Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
läge zugunsten der Verbandsheere und die Vertreibung der 
Deutschen aus Belgien und Frankreich bezweckt wurde. 
Fach beabsichtigte zur Erreichung seines Zieles wieder 
einen großzügigen Flankenangriff. Wenn auch durch die 
Maßnahmen der deutschen Heeresleitung die während der 
Zeit der deutschen Offensive entstandenen westlichen Aus 
buchtungen der deutschen Front wieder ausgeglichen waren, 
so daß sich der Gegner überall zu Frontangriffen gezwungen 
sah, so bildete die deutsche GZamtfront doch immer noch 
einen riesigen Bogen, der von der lothringischen Front weit 
nach Westen vorsprang, in der Champagne, an der Laffaur- 
ecke, seinen höchsten Punkt erreichte und dann nach Norden 
bis «zur Küste wieder etwas abfiel (siehe die Kartenskizze 
Seite 162). Die deutsche Gesamtstellung in Frankreich bot 
also Gelegenheit zu einem Flankenangriff im großen, wenn 
der Feind über genügend Mittel verfügte. Es handelte sich 
hier allerdings um eine Kampfhandlung, die sich über 
mehrere hundert Kilometer erstrecken mußte, wenn sie Aus 
sicht auf Erfolg haben sollte. Diese Voraussetzung ent 
sprach aber der Fochschen Kriegführung; Foch liebte, im 
Gegensatz zu seinen englischen und französischen Vorgängern 
statt der Tiefenwirkung die Breitenwirkung. Hatten jene 
durch tief gestaffelte Massenstöße ein Loch in die deutsche - 
Front zu stoßen versucht, das ihnen an verhältnismäßig 
schmaler Stelle eine Möglichkeit zur Aufrollung der deut 
schen Linien nach zwei Seiten bieten sollte, so arbeitete 
Foch auf möglichst breiten Fronten, um sie aufzulockern, 
in Bewegung zu bringen und durch geschickte Manöver 
den Gegner zur eiligen Preisgabe von Gelände zu ver 
anlassen oder ihn in gefährlicher Verstrickung zu binden. 
Damit folgte er völlig den strategischen Gedankengängen 
hervorragender deutscher Führer, die sich im Osten und 
noch 1918 auch im Westen außerordentlich bewährt hatten. 
Zu dem neuen Vorhaben war der Vorstoß gegen Saint 
Mihiel die Einleitung gewesen. Dieser Schlag trug durchaus 
vorbereitenden Charakter. Der deutsche Stellungsvor 
sprung von St. Mihiel mußte erst genommen werden, ehe 
hier im Süden der große Flankenangriff angesetzt werden 
konnte. Nun hatte Foch von dem Angriff auf den Bogen 
von St. Mihiel weit mehr als nur seine Glättung erhofft; 
er sollte vernichtende Wirkung haben und zugleich den Ab 
stieg von der Löte Lorraine in die Woövre-Ebene ermög 
lichen (siehe Bild Seite 193). Trotz dem Einbruch der 
Amerikaner bei Thiaucourt konnte diese Absicht der feind 
lichen Heeresleitung nicht in die Wirklichkeit umgesetzt 
werden. Der Druck auf diesen Stellungsraum verstärkte 
sich nach Mitte September aber ständig, wenn auch der 
Feind zunächst nur in örtlichen Stößen den Hauptschlag 
weiter vorbereitete. Der ganze Raum zwischen Toul und 
Verdun und namentlich auch die weitere Umgebung von 
Verdun, das als Ausfallstellung in Frage kam, geriet in 
ständig wachsende Unruhe. Auf beiden Seiten herrschte 
hinter den Fronten eine fieberhafte Tätigkeit; scharfe Ge 
schütz- und Luftkämpfe wechselten miteinander ab. 
Am 15. September hallte nicht nur die neue Kampffront 
von der Löte Lorraine bis an die Mosel von dem Donner der 
Artillerie schlacht wider, sondern der Feind schoß auch Gra 
naten aus Fernfeuergeschützen in die deutsche FZtung Metz 
und entfesselte einen hartnäckigen Luftkampf über düsem 
Gebiete. Deutsche Flieger entdeckten aber die feuernde Bat 
terie sehr bald, worauf sie durch Fliegerbomben und Artillerie 
feuer zur Einstellung der Beschießung gezwungen wurde. 
