Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
sammenarbeit von Mann und Frau konnte nur feiner Takt 
beiderseits die Brücke zu fruchtbarer Arbeit bilden. Denn 
in Gesetz und Sitte waren die ganz neuen Einrichtungen 
nicht vorgesehen» und auch militärische Genauigkeit konnte 
den tausendfältigen Anforderungen gegenseitiger Hilfe 
keine Richtlinien 
vorschreiben. 
Hilflos sah sich 
der ganze Stand 
der freien Berufe, 
seines Erwerbs be 
raubt, plötzlich dein 
Hunger gegenüber. 
Der Nationale 
Frauendienst or 
ganisierte deshalb 
ohne Zögern die 
Mittelstands 
küchen, die auch 
von solchen Per 
sonen benutzt wur 
den, denen von 
ihren Vereinen 
Freikarten gewährt 
wurden. 
Bei Beteili 
gung der vermö 
genden Frau an 
dieser Arbeit bot 
sich für sie eine 
Fülle von Gelegen 
heiten, intaktvoller 
Weise wirkliche 
Hilfe zu leisten, sei 
es durch Vermittlung von Arbeitsmöglichkeit, von billiger 
Wohnung oder Kleidung für Flüchtlinge, sei es durch Zu 
spruch oder Rat. Die Vereine zur Unterstützung des durch 
den Krieg so stark ins Unglück geratenen Mittelstandes 
haben ganz besonders die Frauen zur Arbeit mit heran 
gezogen, deren Takt ihnen eine erfolgreiche, persönliche 
' Behandlung der Fälle gewährleistete. Freilich kamen 
in den Hilfskommissionen auch Entgleisungen bei dem 
Verkehr mit dem Volk vor. Die vornehme höhere 
Tochter rümpfte wohl ganz offensichtig die Nase über die 
neben ihr stehende Frau aus d.m Volke, bei der Seifen- 
mangel den Armeleutegeruch noch vermehrt hatte, ohne 
sich klar zu ma 
chen, wie sehr sie 
dadurch viele Um 
stehende verletzte. 
Anderseits konnte 
man aber von 
liebevoll Unter 
stützten erleben, 
daß sie sich wei 
gerten, den ihnen 
frei zur Verfügung 
gestellten Wohn- 
raum zu reinigen. 
Im Kriege gibt 
es keine Vorrechte 
für bestimmte 
Stände, nur für 
solche, die durch 
ihr Opfer persön 
lich Schaden litten 
oder sonst freiwil 
liger Hilfe von 
jedermann würdig 
sind. Viele waren 
betroffen, daß in 
den Straßenbah 
nen die Rücksicht 
nahme auf Ver 
wundete besonders 
Andacht Lm deutschen Soldatenheim in Brüssel. 
Nervosität begünstigt die Steigerung von Taktlosigkeiten 
von Personen, die sonst im Geschäftsinteresse oder in ab 
hängiger Stellung die höflichsten Menschen sind. Es ist 
deshalb milde Beurteilung am Platz, um einem unerträg 
lichen Zustand, dem Kleinkriege, vorzubeugen, der das 
L^ben in der Hei 
mat zu vergiften 
droht. 
Das Verständ 
nis für die Wurzel 
dieser Ausschrei 
tungen und ihre 
Einschätzung be 
deutet Takt. 
Es erwies sich 
leider als nötig, den 
allgemeinen per 
sönlichen Eigennutz 
der Menschen durch 
Krie gsmaßnahmen 
erst einzudämmen, 
aber noch immer 
begegnet man sol 
chen Leuten, die 
ohne Rücksicht auf 
andere persönlichen 
WerflußzurSchau 
tragen und da 
durch taktlos auf 
Minderbegüterte 
wirken; rät doch 
ein altes Sprich 
wort, daß der 
Reiche nicht in 
Gegenwart des Armen sein Geld zählen soll. 
Eine schwierige Aufgabe stellt der Verkehr mit den 
Gefangenen; er ist ganz eine Frage des Taktes. All 
gemeine Menschenfreundlichkeit darf die Grenze nicht 
überschreiten, die das nationale Bewußtsein augenblick 
lich scharf fordern muß. Sentimentalitäten sind jetzt 
nicht am Platze, wo es sich um unsere Feinde han 
delt, und doch sollen diese die Erinnerung an ein ge 
recht und vornehm denkendes Volk einst mit sich in die 
Heimat nehmen. — 
Der Kern und die Wurzel des Taktes, der sich als Schmuck 
jedes Lebens erweist, liegt im deutschen Wesen, weil 
er g u t ist. 
erbeten werden mußte, und doch wird dieser Ausruf viel 
leicht als ein Erziehungsmittel für unsere Jugend, über 
haupt Rücksichtnahme für Ältere und kranke Mitmenschen 
zu üben, weiter wirken. 
Die durch Nahrungs- und Kriegsverhältnisse geschaffene 
Ein grau 
samer Lager 
kommandant. 
Indem austra 
lischen Lager Por 
res Irland führte 
ein gewisser Major 
Hawks als Lager 
kommandant ein 
wahresSchreckens- 
regiment. Dieser 
wüste Geselle schoß 
mit dem Revolver 
auf einen deut 
schen Gefangenen, 
der ihn um eine 
Zigarette bat, tö 
tete dabei einen 
Unbeteiligten und 
verwundete einen 
anderen. Zwei Ge 
fangene, die einen 
Fluchtversuch 
machten, ließ er 
an Bäume binden 
Phot« Bild- und 
Im deutschen Soldatenheim in Beverloo. 
und durchpeitschen. Einige Gefangene hatten vom 
die Erlaubnis erhallen, sich von einem zerfallenen Schuppen 
Brennholz zu holen. Als andere, in dem Glauben, daß 
es sich um eine allgemeine Erlaubnis handle, ebenfalls 
von diesem Holz davontrugen, gab Hawks Befehl, sie mit
	        
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