Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
technische Formationen wurden aufgestellt und den ein 
zelnen Truppenteilen einverleibt. Bei diesem Zweige 
unseres Heeres ist viel gearbeitet, viel erdacht worden, im 
stillen und entzogen dem Blick der Öffentlichkeit und dem 
Beifall des deutschen Volkes. Dazu gehören nicht zuletzt 
unsere braven Unterwasserschneid-Abteilungen. 
In aller Stille gehen die Unterwasserschneider ihrem 
schweren, aufopferungsvollen Beruf nach. Überall dort, 
wo der Feind auf seinen Rückzügen die Brücken zerstörte — 
wo es galt, an Stelle der zerstörten Brücken neue zu 
schlagen, da traten sie zunächst in Tätigkeit, um den nach 
folgenden Brückenbauern den Weg zu bahnen, das Gewirr 
der verbogenen Pfeiler, Streben, Träger, Verbindungs 
stücke und Schienen zu beseitigen. 
Sie bedienen sich dabei der modernsten technischen Hilfs 
mittel für derartige Arbeiten, der Schneidbrenner, über die 
wir bereits im 3. Bande Seite 20 kurz berichteten. Mit 
diesen zerschneiden sie die noch zusammenhängenden Teile 
des eisernen Bauwerkes zu 
Brocken, die mittels Krans 
oder Winde leicht transpor 
tierbar sind. Schneidabtei 
lungen könnte man sie deshalb 
nennen. Da jedoch das Zer 
schneiden der gesprengten 
Brücken oft, wenn die Zeit 
drängt und in der Eile die 
erforderlichen Dampframmen 
zum Einrammen der Pfähle 
für eine Arbeitsbühne und die 
außerdem erforderlichen 
Kräne und Winden nicht her 
beigeschafft werden können, 
auch unter Wasser vorgenom 
men werden must» so hat man 
die Formation „Unterwasser- 
schneid-Abteilungen"genannt. 
Der Schneidbrenner ist 
ein leicht handlicher Apparat, 
den man etwa wie einen Löt 
kolben handhaben kann. Wie 
dieser hat er einen eisernen 
Stiel, der etwa armlang ist, 
und an dem vorn im rechten 
Winkel eine Düse angebracht 
ist. Am Stiel entlang führen 
zwei dünne Röhrchen, in de 
nen der Düse Sauerstoff und 
Wasserstoff zugeführt werden. 
In der Düse werden beide 
Gase miteinander vermengt 
und bilden ein neues Gas 
gemisch: das Knallgas. Die 
ses Knallgas ist ein hoch- 
erplosibles Gas, das bei 
seiner Verbrennung eine so 
heiße Stichflamme erzeugt, daß der härteste Stahl wie 
Butter in der Sonne schmilzt. Da der zum Betrieb des 
Schneidbrenners erforderliche Wasserstoff und Sauerstoff 
in Stahlflaschen unter hohem Druck aufgespeichert ist, so 
tritt das Gasgemisch, das Knallgas, mit ungeheurer Ge 
schwindigkeit aus der Düse. Es bildet daher nur einen ganz 
schmalen Flammenkegel. Der Wärmegrad dieser Stich 
flamme ist so groß, daß die von ihr getroffenen Eisenteile 
sofort zu schmelzen beginnen. Dieser Schmelzvorgang 
spielt sich so rasch ab, daß die umliegenden Partien gar nicht 
Zeit genug haben — obwohl Eisen irrt allgemeinen ein 
guter Wärmeleiter ist — sich ebenfalls zu erhitzen. Während 
an der von der Stichflamme getroffenen Stelle das Eisen 
schmilzt und in dicken Tropfen abträufelt, werden die einige 
Millimeter davon liegenden Schichten noch nicht einmal 
zum Glühen gebracht. 
Ist an sich das Schneidverfahren auch recht einfach, so 
erfordert das Zerschneiden einer gesprengten Brücke, be 
sonders wenn es sich um ein großes Bauwerk handelt, 
sehr große praktische Erfahrungen. Damit keine schweren 
Unglückssälle eintreten, heißt es mit aller Vorsicht zu Werke 
gehen und die einzelnen Teile des Bauwerkes nach sorg 
fältigster Überlegung voneinander trennen. An dieser 
Stelle möge erwähnt sein, daß die Bedienungsmannschaften 
zum Schutz gegen die umherfliegenden glühenden Eisenspäne 
und -splitter eine Lederschürze vorgebunden haben und an 
den Händen Asbest- oder Gummihandschuhe tragen. Die 
Artgen werden durch eine besondere Brille geschützt. 