Bei den heftigen Jnfanteriegefechten an der Front der 
Heeresgruppe Gallwitz in der Zeit vom 15. bis zum 20. Sep 
tember waren die Deutschen ebensooft im Angriff wie in 
der Verteidigung. Zahlreiche deutsche Erkundungsunter 
nehmungen kosteten den Gegnern empfindliche Einbußen 
an Gefangenen (siehe die Bilder Seite 199) und Gerät. 
Größere Bedeutung als den Anstrengungen der Feinde in 
der Richtung auf Metz kam ihren vorbereitenden Handlungen 
im Raume um Verdun zu. Von hier aus wollte Foch die 
deutschen Linien angehen, um die deutschen Verbindungen 
nach dem weiten östlichen Frontbogen 
abzuschneiden und die ganzen deutschen 
Stellungen nördlich von der Verdun 
front ins Wanken zu bringen. Glückte 
dieser Plan auch nur annähernd, ge 
wannen die Franzosen nordwärts und 
nordwestwärts von Verdun erheblich 
Raum, dann mußte ihnen der größte 
Teil des von den Deutschen besetzten 
französischen Kampfgebietes und Bel 
giens gewissermaßen als reife Frucht 
zufallen. Zwischen Cambrai und St. 
Quentin führten die Feinde um Mitte 
September eigentlich schon den Haupt 
angriff auf das nördliche Kernstück der 
deutschen Flanken, der sich am 18. Sep 
tember zu einer großen Schlacht um 
die Siegfriedstellungen in dem ge 
nannten Raum entwickelte. Westlich 
von Cambrai und St. Quentin standen 
die deutschen Vorhuten immer noch 
gegen sieben Kilometer westlich von 
der eigentlichen deutschen Hauptver 
teidigungslinie. Sie zwangen den Feind 
hier zur Anlage neuer Stellungen, 
weil sie selbst die englischen und fran 
zösischen Gräben besetzt hielten, die 
ursprünglich als Ausgangslinien für 
den Angriff auf die deutschen Hinden- 
burgstellungen bestimmt gewesen wa 
ren. Mangels guter Deckungen be 
fanden sich die Feinde in einer üblen Lage, weshalb 
sie mit aller Macht vorwärts zu kommen suchten. Am 
15. September verdoppelten sie gegen Havrincourt und 
Epchy, wo an den vorausgegangenen Tagen englische 
Angriffe mehrfach blutig gescheitert waren, ihre Anstren 
gungen; gewaltige Artillerievorbereitung und heftige Te ilstöße 
sollten die Grundlagen für den Hauptangriff am 18. Sep 
tember schaffen. Die Heeresgruppe Boehn und Teile der 
Heeresgruppe des bayrischen Kronprinzen mußten wieder die 
kräftigsten Durchbruchsversuche abwehren, wobei die Ma 
schinengewehrabteilungen (siehe die Bilder Seite 195) eine 
besonders erfolgreiche Tätigkeit entfalteten. Auf 35 Kilo 
meter breiter Front stießen mindestens 15 englische und fran 
zösische Divisionen vor. Havrincourt, Eouzeaucourt, Ep«hy, 
Ronssoy, Bellicourt, Bellenglise und der Raum unmittelbar 
westlich von St. Quentin standen unter stärkstem Druck. Immer 
wieder stießen Bataillone nach schweren Artillerieüberfällen 
gegen die genannten Dörfer vor; Australier und aus Far 
bigen gebildete Regimenter fochten tapfer,, doch auch die 
Deutschen, hauptsächlich Ostpreußen und Elsaß-Lothringer, be 
wiesen ungebrochene Kampfkraft. Nur an wenigen Stellen 
schob der Feind seine Linien vor; im großen und ganzen 
betrachtet, erfuhr er eine schwere Niederlage. Die Wieder 
holung einheitlicher Angriffe nach erbitterten Teilkämpfen 
brachte ihm dank dem Widerstand bayrischer Regimenter 
Und preußischer Jäger auch am 19. September, an dem 
Phot. Max Wipperling, Elberfeld. 
Deutsche Stellung zwischen den Trümmern eines Eisenbahnzuges.
	        
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