Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
Arbeit in allen Stollen, und die Erabenbesahung ist zur 
äußersten Ruhe angewiesen; auf jeden Schlag des Feindes 
wird geachtet. Ist festgestellt worden, daß sich der feindliche 
Stollen in unmittelbarer Nähe befindet, so wird man ver 
suchen, ihn abzuquetschen, das heißt ihn durch eine errechnete 
Sprengladung zu verschütten. Dann freilich ist auch der 
eigene Stollen zum Teil vernichtet; im anderen Teil kann 
wegen der Sprenggase zunächst nur unter erschwerenden 
Umständen (mit Sauerstoffapparaten) weitergearbeitet wer 
den. Die außerordentlich gefährlichen Sprenggase halten 
sich trotz der unablässig arbeitenden Entlüftungsapparate 
tagelang im Stollenschlauch. Nach einer Quetschung wird 
auch der Sprengstollen verzweigt werden, teils um den 
Feind irrezuführen, teils um ihm in besonderen Verfolgung 
stollen nachzubohren und ihn durch weitere Quetschungen 
im Herandringen an die eigen Stellung aufzuhalten. Da aber 
auch der Feind diese Maßregeln ergreifen wird, entwickelt 
sich häufig tief im Erdinnern ein unheimlicher Wühlkrieg, 
dessen vorläufiges Ende nur dadurch erreicht werden kann, 
daß die eine Partei schon hier -- also meist noch unter dem 
Niemandsland — eine Trichtersprengung vornimmt und 
damit das gegnerische Stol 
lennest vernichtet. Ein solcher 
Trichter zwischen den Stel 
lungen wird immer das Ziel 
der beiderseitigen Minen 
werfer sein und bald von 
der einen, bald von der an 
deren Partei besetzt sein; er 
kostet immer viel Blut. 
Rings um diesen ungeheu 
ren Trichter herum, der 
einen Durchmesser von 60 
Metern, ja 100 Metern, eine 
Tiefe bis zu 30 Metern 
haben kann, wird der Wühl 
krieg aber bald wieder von 
neuem einsetzen, weil jede 
Partei von der anderen 
einen Fortbau der zerstörten 
Stollen fürchtet; er wird 
immer größeren Umfang 
annehmen, ganze Abschnitte 
des Niemandslandes zum 
Pulverfaß machen und end 
lich die eine Partei zum 
breiten Jnfanterievorstoß 
zwingen, der sie in den Be 
sitz der feindlichen Stollen 
eingänge setzt. 
So kann der Weg vom 
Minenvorhaus zur feind 
lichen Stellung ungeheure 
Opfer kosten; er wird oft 
das beabsichtigte Ziel über 
haupt nicht oder mit ganz 
verändertemZweckerreichen. 
Zur Sprengung wird eine Minenkammer vor Ort aus 
gehoben. Die Hunderte von Kilo Sprengmunition werden 
darin aufgestapelt und durch Leitungsdrähte mit dem 
Elühzündapparat, der weit zurück in einem Stellungs 
unterstande steht, verbunden. Dann wird der Stollen, um 
einen Druck zwischen der Munition zu verhindern, je nach 
der Stärke der Ladung wieder zugebaut; er wird „ver- 
dämmt". 
Auch das Laden und Verdämmen beansprucht mehrere 
Tage, denn wir müssen uns vergegenwärtigen, daß die 
Munition in einzelnen Päckchen durch den engen, oft über 
150 Meter langen Stollenschlauch vorgetragen werden muh. 
Ist die Ladung fertig, so wird die Sprengzeit bestimmt. 
Dann stehen Jnfanteriesturmtruppe und die Handgranaten 
abteilung der Pioniere bereit, die den Trichter in der»ersten 
Verwirrung des Feindes sofort zu besetzen haben. Außer 
dem wird durch vereinigtes Artillerie- und Minenfeuer 
möglichst viel feindliche Grabenbesatzung in die Unterstände 
getrieben, die im Zerstörungsbereich liegen. Sofort nach 
der Sprengung, die durch einen ku zen Hebel uck des lei 
tenden Pionieroffiziers erfolgt und bei der mit ungeheurer 
Erschütterung gewaltige Erd- und Steinmassen aus den 
Stellungen hochfliegen, legt die Artillerie feindwärts des 
ausgedrückten Trichters Sperrfeuer und unterstützt so die 
vorstürmenden Pionier- und Jnfanterietruppe, bis sie sich 
am Trichterrand zur Verteidigung festgesetzt haben. 
