Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/19. 
Vau, wobei sie die 180 Mann starke deutsche Besatzung 
niedermachten. 
Die Greueltaten der russischen Roten Garde hinderten 
ihre deutschen Freunde, die Spartakisten, nicht, den Tag 
herbeizusehnen, an dem sie sich mit den Russen auf deutschem 
Boden vereinigen konnten. Diesen Tag hielten sie für nahe 
bevorstehend, was sie zur Fortsetzung ihrer Gewalttätig 
keiten in Deutschland ermunterte. Gegen die Aufrührer 
in Erfurt, Bremen, Bremerhaven und Curhaven ging die 
Reichsregierung nachdrücklich vor, wie sie das schon in Wil 
helmshaven getan hatte (siehe Bild Seite 458), und zwang 
die Kommunisten zur Waffenablieferung. In Erfurt wur 
den 112 Maschinengewehre zusammengebracht. Die Ent 
waffnung in Bremen forderte auf beiden Seiten zahlreiche 
Opfer. Arn 3. Februar kam es zwischen den Spartakisten und 
der anrückenden Division Eerstenberg (siehe untenstehen 
des Bild) rund um die Stadt zu Vorpostengefechten, die 
zeitweise in lebhafte Kämpfe übergingen, wobei die Bre 
mer 7, die Division Eerstenberg 12 Tote zu beklagen hatten. 
Tags darauf setzte früh der Angriff mit allen Mitteln moder 
ner Kriegstechnik ein. Starker 
Geschützoonner und lebhaftes 
Maschinengewehrfeuer rollten 
durch die Stadt. Mehrere Gra 
naten schlugen in unmittel 
barer Rähe des Doms, der 
Börse und des Rathauses ein. 
Das neue Rathaus erhielt Voll 
treffer durch das Dach, ebenso 
der Nordturm des Doms in 
halber Höhe. Gegen zwei Uhr 
flaute das Bombardement etwas 
ab, setzte um vier Uhr jedoch 
mit alter Stärke wieder ein, bis 
endlich um sechs Uhr die Re 
gierungstruppen in die Stadt 
einrückten (siehe Bild Seite 457) 
und den Markt, das Rathaus,, 
die Börse und das Bcesmannfche 
Telegraphenbüro besetzten. Da 
mit war die Ruhe in Bremen 
wiederhergestellt. 
Die Entschiedenheit des Auf 
tretens der Regierung erleich 
terte die Durchführung der Ent 
waffnung in den Küstenstädten 
und bestimmte Hamburg (siehe 
die Bilder Seite 459) und Braun 
schweig zu selbständiger Befol 
gung der il^gierungsbefehle. 
In Hamburg )war beträchtliche 
Unsicherheit eingerissen. So 
suchte eine Bande Bewaffneter 
den Bezirk Harvestehude heim, 
wo die Bewohner gezwungen 
wurden, den Räubern zu ge 
ben, was sie, verlangten. Um 
diesen Zustähden ein Ei.de 
zu bereiten, erließ der Siebeneräusschuß des Obersten 
Soldatenrates, dem die Verantwortung für die Auf 
rechterhaltung der öffentlichen Sicherheit übertragen 
worden war, Bekanntmachungen, worin zunächst dar 
auf hingewiesen wurde, daß den Anordnungen der 
Sicherheitsmannschaften Folge zu leisten sei, daß Plün 
derer auf der Stelle erschossen würden und daß sich 
alle, die Waffen im Hause hielten, strengster Bestrafung 
aussetzen. Bis zur Durchführung der Waffenablieferung 
wurde der Alarmzustand verhängt. Sicherheitsmann 
schaften gingen in die Häuser und durchsuchten die Räume 
nach Waffen. 