Zunächst gilt es, eine feste Arbeitsbühne zu schaffen, 
auf der Winden und Kräne zum Abheben der losgetrennten 
Teile und zum Hochwinden des gesamten Bauwerkes auf 
gestellt werden können. Man entschließt sich nur ausnahms 
weise zum Unterwasserschneiden, da diese zeitraubende und 
kostspielige Arbeit nur von Tauchern ausgeführt werden 
kann. Das im Wasser liegende Bauwerk wird mit Hilfe 
kräftiger Gewindespindeln, die von den Arbeitsbühnen ins 
Wasser hinabhängen und in entsprechender Weise mit dem 
Brückenteil verbunden sind, aus dem Wasser emporgeschraubt. 
Alsdann wird von den gehobenen Brückentrümmern Stück 
um Stück losgetrennt und geborgen. In langwieriger Ar 
beit, die oft je nach Größe der Brücke Wochen und Monate 
in Anspruch nimmt, werden auf diese Art und Weise die 
vielen tausend Zentner Ma 
terial hinweggeräumt, die der 
Feind erst kunstvoll zu einer 
Brücke zusammenfügte und 
dann in wenigen Sekunden 
zerstörte, um des Gegners 
Vormarsch für eine kurze Zeit 
aufzuhalten. Da die Brücken 
aus gutem, zähem Stahl be 
stehen, der sich ganz vorzüg 
lich zur Eeschoßherstellung 
eignet, so werden die losge 
schnittenen Teile auf dem 
Wasser- oder Schienenwege 
der Heimat zugeführt, um nach 
einiger Zeit vielleicht densel 
ben Weg wieder in Feindes 
land zu nehmen. — Weniger 
einfach als das Schneiden über 
Wasser gestaltet sich das Unter 
wasserschneiden, da es, wie 
erwähnt, nur durch Taucher 
ausgeführt werden kann. Ein 
Taucher benötigt zu seiner Be 
dienung, auch wenn er mit 
einem Atmungsapparat unter 
Wasser ausgerüstet ist und ihm 
keine Luft zugepumpt wird, 
zwei oder drei Mann. Außer 
dem wird er immer etwas durch 
den Taucheranzug am freien 
Arbeiten gehindert. Ferner ist 
es in größeren Wassertiefen so 
dunkel, daß der Taucher auf 
elektrisches Licht angewiesen 
ist. Auch sonst werden die Ar 
beiten unter Wasser erschwert. 
Man nimmt nur im Notfall 
zum Unterwasserschneiden seine Zuflucht. FürdiesenZweckhat 
man besondere Schneidbrenner hergestellt, mitdenen man auch 
unter Wasser Stahl und Eisen mühelos durchschneiden kann. 
Ehrentafel. 
Bezwingung eines englischen Tanks. 
Unteroffizier Karl Bartnitzke, geboren 1897 zu Bres 
lau, der seit Dezember 1914 ununterbrochen im Felde 
steht und bereits für hervorragende Tapferkeit mit dem 
Eisernen Kreuz 1. und 2. Klasse ausgezeichnet wurde, hat 
sich erneut am 21 März 1918 hervorgetan. Bei einem 
feindlichen Gegenangriff, der von Tanken begleitet war» 
sprang Bartnitzke ohne Befehl aus dem Graben, unterlief 
einen heranfahrenden Tank und lief neben ihm her, bis 
eine der Schießscharten des Panzerwagens geöffnet wurde. 
Bartnitzke steckte dann sein Gewehr in die Öffnung, schoß 
mehrmals in den Tank, tötete einen Mann der Besatzung 
und verwundete zwei. Der Tank kam zum Stehen, und 
Bartnitzke holte aus ihm noch einen Offizier und drei Mann 
heraus. Durch diese hervorragend mutige Tat begeisterte 
Bartnitzke seine Kameraden aufs neue derart, daß der 
englische Angriff abgeschlagen und die mühevoll erkämpfte 
Stellung gehalten wurde. 
Dräger-Taucher arbeitet mit Unterwasser-Schneidbrenner.
	        
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