Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
Stützpunkte ober auf versteckte Minenwerfer- und Ma 
schinengewehransammlung beziehen, die von der Artillerie 
wegen der Nähe der eigenen Stellung oder aus anderen, 
hier nicht zu erörternden Gründen nicht ausgiebig genug 
beschossen werden können. 
Im allgemeinen werden beide Parteien den Minierkrieg 
nur als letztes Mittel nehmen; sie werden ihn nach Möglich 
keit in stillem Übereinkommen vollkommen ausschalten. 
Denn jeder weih, daß seine Miniertätigkeit dem Feinde 
nicht lange verborgen bleibt, daß sie ihn zwingt, zur Sicherung 
denselben Krieg zu führen, und daß die moralische Ein 
wirkung auf die beiderseitige erste Grabenbesatzung nieder 
schlagend ist, weil sie gewissermaßen auf einem Pulverfaß 
lebt. Der zur taktischen und strategischen Wirkung berechtigte 
Minierkrieg kann leicht in ein sinnloses, nervenzerrüttendes 
Unterwühlen ausarten, der auf Freund und Feind gleich 
schädigend wirkt. Wer einen Minierkrieg beginnt, muß sich 
vollkommen darüber klar sein, daß er eine schwere Verant- 
Stickstoff aus den Stollenschläuchen herausgepumpt und 
neue Luft zugeführt wird. 
Im Minenvorhaus nimmt die eigentliche Miniertätigkeit 
mit dem Vortreiben eines wagerechten Sicherungstollens 
gegen den Feind ihren Anfang. Ein SicherungstoUen, der 
sich etwa unter der Mitte des Niemandslandes schräg feind- 
wärts verzweigt, hat, wie schon der Name andeutet, zum 
Zweck, den eigentlichen Sprengstollen zu sichern und über 
das Heranarbeiten des Feindes an die eigene Stellungslinie 
aufzuklären. Seine Ausläufe, die oft schon unmittelbar 
unter dem ersten feindlichen Graben liegen, sind Tag und 
Nacht mit Horchposten besetzt, die das Pickeln und Schaufeln 
der gegnerischen Mineure zu beobachten und sich ein Bild 
vom Verlauf der feindlichen Stollen zu verschaffen haben. 
Unterdessen ist im Minenvorhause ein lotrechter „Senk 
schacht" im Bau, dessen Tiefe sich ganz nach den Meldungen 
der Horchposten im Sicherungstollen und nach der beabsich 
tigten Sprengwirkung richtet. Je tiefer die spätere Spreng- 
Phot. A. Groß, Berlin. 
Von der Westfront heimkehrende deutsche Truppen in einer Stadt des besetzten Gebiets, die zum Empfang der nachrückenden Verbandstruppen 
festlich beflaggt ist. 
wortung seinen eigenen Soldaten gegenüber auf sich nimmt, 
so verlockend es auch ist, den Anfang zu machen und sich 
somit von vornherein eine bestimmte Bewegungsfreiheit zu 
verschaffen. 
Wie geht nun ein Stollenba« vor sich? 
Während oben über das Niemandsland die Gewehr 
kugeln surren, die Granaten heulen, die Minen summen, 
setzen die Pioniere im Kampfgraben, der über mannstief 
ist, den ersten mannshohen Holzrahmen im Erdreich feind- 
wärts, achten darauf, daß schon diese Deckung gewach 
senen Bodens einem leichten Einschutz widerstehen kann, 
und gehen dann stufenweise in die Erde. In einer Tiefe, 
die auch Deckung gegen Granaten schweren Kalibers ge 
währleistet, biegen sie einige Meter seitwärts _mrt und 
schaffen sich das Minenvorhaus, dem sie als Sicherung 
gegen Verschüttungsgefahr durch Volltreffer gewöhnlich 
einen zweiten Ausgang zum Kampfgraben geben. 
Das Minenvorhaus dient den abgelösten Mannschaften 
als Aufenthaltsraum; hier findet auch die Entlüftungs 
maschine Aufstellung, durch die der sich rasch ansammelnde 
ladung liegt, um so wirkungsvoller wird die Sprengung 
ausfallen; natürlich spricht dabei auch der Stand des Erund- 
wassers mit. Man wird stets versuchen, das eigene Stollen- 
system unter das des Feindes zu legen; so können Wnz 
unerhörte Tiefen der Senkschächte vorkommen, im „Laby 
rinth" war beispielsweise eine Tiefe von dreifacher Haushöhe 
der Durchschnitt. Es ist selbstverständlich, datz Senkschacht 
wie Minierstollen nur den zum Ausbau unbedingt not 
wendigen Querschnitt haben, datz „vor Ort", das heitzt 
im Senkschacht auf dem Boden, im Stollen am Hirn, nur 
immer ein Pionier arbeiten kann. Der Ausschlag wird in 
Eimern oder Säcken hochgetragen oder hochgewunden und 
in Fördergräben, das heitzt für diese Zwecke besonders aus 
geschachtete Stellungsteile, in Tag geschüttet. 
Hat der Senkschacht die errechnete Tiefe, dann wird 
von seinem Boden aus der eigentliche Sprengstollen feind- 
wärts vorgetrieben; die Richtung gibt der Kompatz. Wochen 
lang wird nun vorwärts gearbeitet. Zur Unterstützung der 
Horchposten im Sicherungsgraben werden auch hier unten 
in Stundenabständen Horchpausen eingefügt. Dann ruht die
	        
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