Am 13. Februar glückte in Berlin die Verhaftung 
des russischen Regieruugsvertreters Karl Radek (Sobelsohn) 
(siehe Bild Seite 435), bei dem alle Fäden der deutschen 
kommunistischen Vereinigungen zusanrmenliefen. Im Westen 
Deutschlands übten die Kommunisten an einigen Plätzen 
immer noch ungestört ihre Herrschaft aus. In Düsseldorf 
dämpfte ein Bürgerstreik ihren Übermut, in Duisburg aber 
rückten zur Bekämpfung der Kommunisten am 14. Februar 
belgische Truppen ein; Hamborner Spartakisten stießen 
mit ihnen vor dem Duisburger Rathaus zusammen und 
unternahmen einen erfolglosen Handgranatenangriff auf 
die Belgier. —- 
Diese Vorkommnisse hätten die Oberste Heeresleitung 
der Feinde überzeugen müssen, daß Deutschland eine noch 
weitere Heeresbeschränkung, als sie. schon bestand, nicht 
zugemutet werden konnte, zumal Deutschland auch noch 
den Übergriffen der Polen entgegentreten mußte. Aber 
gerade die Rücksicht auf die Polen bestimmte Foch zu neuen 
unerhörten Waffenstillstandsbedingungen. Frankreich wollte 
freie Hand für Polen, um ihm den Raub der deutschen 
östlichen Provinzen: Ostpreußen, Westpreußen, Posen und 
Schlesien zu erleichtern. Die bisherige Bedrohung dieser 
Nahrungsmittelquellen setzte Deutschland aber schon jetzt 
den schwersten Gefahren aus. Wilson hatte den Polen 
bedeutet, daß sie ihre Wünsche nicht mit der Waffe in der 
Hand erstreben sollten. Diese Mahnung bestimmte sie 
zur Anbahnung von Waffenstillstandsverhandlungen in 
Berlin, die Korfanty führen sollte. Sein Versuch scheiterte, 
denn die Berliner Regierung 
erklärte sich nur unter der Vor- 
auss e tzung d erRäumun gDeutsch - 
lands von den polnischen Trup 
pen zur Einstellung der Feind 
seligkeiten bereit. Korfanty stellte 
diese berechtigte Absage als eine 
Kriegserklärung Deutschlands 
hin und veranlaßte das Ein 
schreiten der Verbandsmächte 
zugunsten der polnischen Frie 
denstörer,wasbeiderErneuerung 
des Waffenstillstar.des geschah. 
Das Zusatzabkommen über 
die Verlängerung des Waffen 
stillstandes lautete: „Die Deut 
schen müssen alle Offensivbe 
wegungen gegen die Polen auf 
geben und ihre Truppen dürfen 
folgende Linien nicht überschrei 
ten: Von der russischen Grenze 
westlich Luisenfelde, westlich 
Eroßneudorf, südlich Brzcza, 
nördlich Schubin, nördlich Emn, 
sürlich Samotschin, südlich Che- 
dziecen (Kalmar), nördlich Czar- 
nikau, westlich Miale, westlich 
Birnbaum, westlich Deutschen, 
westlich Wollstein, nördlich 
Lissa, nördlich Viernchow bis 
zur schlesisch-russischen Grenze" 
(siehe die Karte Seite 455). 
Wenn die Deutschen hierauf 
eingingen, so setzten sie vor 
aus, daß sich damit die preu 
ßische Provinz Posen wirtschaft 
lich und verwaltungstechnisch 
wieder Berlin unterwerfe. 
Die Polerr hatten allen Anlaß, sich mit ihrem Hilferuf 
zu beeilen, weil die deutsche Regierung im Begriff stand, 
die deutschen Gebietsteile von den polnischen Horden zu 
säubern. Hindenburg verlegte am 14. Februar sein Haupt 
quartier nach dem Osten (siehe die Bilder Seite 454). Er 
erließ einen Aufruf an die ehemaligen deutschen Soldaten 
um Unterstützung des Kampfes gegen die Polen und die 
Bolschewik!. Werbebüros (siehe die Bilder Seite 455 
unter) wurden eröffnet, und selbst auf der Straße hielten 
Offiziere Reden und forderten zum Eintritt irr die Frei 
willigenarmee auf (siehe die Kunstbeilage). «ForMung soigr.r 
Illustrierte Kriegsberichte. 
Ein letzter Eindruck deutscher Macht. 
Vorr Dr. F. A. Loofs. 
kl. 
«Schlub.) 
Seit der Skagerrakschlacht sah man auf deutscher Seite 
immer das gleiche Bild: vorn, an der äußersten Grenze der 
Phvr. Wertheim. 
Oberst v. Gerftenberg, Führer der Division Gerstenberg. - 
Zu den Vorgängen in Bremen.
	        
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