band. (Sechster Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/17. 
daß schon dreiundvierzig Stunden nach Eintreffen der 
kaiserlichen Genehmigung zur Bildung des Korps die 
ersten Bootsflottillen sowohl nach dem Osten wie nach 
dem Westen von Berlin aus ins Feld geschickt werden 
konnten. 
Welche Dienste die vornehmen, für den Kriegsdienst 
jedoch einheitlich grau gestrichenen, sonst nur dem Sport 
und dem Vergnügen dienenden Motorboote mit ihren 
empfindlichen Maschinen im Felde, im Sommer sowohl 
wie im Winter, leisteten, mögen folgende kurze Tätigkeits 
berichte zeigen. 
Auf der Weichsel bis in die Nähe von Warschau 
klärten Maschinengewehrboote auf und sicherten die rück 
wärtigen Verbindungen gegen Kosakenschwärme. Sie 
kamen häufig in Eewehrfeuer — einzelne von ihnen 
wurden von vielen Kugeln getroffen und förmlich durch 
siebt — und wurden auch durch Minensperren und trei 
bende Balken bekämpft. Ohne größere Verluste konnten 
die wackeren Freiwilligen jedoch die erlittenen Schäden 
stets wieder ausbessern. Erst schwerer Eisgang auf der 
Weichsel nötigte sie zum Rückzug in den Hafen, doch be 
teiligten sie sich an eisfreien Tagen sofort wieder am 
Etappendienst. 
In ähnlicher Weife waren Flottillen in Ostpreußen auf 
dem Njemen tätig und drangen vereint mit bewaffneten 
Dampfern sowie mit 
Seitendeckungen von 
Infanterie und Ka 
vallerie wiederholt 
weit nach Rußland 
hinein vor. 
Im Frühjahr nah 
men Motorboote zur 
Unterstützung der 
deutschen Weichsel 
flotte wieder den 
Dienst auf die ser wich 
tigen Wasseretappen 
straße auf. 
In Belgien bot 
sich den Motorboo 
ten ein noch viel aus 
gedehnteres Betäti 
gungsfeld. 
ZahlloseAufgaben 
fanden sie auch im 
Winter, der in Bel 
gien eisfrei blieb, im 
Aufklärungsdienst auf 
den durch unzählige 
Hindernisse gesperr 
ten Gewässern. Sie 
meldeten den Pio 
nieren und Eisenbahntruppen den Zustand der zerstörten 
Eisenbahnbrücken zwecks deren Beseitigung oder Wieder 
herstellung und suchten sogar in den Kanälen und Flüssen 
versenkte Kanonen der Belgier auf. In den Häfen Ant 
werpen, Gent, Brügge lagerte reiche Beute, zu deren 
Abführung wie auch zur Herbeischaffung von Schanz 
material an die Front Schiffe und Schleppdampfer be 
schlagnahmt werden mußten. Nach monatelanger Arbeit 
kam dann der gesamte Binnenschiffahrtsbetrieb wieder in 
Gang. 
Oft wurden die Boote von feindlichen Fliegern an 
gegriffen, die sie mit Maschinengewehrfeuer abwehrten. 
Auch auf Grenzwache fanden viele Boote Verwendung, 
um den Schiffahrtsverkehr zu überwachen und um belgische 
Überläufer daran zu hindern, nach Holland überzutreten, 
von wo aus sie wieder zu den Resten des belgischen Heeres 
zu stoßen versuchten. 
Mir selbst war es vergönnt, mit dem ersten deutschen 
Boote die belgisch-französische Grenze zu überschreiten. Bei 
Cambrai lagen über 250 mit Kohlen beladene, für Paris 
bestimmte Schiffe, die der deutschen Verwaltung zugeführt 
wurden, und selbst die mit Grubenholz für die französischen 
Kohlenzechen beladenen Schiffe wurden von uns wieder 
nach Belgien zurückbefördert, so daß den Parisern die 
Kohlen recht knapp wurden. 
Aber nicht nur bei der Armee, sondern auch bei der 
Marine kamen zahlreiche Motorboote des Korps zu sehr 
nützlichen Diensten zur Verwendung, wobei eine ganze 
Anzahl Mitglieder des Korps sich im Felde das Eiserne 
Kreuz erwarben. 