Das ist die Bedeutung der vier kurzen Worte im deutschen 
Heeresbericht: „Wir machten eine Trichtersprengung." 
Der Eisenbetonschiffbau in Amerika. 
Von Geheimem Regierungsrat vr. jur. Seidel. 
(Hierzu die Biloer Seite 330 und 331.) 
In das erste Flottenprogramm Amerikas für den Krieg 
wurde auch der Vau von fünfundzwanzig Eisenbetonschiffen 
aufgenommen. Diese sollten bereits imJahre 1918 zur Fahrt 
kommen, und man erwartet von ihnen, daß sie den Tor 
pedo besser Widerstand leisten als eiserne oder hölzerne 
Schiffe. Durch den Einbau eines regelmäßig angeordneten 
Systems wasserdichter Schotten, die zusammen mit der 
Haut ein Steinganzes ausmachen, würde nach der Ansicht 
eines hervorragenden Sachverständigen, des Oberingenieurs 
der Amsterdamsche Fabrü k van Cementijzerwerken in Amster 
dam A. A. Boon, ein II-Boot doch vielleicht mehrere Voll 
treffer anbringen müssen, 
bevor es ein solches Schiff 
zum Sinken bringt. 
Eisenbetonboote (siehe 
die bmden ersün Bilder 
Seite 331) sind nach der 
„New Pork Evening World" 
in Amerika zun st im Jahre 
1892 von Daniel R. Banks 
gebaut worden, nämlich ein 
Schoner von 19,50 Meter- 
Länge, 4,90 Meter Breite 
und 4,30 Meter Tiefe. Von 
diesem Schiffe wird gesagt, 
daß damit bei leichten Brisen 
nur mäßige Geschwindig 
keiten erreicht würden, daß 
aber sein größeres Gewicht 
bei rauhem Wetter und 
schwerer 'See sehr günstig 
wirke. Von dem Vau solcher 
kleinen Boote, namentlich 
Prahmen und Schuten, die 
meistens einfache Plattschiffe 
waren und für transatlan 
tische Ingenieur-arbeiten, 
nämlich für den Panama 
kanal, verwendet wurden, 
ist man neuerdings zu großen 
Schiffen (siehe die drei wei 
teren Bilder Seite 331 und 
das Bild auf dieser Seite) 
übergegangen. Das größte 
Eisenbetonschiff ist in den 
Jahren 1917/18 (von Ende 
August bis Anfang März) in 
der Nähe von San Franzisko nach den Plänen von Alan 
Mac Donald und Kahn gebaut worden. Es ist im März 1918 
mit sehr gutem Erfolg vom Stapel gelaufen und hat während 
einer fünftägigen Reise bei stürmischem Wetter glänzende 
Eigenschaften gezeigt. Das Schiff ist 102,50 Meter lang, 
13,70 Meter breit und bis zum Oberdeck 9,50 Meter 
hoch. Die Wasserverdrängung beträgt 5000 Tonnen, 
die Ladefähigkeit bei einer Eintauchung von 8,30 Meter 
5000 Tonnen. Das Schiff hat eine Dreizylinder-Erpan- 
sionsmaschine von 1750 Pferdestärken, mit der eine Ge 
schwindigkeit von 10 Knoten erreicht wird. Die Haut ist 
etwa 15 Zentimeter dick, wobei — nach Zeitungsangaben — 
die Bewehrungsweisen miteinander verschweißt werden, 
eine Bauweise, die von Marelle in Marseille erdacht worden 
ist. Eigentümlich ist, daß das Gewicht der Haut gerinqer 
ist als das Gewicht eines hölzernen Schiffes von derselben 
Ladefähigkeit, so daß der Oberingenieur A. A. Boon mit 
seiner Vermutung, daß bei größeren Eisenbetonschifsen 
das Eigengewicht gegen das hölzerner und eiserner Schiffe 
nicht schlecht abschneiden werde, der Wahrheit schon sehr 
nahe zu kommen scheint. Sonst bestehen die Hauptnach 
teile der Anwendung des Betons beim Schiffbau in dem 
größeren Gewicht imd dem damit verbundenen größeren 
Das amerikanische Eisenbeton schiff „Faith" im Bau.
	        
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