Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

Die Geschichte des Weltkrieges 1914/18 
(Fortsetzung.) 
Die für Deutschland wesentlich günstigere Wendung der 
Kriegsereignisse an der Westfront bildete eine gute Unter 
stützung der letzten Note, die die deutsche Regierung zur 
Herbeiführung eines Waffenstillstandes mit anschließenden 
Friedensverhandlungen an den Präsidenten Wilson ge 
richtet hatte. Die Festigung des Widerstandes der Deut 
schen tonnten auch die Amerikaner nicht hindern, die un 
geheure Menschenopfer brachten, um ihre Vormachtstellung 
in Europa zu sichern. Bis Ende Oktober hatten sie wenigstens 
2 300 000 Mann nach Frankreich geschickt, und neue Trans 
porte brachten täglich weitere Tausende über den Atlanti 
schen Ozean. Wilson ließ schon am 23. Oktober mit folgen 
der Note antworten: 
„Nachdem der Präsident der Vereinigten Staaten die 
feierliche und ausdrückliche Versicherung der deutschen Re 
gierung erhalten hat, daß sie die Friedensbedingungen in 
seiner Ansprache an den Kongreß der Vereinigten Staaten 
vom 8. Januar 1918 und die Grundlagen der Friedens 
ordnung in seinen späteren Ansprachen, insbesondere der 
vom 27. September, rückhaltlos annimmt, und daß sie in 
Erörterungen über die Einzelheiten ihrer Anwendung 
einzutreten wünscht, ferner daß dieser Wunsch und diese 
Absicht nicht von denen ausgehen, die bisher die deutsche 
Politik diktiert und den gegenwärtigen Krieg für Deutsch 
land geführt haben, sondern von Ministern, die für die Reichs 
tagsmehrheit und eine überwältigende Mehrheit des deut 
schen Volkes sprechen, und nachdem er ebenfalls das aus 
drückliche Versprechen der gegenwärtigen deutschen Regie 
rung erhalten hat, daß die deutschen Land- und Seestreit- 
kräfte die humanen Gesetze einer zivilisierten Kriegführung 
beobachten wer 
den , glaubt der 
Präsident der Ver 
einigten Staaten, 
es nicht ablehnen 
zu können, mit den 
Regierungen, mit 
denen die Regie 
rung der Vereinig 
ten Staaten ver 
bündet ist, die 
Frage eines Waf 
fenstillstandes auf 
zunehmen. 
Er hält es aber 
gleichwohlfür seine 
Pflicht, zu wieder 
holen, daß der ein 
zige Waffenstill 
stand, den er sich 
berechtigt fühlen 
würde der Erwä 
gung zu unterbrei 
ten, nur ein solcher 
sein könnte, der die 
Vereinigten Staa 
ten und die mit 
ihnen verbündeten 
Mächte in einer 
Lage ließe» um jede zu treffende Vereinbarung zu er 
zwingen und eine Erneuerung der Feindseligkeiten Deutsch 
lands unmöglich zu machen. Der Präsident hat des 
halb seinen Notenwechsel mit den gegenwärtigen deut 
schen leitenden Stellen den Regierungen, mit denen die 
Negierung der Vereinigten Staaten als kriegführende 
Macht verbunden ist, übermittelt, mit dem Anheimstellen, 
falls diese Regierungen geneigt sind, den Frieden zu den 
angegebenen Bedingungen und Grundsätzen herbeizu 
führen» ihre militärischen Ratgeber und die der Vereinigten 
Staaten zu ersuchen, den gegen Deutschland verbundenen 
Regierungen die nötigen Bedingungen eines Waffenstill 
standes zu unterbreiten, der die Interessen der beteiligten 
Völker (peopls involved) in vollem Maße wahrt und den 
verbundenen Regierungen die unbeschränkte Macht sichert, 
die Einzelheiten des von der deutschen Regierung angenom- 
IX. Band. ' 
menen Friedens zu gewährleisten und zu erzwingen, wofern 
sie einen solchen Waffenstillstand vom militärischen Stand 
punkt für möglich halten. Sollten solche Waffenstillstands 
verhandlungen vorgeschlagen werden» so wird ihre Annahme 
durch Deutschland den besten und bündigsten Beweis dafür 
liefern, daß es die Grundbedingungen und Grundsätze der 
ganzen Friedensaktion unzweideutig annimmt. 
