Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18.
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Phot. Lichtbildstelle des k. u. k. Kriegspressequartiers.
Dev Piavefluß — ein reißender Strom.
Engländer allein in
Nordrustland aus
gaben, um den Deut
schen Schwierigkeiten
zu bereiten. '
Das Verbrechen
steigerte die gefahr
volle Lage der Räte
regierung in Moskau
wieder sehr. In Ver
bindung mit den Ver
suchen zur Feststellung
der Mörder kam es in
Moskau zu schweren
Straßrnkämpfeufsiehe
Bild Seite 29), und
auch an anderenPunk-
ten Nordrußlands er
eigneten sich Zusam
menstöße, die von den
Westmächten angezet
telt worden waren.
Es konnte kein Zwei
fel darüber bestehen,
daß England zum entscheidenden Schlage gegen Rußland,
ausholen wollte und daß es an der Ermordung des deut
schen Gesandten beteiligt war, weil ihm diese Tat zur
Trübung des Verhält
nisses zwischen der
Räteregierung und
Deutschland nötig er
schien. Die Engländer
hatten während des
Krieges ja schon im
Falle des Jrenführers
Casement bewiesen,
daß sie sich des poli
tischen Meuchelmor
des zu bedienen nicht
schämten. Für die
Regierung Nordruß
lands stand eine Kraft
probe bevor, wie sie
sie bisher noch nicht
zu bestehen gehabt
hatte; am Weißen
Meere und an der
sibirischen Ostküste
sammelten sich die
Heerscharen ihrer
Feinde, die im In
nern des Landes durch Gegenrevolutionäre und die tsche
chisch-slowakischen Truppenteile (siehe auch den Sonderauf-
satz auf dieser Seite) unterstützt wurden. — «Fortsetzung foißt.)
Illustrierte Kriegsberichte
Die Tschechoflowaken in Rußland.
iHierzu die Kartenskizze Seite 26 und die Bilder Seite 27.)
Die ersten Nachrichten über eine Betätigung tschecho
slowakischer Offiziere und Mannschaften erhielt man in
Deutschland durch Aussagen von aus Rußland entflohenen
Kriegsgefangenen, die über die geradezu unmenschlichen
Leiden in der' Gefangenschaft berichteten. Wo ihr Los
am härtesten war, wo ihre Behandlung am menschen
unwürdigsten gewesen, da war es immer ein tschecho
slowakischer Offizier, der als russischer Lagerkommandant
fungierte. Schon das zaristische Rußland war schamlos
genug, zu tun, was heute die Verbandsmächte in voller
Öffentlichkeit als höchste Äußerung des nationalen Patrio
tismus preisen: Entflohene Landesverräter kamen beim
Feinde, zu dem sie übergelaufen waren und dem sie Leben
und Waffenehre ihrer Kameraden verraten hatten, zu hohen
Ehren und zu Vertrauenstellungen. Als diese Dinge bei
der deutschen Truppe im Osten durchsickerten, brannte helle
Empörung in aller Herzen. Offiziere und Mannschaften, die
in den schweren Schlachten mit den österreichisch-ungarischen
Verbündeten zusammen gefochten hatten, erinnerten sich,
was sie alles diesen Tschechoflowaken verdankten: Stets,
wenn geplante Unternehmungen dem Feinde durch Über
läufer verraten worden waren, waren Tschechoflowaken
die Täter, stets, wenn der Übergang ganzer Verbände zum
Feinde die nach rechts und links anschließenden verbündeten
oder deutschen Truppen der Umgehung und Bedrohung
durch den Feind preisgab, waren es tschechoslowakische
Truppen, um die es sich handelte. Der Tod von un
gezählten Hunderten braver deutscher Soldaten ist durch
solche Schurkerei verursacht worden, ungezählte Tausende
mußten in russische Gefangenschaft geraten, in der sie
später durch dieselben Verräter so grausam behandelt
wurden.
Es läßt sich schwer nachprüfen, wie viel Wahres
an all den Fronterzählungen ist, wonach die Tfchecho-
slowaken den Übergang zum Feinde planmäßig vor
bereiteten, dadur.ch zum Beispiel, daß sie Erkennungs
marken bei sich trugen, die nur den russischen Truppen
Phot. Lichtbildstelle des k. u k. Kriegspressequartiers.
Der Piavefluß — ein seichtes Gewässer.