Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/19. 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/19, 
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Rückmarsch der Armee Mackensens durch Südungarn. 
der Aufmarsch des Verbaudsheercs voll 
zog. Die Armee Mackensens bcfand sich 
jetzt in einer äußerst gefährlichen Lage: im 
Süden konnte jeden Tag der Einmarsch 
der Verbandstruppen erfolgen, im Nord- 
osten zogen die Rumänen bedeutende 
Truppenmassen zusammen. Dazu war 
mittlerweile in Ungarn die Revolution 
ausgcbrochen, so daß das in Rumänien 
stehende deutsche Heer von jeder Ver 
bindung mit der Heimat abgeschnitten 
war. Än erfolgreiche Gegenwehr gegen 
die feindliche Übermacht war nicht zu 
denken» da es schon an Artillerie und 
Munition fe hlte. Der Feind stie ß nirgends 
mehr auf Widerstand, da auch Österreich- 
Ungarn Waffenstillstand geschlossen hatte 
und seine Truppen aus Rumänien und 
Serbien zurückzog. 
Unter diesen Umständen blieb Eene- 
ralfc ldmarschall v. Mackensen nichts übrig, 
als möglichst rasch Rumänien zu räumen. 
Während dies bereits beschlossene Tat 
sache war und sich alle Truppenteile zum 
Abmarsch vorbereiteten, stellte am 9. No 
vember die neue rumänische Regierung 
von Jassy aus an Mackensen ein Ulti 
matum, innerhalb 24 Stunden mit sämt 
lichen deutschen Truppen Rumänien zu 
verlassen. Daß diese Forderung unerfüll 
bar war, leuchtet ohne weiteres ein. Der 
Generalfeldmai schall antwortete auf diese 
Zumutung nur, daß seine Armee und 
sämtliche B Hörden bereits Befehl hätten, 
das rumänische Gebiet zu räumen. Die 
rumänische Regierung nahm davon keine 
Notiz; sie erwiderte, daß sie sich vom 
10. November, abends neun Uhr, an als 
im Kriegszustand mit Deutschland be 
findlich betrachte. 
Trotz aller dieser Hiobsposten ging der 
schwierige Abtransport von rund 20Ö 000 
Mann planmäßig in vollster Ordnung 
vor sich. Die rumänische Bevölkerung 
kümmerte sich gar nicht um die neue 
Kriegserklärung ihrer Negierung arr 
Deutschland, auch ein durch Flieger ver 
breiteter Aufruf des französischen Gene 
rals Berthelot, der die Zivilbevölkerung 
zum Franktireur krieg gegen das deutsche 
Besatzungsheer aufforderte, blieb unbe 
achtet. Der Abschied der D ritschen von 
ihrenQuartierleuten vollzog sich vielmehr 
in überaus herzlicher Weise. Es war 
rührend mitanzusehen, wie rumänische 
Bauern den Feldgrauen» die stets als 
Familienangehörige betrachtet wurden, 
zum Abschied Eier, Fleisch, Nüsse, Apfel, 
Schnaps und Wein als Wegzehrung mit 
gaben. Wo es die Zeit erlaubte, wurde 
mit Tanz und Gesang ein Abschieds- und 
Verbrüderungsfest gefeiert. 
Da die vorhandenen Wagen der 
wenigen eingleisigen Bahnen zur Auf 
nahme des Heeres und seiner ungeheuren Bagage nicht inr 
entferntesten ausreichten und auch die Frage des Abtrans 
portes durch die ungarische Bahn noch nicht geregelt war. 
mußten die einzelnen Regimenter, Bataillone und Ko 
lonnen zu Miß marschieren. Aber auch die Landstraßen 
waren überfüllt und verstopft, da noch immer österreichisch- 
ungarische Truppenteile durchzogen. Düse warfen beim 
Rückmarsch einen großen Teil ihrer Ausrüstungsgegenstände 
weg. In feldinarschmäßiger Ordnung und Staffelung 
rückten die deutsche» Truppen in Wehr und Waffen ab. 
Vorräte und Gegenstände, die nicht mitgenommen werden 
konnten, wurden zu guten Preisen an die Bevölkerung 
abgegeben, alles übrige wiirde von Ochfenkolonnen nntge- 
führt, die Kavallerie und Infanterie als Begleitung hatten. 
Durch die Karpathenpässe über Petroseny, Hermannstadt 
und Kronstadt und über Vercierova—Orsova verließen die 
deutschen Transporte Rumänien. In den Bergen fiel 
Schnee, in tiefer gelegenen Tälern regnete es, so daß die 
Kolonnen oft nur langsam vorwärts kamen. Die Ab- 
teiltingen, die den Weg über Vercierova einschlugen, be 
gegneten auf dem Marsch über Karansebes nach Temesvar 
in allen Ortschaften schon serbischen und französischen Pa 
trouillen, die dort Sicherheitsdienst versahen. Die Quartier 
frage in den kleinen, armseligen E.birgsdörfern, die noch 
bis Arad von Rumänen bewohirt sind, gestaltete sich oft 
recht schwierig. In vielen Gemeinden herrschte noch die 
Grippe, auch Zeigten sich die Ungarrumänen oft recht 
feindselig gegen das deutsche Militär. Von Disziplinlosig 
keit, revolutionärer Gesinnung und Auflösung war unter 
den aus allen deutschen Stämmen zusammengesetzten 
Truppen nichts zu merken; ein jeder tat freudig und gerne 
seine Pflicht — ging es doch der Heimat entgegen! 