Der Präsident würde sich einen Mangel an Aufrichtig 
keit vorwerfen (would deem lacking in candour), wenn er 
nicht so freimütig wie möglich den Grund angäbe, weshalb 
außerordentliche" Sicherheiten verlangt werden müssen. 
So bedeutungsvoll und wichtig auch die Verfassungs 
änderungen zu sein scheinen» von denen der deutsche Staats 
sekretär des Auswärtigen Amts in seiner Note vom 20. Ok 
tober spricht, so geht daraus doch nicht hervor, daß der Grund 
satz einer dem deutschen Volke verantwortlichen Regierung 
bereits völlig durchgeführt (worked out) ist und daß irgend 
welche Bürgschaften dafür vorhanden sind oder erwogen 
werden (aro in contemplation), daß die jetzt teilweise ver 
einbarte grundsätzliche und praktische Reform von Dauer 
sein wird. 
Überdies hat es nicht den Anschein, als ob der Kernpunkt 
(heart) der gegenwärtigen Schwierigkeit erreicht ist. Künftige 
Kriege sind sttzt vielleicht der Entscheidung des deutschen 
Volkes unterworfen» aber der gegenwärtige ist es nicht ge 
wesen, und mit dem gegenwärtigen haben wir es gerade zu 
tun. Es liegt auf der Hand, daß das deutsche Volk keine 
Mittel hat, die Unterwerfung der Militärbehörden des 
Reichs unter den Volkswillen zu erzwingen, daß der be 
herrschende Einfluß des Königs von Preußen auf Reichspoli 
tik ungeschwächt 
ist, daß die ent 
scheidende Initia 
tive noch immer 
bei denen liegt, die 
bis jetzt die Herren 
von Deutschland 
gewesen sind. In 
der Überzeugung, 
daß der ganze 
Weltfriede jetzt von 
offener Sprache 
und aufrichtigem 
Handeln abhängt, 
hält es der Präsi 
dent , ohne alle 
Versuche das, was 
schroff klingt, zu 
mildern, für seine 
Pflicht, auszu- 
sprechen, daß die 
Völker der Welt 
kein Vertrauen in 
die Worte derjeni 
gen setzen und 
setzen können, die 
bisher die Herren 
der deutschen Poli 
tik gewesen sind» 
und zu wiederholen, daß beim Friedenschluß und bei dem 
Unternehmen, die unendlichen Gewalttaten und Ungerech 
tigkeiten dieses Krieges wieder gutzumachen, die Regierung 
der Vereinigten Staaten einzig und allein mit den wirk 
lichen (vsrikabls) Vertretern des deutschen Volkes ver 
handeln kann, die in ihrer echten (gsnuino) verfassungs 
mäßigen Stellung als die wahren (real) Beherrscher Deutsch 
lands sichergestellt sind. Wenn sie jetzt mit den militärischen 
Gebietern und monarchischen Autokraten verhandeln soll» 
oder wenn es wahrscheinlich ist, daß sie später mit ihnen 
über die völkerrechtlichen Verpflichtungen des Deutschen 
Reiches zu verhandeln haben würde, so muß sie nicht 
Friedensverhandlungen, sondern Übergabe verlangen. Es 
kann nichts dadurch gewonnen werden, wenn diese wesent 
liche Sache unausgesprochen bleibt." 
Wenn diese Note auch entgegenkommender anmutete 
83 
Schweres deutsches Maschinengewehr im Vorfeld.
	        
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