Der Kaiser hat neuerdings genehmigt, daß. das Frei 
willige Motorbootkorps in Zukunst die Bezeichnung „Kaiser 
liches Motorbootkorps" führt. Die Mitglieder tragen an 
beiden Unterärmeln des Rockes eine mattfeldgrau gestickte 
Kaiserkrone. 
Feldmarschalleutnant Alexander Szurmay. 
(Hierzu das Bild Seite 225.) 
Weit über Ungarns, seines engeren Vaterlandes, Gren 
zen hinaus ward der inzwischen auch zum ungarischen 
Honvedminister ernannte Feldmarschalleutnant Alexander 
Szurmay in diesem Weltkrieg bekannt. Er ist eine geradezu 
typische Gestalt, der echte schneidige ungarische General, 
ein Mann von großer Herzensgüte, von gewinnender 
Liebenswürdigkeit, dabei aber streng und kühn, ein Mann 
der Tat, ein echter Draufgänger. Und doch saß er vor dem 
Krieg lange Jahre im Büro, war ein Meister der Feder 
und hat sich um die Ausgestaltung der Honved große 
Verdienste erworben. 
Im Jahre 1860 zu Boksanbanya geboren, machte er 
die Ludovika-Akademie in Budapest durch und wurde Leut 
nant in einem Hon- 
vedinfanterieregi- 
ment. Verhältnis 
mäßig früh besuchte 
er die Kriegschule in 
Wien und wurde dein 
Generalstab zugeteilt. 
Später kam er in das 
Honvedministerium, 
das er dann nur noch 
für kürzere Dienst 
leistungen bei der 
Truppe verließ und in 
dem er 1907 Sektions 
chef wurde. Als der 
Weltkrieg ausbrach, 
war er Staatssekretär 
dieses Ministeriums, 
er ruhte aber nicht, bis 
ihm das Kommando 
einer Jnfanterietrup- 
pendivision übertra 
gen wurde und er 
so tatsächlich das 
Schwert mit der 
Feder vertauschen 
konnte. 
Sehr bald er 
brachte er glänzende Beweise seines praktisch-militärischen 
und strategischen Könnens» feiner Tatkraft und seines 
kühnen Mutes. Er wurde infolgedessen mit wichtigen 
Aufgaben betraut, und es war ihm vergönnt, den von 
ihm so heiß geliebten ungarischen Boden zweimal vom 
Feinde, den eingedrungenen Russen, zu säubern. Als im No 
vember 1914 die Kosaken in das Ungtal bis Homonna vor 
gedrungen waren, wurde ihnen Feldmarschalleutnant Szur 
may als Kommandant einer eigenen Armeegruppe entgegen 
gestellt. Er trieb sie mit seinen tapferen Scharen in kühnem 
Vorgehen über die Karpathen (vgl. Band I Seite 474), 
nachdem er durch ein schneidiges Manöver Homonna ent 
setzt hatte, und verfolgte den Feind bis Neu-Sandec. Durch 
seinen erfolgreichen Zug hat er sich mittelbar auch um 
den überaus wichtigen Sieg der österreichisch-ungarischen 
Truppen bei Limanowa (vgl., Band II Seite 130) sehr ver 
dient gemacht. 
Später befehligte Feldmarschalleutnant Szurmay im 
Verband der Armee des Generalobersten Boroevic. Er 
erzielte insbesondere am Uzsoker Paß neue glänzende Er 
folge und spielte mit seinen Truppen bei der endgültigen 
Vertreibung der Russen aus Ungarn und den Karpathen 
eine wichtige Rolle. , x- 
Es ist begreiflich, daß ein Heerführer von den persönlichen 
Eigenschaften und den Erfolgen Szurmays von seinen 
Soldaten, insbesondere von denen magyarischer Nationalität, 
in einer Weise verehrt wird, die an Vergötterung grenzt. 
Motorboote im Kriegsdienst. 
Ein Motorboot mit einem Torpedoboot auf der Streife.
	        
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