Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16.
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Massen ihrer Hauptmacht
zu entziehen und in die
ganz außerhalb des Krieg
schauplatzes gelegenen
Ostkarpathen zu werfen.
Es handelte sich also
offenbar um kleinere
Gruppen, die für den
Ausgang des Feldzuges
ganz ohne Bedeutung
waren und nicht so sehr
militärischen als vielmehr
politischen Zielen dienen
sollten. Man wollte offen
bar durch diese Einfälle
die Bevölkerung Ungarns
beunruhigen. Daneben
suchte man vielleicht auch
Stoff für neue „Sieges
bulletins", wie sie von
russischer Seite seit Be
ginn des Krieges so oft
mit ebensowenig Berech
tigung ausgegeben wor
den sind wie anläßlich
dieser Einfülle in die
Karpathen, um auf diese
Weise die Neutralen irre
zuführen. Was zunächst
die Bevölkerung betraf,
so gelang deren Beun
ruhigung nicht im ge
ringsten. Daß die Ost
karpathen (vergl. hierzu
auch die Karte Seite 231)
keine unüberwindliche
Grenze für den in Ga
lizien operierenden Feind
bildeten, das wußte man
auch früher. Ebenso war
aber bekannt, daß alle
Vorkehrungen getroffen waren, um den feindlichen Angriff,
auch wenn er von dieser Richtung kam, mit vollem Erfolg
zurückzuweisen. Die Bevölkerung Ungarns bewahrte voll
kommene Kaltblütigkeit, und nirgends-befürchtete man,
Phot. E. Bieber, Hofphotograph, Berlin.
General Ludendorff.
daß es der russischen
Hauptmacht gelingen
werde, den Kriegschau
platz noch weiter nach
dem Innern in das Ge
biet der österreichisch
ungarischen Monarchie
zu verlegen. Daß Ruß
land keine starken Trup
pen von seiner in Gali
zien stehenden Haupt
macht entbehren konnte,
besonders aber nicht in
dem Augenblick, in dem
die verbündeten Heere
Österreich-Ungarns und
Deutschlands sich an an
derer Stelle zu einem
neuen Vorstoß vereinigt
hatten, lag auf der Hand.
Immerhin läßt sich be
greifen, daß einzelne
Teile der Bevölkerung
der nordöstlichen Komi-
tate Ungarns ihre Wohn
sitze verlassen hatten. Die
meisten Flüchtlinge be
kannten jedoch selbst, daß
sie weder feindliche Trup
pen gesehen, noch auch
nur Kanonendonner ge
hört hätten. Die Behör
den bemühten sich, die
Bevölkerung zum Blei
ben zu bewegen. Sie
konnten das mit ruhigem
Gewissen tun, da es von
vornherein feststand, daß
die Russen nicht über die
eigentlichen Grenzgebiete
hinaus in das Land ein
dringen würden. Auch die Behörden blieben allesamt an
ihrem Platze. Der beste Beweis dafür, daß man die Lage
von Anbeginn an ruhig beurteilte.
Ebensowenig machten die russischen Einfälle auf die
Phot. Robert Mohrmann, Lübeck.
General v. Morgen.
General v. Mackensen. 2h°t. Gmh-tt * Sehn, D°»,ig.