Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
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sterium Hussarek (siehe Bild Seite 263) und vertraute sich 
ganz dem Wiener Völkerrecktslehrer Hofrat Professor Dr. 
Lammasch (siehe Bild Seite 298) an, den er als Minister 
präsidenten an die Spitze eines „Liguidationsministeriums" 
stellte, das die Donaumonarchie auflösen und neu ordnen 
sollte. Lammasch war ein entschiedener 
Gegner des Bündnisses mit Deutschland. 
Rasch folgte daher der offene Abfall 
von Deutschland, der durch die Ver 
öffentlichung der Antwort Österreich- 
Ungarns vom 28. Oktober auf die Wil- 
sonsche Note vom 18. Oktober bekannt 
wurde. Um einen glimpflichen Frieden 
zu bekommen, liest die Doppclmon- 
archie das Deutsche Reich im Stich und 
suchte einen Sonderfrieden zu erlangen. 
Die Regierung nahm sämtliche Bedin 
gungen Wilsons an und erklärte sich be 
reit, „ohne das Ergebnis anderer Ver 
handlungen abzuwarten, in Verhand 
lungen über einen Frieden zwischen 
Österreich-Ungarn und den gegnerischen 
Staaten und über einen sofortigen 
Waffenstillstand an allen Fronten Öster 
reich-Ungarns einzutreten". Die Wen 
dung „ohne das Ergebnis anderer Ver 
handlungen abzuwarten" wurde dem 
Kaiser Karl zum Verhängnis. In Deutsch- 
Österreich erhob sich ein Sturm der Ent 
rüstung, weil der Abfall vondem treuen 
deutschen Bundesgenossen, dem allein 
man die Abwehr des italienischen, ser 
bischen, rumänischen und russischen Fein 
des von der Heimat verdankte, als 
Schmach empfunden wurde. 
Der neue Minister des Äußeren, 
Graf Andrassy (siehe Bild Seite 298), 
galt als Deutschenfreund, da er sich im 
mer zu der Ansicht bekannt hatte, daß 
die natürlichen Verbündeten der Ma 
gyaren die Deutschen in Österreich seien- 
Wenn er trotzdem die Kapitulationsnote 
an Wilson unterzeichnete und ähnliche 
Friedensbitten an sämtliche Gegner rich 
tete, so geschah das nach seinem eigenen 
Eingeständnis nur zur Verhütung von 
Schlimmerem, das im Ministerium 
Lammasch mit Billigung des Kaisers 
Karl beschlossen worden war. Dennoch 
ist ihm als schwere Schuld anzurechnen, 
daß er sich zum Treubruch gegen 
Deutschland verstand, ohne die militä 
rische und politische Leitung des Bun 
desgenossen von dieser Absicht rechtzeitig 
zu verständigen und ihr die Möglichkeit 
zur Vorbereitung der dadurch erforder 
lich werdenden politischen und militä 
rischen Maßnahmen zu geben. 
Die dem österreichischen Kaiser bis 
her am treuesten ergebenen Staatsbür 
ger, die Deutschösterreicher, wandten 
sich von ihm ab und beschlossen die Ent 
sendung eines eigenen ständigen Ver 
treters nach Berlin zur Wahrnehmung 
der Interessen des Deutschösterreichi 
schen Staates, der sich unter der Lei 
tung eines Vollzugsausschusses der 
Nationalversammlung, die am 20. Ok 
tober die Neuordnung des Staatswcsens 
übernahm, gebildet hatte. Der Voll 
zugsausschuß legte der Nationalver 
sammlung einen Versassungsentwurf 
vor, der unter eifrigster Mitarbeit aller 
politischen Parteien einschließlich der 
Sozialdemokratie entstanden war. Der 
Entwurf übertrug die oberste und die 
gesetzgebende Gewalt in die Hand der 
Nationalversammlung. Er fand am 
30. Oktober in der vorläufigen Natio 
nalversammlung Annahme, und der 
Deutschösterreichische Staat wurde ausgerufen. Die Regie 
rung Lammasch-Andrassy war für Deutsch-Österreich 
ledigt und machte einer Nationalregierung^" 
der Sozialdemokrat Viktor Adler 
Nach einer Orlgrnalzeich- 
nung von Erich Mattichatz 
er- 
Platz, in der 
wv . (siehe Bild Seite 298) 
den Posten des Ministers des Auswärtigen erhielt. Als der
	        
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