Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/19. 
Wol. Verl. Jllustrat.- Ges. m. b H. 
Gompers, 
der amerikanische Gewerk 
schaftsführer. 
Der schwedische Sozialistenführer 
BranLing, 
dem in der Sozialistenzusammenkunft, 
die in Bern tagte, der Vorsitz über 
tragen wurde. 
Di-. Karl Liebknecht, 
der Führer der Spartakisten, wurde 
nach seiner Verhaftung in Berlin er 
schossen, als er sich seiner Verurteilung 
durch die Flucht entziehen wollte. 
politischen Arbeitervereinigungen, und der Gewerkschaften, 
also der wirtschaftlichen Verbände. Die politischen Vertreter 
hatte Henderson (siehe untenstehendes Bild), der frühere 
Arbeitervertreter in der englischen Regierung, zusammen- 
berufen. Die deutschen Mehrheitssozialdemokraten ent 
sandten Hermann Müller, Otto Wels und Hermann Molken- 
buhr; von den Unabhängigen erschienen Hugo Haase, 
Karl Kautsky und Hermann Jaeckel. Die Eeneralkom.mission 
der deutschen Gewerkschaften ließ sich durch Karl Hübsch, 
Wilhelm Janson und Hermann Kube vertreten. Der 
Deutsche Spartakusbund oder, wie er sich auch nannte, die 
Kommunistische Partei Deutschlands, lehnte die Beteiligung 
an der Zusammenkunft ab und befand sich damit in Überein 
stimmung mit den Anschauungen der russischen Bolschewiki, 
■ die ebenfalls keine Vertreter nach Bern entsenden wollten. 
Unter den Abgeordneten der Franzosen sind besonders 
zu nennen: der frühere Munitionsminister Thomas (siehe 
untenstehendes Bild) sowie die Parlamentarier Renaudel, 
Cachin und Longuet. Longuet, der über einen rasch wach 
senden Anhang in Frankreich verfügte, stand den Bol 
schewiki nahe. Die Deutschösterreicher schickten den Politiker 
Seitz (siehe untenstehendes Bild) und den neuen parlamen 
tarischen Führer der österreichischen Sozialdemokraten 
Ellenbogen; außerdem rechnete man in Bern mit dem 
Erscheinen des österreichischen Ministers des Äußern Bauer 
und erwartete auch Friedrich Adler, der das Attentat auf 
den Grafen Stürgkh verübt hatte. — Eine der leitenden Per 
sönlichkeiten der Zusammenkunft war der schwedische Sozia 
listenführer Branting (siehe obenstehendes Bild). Die Zu 
sammensetzung der Teilnehmer an der Zusammenkunft in 
Bern war wichtig, weil weder die Politiker noch die reinen 
Gewerkschaftler nur Arbeiterfragen verhandeln wollten, son 
dern in erster Linie eine Unterstützung des Völkerbund 
gedankens und die Herbeiführung eines Versöhnungs 
friedens beabsichtigten. Henderson deutete an, daß man 
gegebenenfalls diese Hauptziele durch die Anwendring 
Frau Rosa Luxemburg, 
di.' mit Liebknecht die „Rote Fahne" 
in Berlin herausgab, wurde nach 
ihrer Verhaftung von der wütenden 
Menge auf der Strafte getötet. 
Ledebour, 
unabhängiger Sozialdemokrat, wurde 
wegen seiner Verbindung mit dem 
Spartakusbunde in Schutzha't ge 
nommen (siehe auch Seite 423). 
der äußersten Machtmittel, das heißt durch Entfesselung 
des Generalstreikes erzwingen würde. Die Regierungen 
der Deutschland feindlichen Länder bereiteten deshalb den 
Teilnehmern cm der Zusammenkunft wieder Paßschwierig 
keiten. Das tat besonders die französische Regierung, die 
am 27. Januar die Gegenzeichnung der Pässe der Ver 
treter der spanischen Arbeiterpartei noch verweigerte und die 
Abgeordneten an der französisch-spanischen Grenze festhielt. 
Dieses Verfahren entsprang der Furcht vor dem Bolsche 
wismus. In Madrid, der Hauptstadt S p a n i e n s, 
erschien schon seit einem Monat eine revolutionäre Zeitung 
unter dem Titel „El Soviel". An der Spitze der spanischen 
Bolschewikibewegung, dereir Hauptuest Barcelona war, 
stand Miguel Pasqual. Irr Barcelona führten bolsche 
wistische Umtriehe bis zum 25. Januar zur Schließung von 
rund 200 Fabriken; 72 Unternehmer wurden dabei getötet. 
In F r a n k r e i ch zeigten sich weite Kreise der Arbei 
terschaft bolschewikifreundlich. Es herrschte Unzufrieden 
heit wegen des immer noch bestehenden Belagerungs 
zustandes. Die Erregung der Arbeiter stieg ständig infolge 
der scharfen Maßnahmen der Regierung gegen Streik 
versuche. Überall begann es zu brodeln. 
Auch in England und in den Vereinigten Staaten 
kam es zu Lohnstreitigkeiten. In London fand am 18. Ja 
nuar eine geschlossene bolschewistische Versammlung statt, 
in der die Vorbereitung des Generalstreiks für England 
beschlossen wurde. Alsbald brachen in England vielfach 
Teilansstände aus, an denen sich in erster Linie die Berg 
arbeiter beteiligten. Steigende Unzufriedenheit ergaben 
auch die Folgen der von den Soldaten erzwungenen raschen 
Entlassungen aus dem Heere; während der englische Heeres 
auflösungsplan die tägliche Entlassung von 8000 Mann 
vorsah, stieg diese Zahl unter dem Druck der Soldaten bald 
auf täglich 40 000 (siche Bild Seite 446). Bei der schwieri 
gen Lage des englischen Arbeitsmarktes wegen der Ein 
stellung der Rüstringsarbeit konnten aber so viele Leute 
Phot. Bert. Jttustrat.-Ges. in. b. H. Phot. Behl. Jllustrat.-Ges. m. b. H. 
Thomas, Seiß, Karl Radek, 
der frühere französische Muni- einer der Präsidenten der prov. der in Berlin verhaftete rus- 
tionsminifter. österr. Nationalversammlung. fische Bolschewist. 
Phot. Verl. Jllustrat.-Ges. m. b. H. 
Henderson, 
der frühere Arbeitervertreter 
in der englischen Regierung.
	        
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