Nach einer Originalzeichnung des Kriegsteilnehmers Albert Reich, München. 
Die ungarische Regierung hatte der Armee Mackensens 
freien Durchzug durch Ungarn gestattet, und Deutschland 
hatte sich bereit erklärt, die nötigen Kohlen zum Bahn 
transport zu liefern. Dagegen erhob der Verband Ein 
spruch; er verlangte Entwaffnung und Internierung der 
deutschen Truppen bis zum Friedenschluß. 
Bis Mitte Dezember hatte ungefähr die Hälfte der 
deutschen Balkanarmee Ungarn verlassen und befand sich 
aus dem Weg nach der Heimat. Eeneralfeldmarschall 
v. Mackensen weilte mit seinem Stabe noch in Ungarn, bis 
Zuletzt unermüdlich um die Sicherheit seiner Truppen be 
sorgt. Als er am 16. Dezember auf der Reife nach der 
H.imrt in Budap.st eintraf, erschien am Bahnhof ein 
ungarischer Major und forderte den G.neralfeldmarschall 
auf, seinen Wagen zu verlrssen, da er in Budapest inter- 
rriert werde. Mackensen erhob Einspruch, da ihm der unga 
rische Ministerpräsident Graf Karolyi 
freies Geleite zugesichert hatte. Das 
französische Oberkommando aber hatte 
inzwischen bei der ungarischenRegierung 
die Entwaffnung und Internierung des 
Marschalls und seiner Armee durchgesetzt. 
Auf Mackensens Protest erwiderte der 
Major kurz: „Herr Feldmarschall, ich gebe 
Ihnen zehn Minuten Bedenkzeit, dann 
erwarte ich Sie am Bahnsteig." Nach 
kurzer Besprechung mit seinem Stab ver 
ließ Mackensen den Wagen und begab 
sich in Begleitung des Majors zum unga 
rischen Kriegsminister. Dieser stellte dem 
Marschall einstweilen das e-chloß Foth 
bei Budapest zur Verfügung, während 
seine noch auf ungarischem Boden be 
findlichen Truppen die Waffen nieder 
legen mußten und in den größeren 
Städten des Landes interniert wurden. 
Die wenigen Deutschenfreunde, die sich 
noch in Ungarn befinden, übergaben dem. 
Feldmarschall 85 000 Kronen als Weih 
nachtspende für seine Soldaten — es 
war der einzige Dank Ungarns für den 
Sieger von Eorlice und den Überwinder 
Serbiens und Rumäniens, der das Land 
dreimal vor feindlichem Einfall bewahrt 
hatte. 
Wie entsteht ein Flugzeug? 
(Hierzu die Bilder Seite 398 und 399.) 
Früher mußte man mangels fest 
stehender wissenschaftlicher Ergebnisse, die 
die Grundlage der Flugmöglichkeil bil 
den, zuerst bauen, den gebauten Apparat 
ändern, bis er das leistete, was man von 
ihm erwartete, und dann erst die tech 
nische Zeichnung danach herstellen. Heute 
ist der Weg umgekehrt: ein Flugzeug 
wird erst theoretisch genau errechnet, 
nach sorgfältigen Untersuchungen in sei 
nen Hauptabmessungen und Linien auf 
dem Papier festgelegt und dann in einigen 
Probeeremplaren ausgeführt. Diese 
ersten Flugzeuge dienen als Versuchs 
apparate und werden von geübten Füh 
rern zunächst bei ruhigem Wetter und 
gleichmäßigem Wind „eingeflogen", als» 
auf das genaueste versucht und auspro 
biert. Der Führer, ein erfahrener und 
technisch geschulter Flieger, achtet dar 
auf, wie sich das Flugzeug vom Boden 
abhebt, wie es in der Luft steigt, sich 
bei plötzlichen Windstößen verhält und 
der Steuerung gehorcht. Diese Versuche 
werden dann bei ungünstigerem Wetter 
so lange wiederholt, bis jede Eigenschaft 
des Flugzeuges bei jeder Witterung fest 
gestellt ist. Inzwischen werden Ände 
rungen am Apparat, die sich während 
dieser Versuche als nötig erweisen, vor 
genommen, so daß schließlich ein fehler 
freies brauchbares neues Flugzeug dasteht. Dadurch ist die 
Gewähr gegeben, daß Unfälle, die etwa auf Konstruktions 
fehlern beruhen könnten, ausgeschlossen sind, und nun 
wird nach dem Muster dieser durchprobierten und mehr 
fach geänderten Maschine der Serienbau, also die Massen 
herstellung, vorgenommen. 
Alle Einzelteile des Flugzeuges werden bei möglichst 
geringem Eigengewicht widerstandsfähig gearbeitet. Je 
leichter das Flugzeug ist, desto größer wird seine Steig 
fähigkeit und Geschwindigkeit werden, doch darf unter dem 
Bestreben, leicht zu bauen, die Bruch- und Reißsicherheit 
nicht leiden. Zunächst werden Rumpf und Tragflächen 
wie das Gerippe eines Bootes gitterartig aus hölzernen 
Holmen und Spanten zusammengesetzt und durch Drähte 
von großer Zugfestigkeit straff verspannt. Es ergibt sich 
so eine Eitterkonstruktion von sehr großer Festigkeit, die den
	        
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