Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
Phyt. Kilophol. G. m. v. H, Wien. 
Rosa Zenoch, die Heldin von Rawaruska. 
rung und des Dankes ließ ihr der Kaiser Franz Joseph 
zurück, zugleich mit dem Versprechen, für ihre Zukunft zu 
sorgen. Und wenn man den Namen Rosa Zenoch auch im 
Laufe der Zeit vergessen sollte, des Heldenmädchens von 
Rawaruska wird man stets gedenken, wie des Mädch'ens 
von Spinges und der tapferen Lüneburgerin Johanna 
Stegen, die den Soldaten Dörnbergs im Jahre 1813 
Patronen zutrug. 
Ein Durchbruchsversuch der französischen 
Ostarmee. 
Von Dr. Colin Roß. 
(Hierzu das Bild Seite 377.) 
Das müssen früher doch schöne Zeiten gewesen sein, 
als die Schlacht noch mit Morgengrauen begann und mit 
der sinkenden Sonne endete. Da war ein großes Gefühl 
in eine kurze Zeitspanne gepreßt und überwältigend der 
Eindruck eines gewonnenen Sieges. 
Seit unserer Ankunft im Aufmarschgebiet sind wir nun 
in engster Fühlung nüt dem Feind. Und seit acht Tagen 
wütet die Schlacht, die bei Saarburg begann. Wir dringen 
siegreich vor und hören, daß es auf der ganzen Linie gut 
steht. Allein es ist ein zäher Feind, der uns gegenüberliegt. 
Und je weiter wir vordringen, desto unangenehmer macht 
sich der Forts- und Festungsgürtel bemerkbar. Es ist augen 
scheinlich, daß die Franzosen uns immer wieder frische 
Truppen entgegenwerfen, wohl auch schwerere Geschütze 
aus der Sperrfortslinie. Noch haben sie ihre Absicht nicht 
aufgegeben, ins Elsaß durchzubrechen, 
um ihre arg bedrängte Nordarmee zu 
entlasten. 
Es sind starke Kräfte, die die Fran 
zosen uns entgegenstellen, und ihre 
besten Truppen. Da wird nicht viel 
aus den Rasttagen, die uns die Heeres 
leitung zugedacht hat. Immer wieder 
heißt es, die Vorstöße und Gegen 
angriffe des geworfenen Feindes abzu 
wehren. Ein schwieriges Gelände, in 
den: wir uns halten müssen. Die 
weiten Wälder bieten gerade der fran 
zösischen Verteidigunostaktik mit ihren 
zeitweiligen Gegenstößen die besten 
Aussichten. Und stürmt unsere In 
fanterie, so klettern die Franzosen auf 
die Bäume und schießen von dort un 
sere Leute ab. 
Wir reiten durch herrlichen Buchen- 
und Eichenwald, aber sein Ausgang 
steht unter Feuer. Die Franzosen 
kennen hier im Vorgelände der Festung 
Epinal jede Entfernung und haben 
sich auf alle wichtigen Geländepunkte 
eingeschossen. Wie eine Sense mäht 
das französische Streufeuer den Wald 
rand ab. Trotzdem gelingt es, die 
Batterien in Stellung zu bringen. 
Allein kaum stehen sie, so faßt sie 
das feindliche Eranatfeuer mit einer 
Heftigkeit, daß die Bedienung sich eng 
an die Schutzschilde schmiegen muß. 
Die gegnerische Artillerie ist nicht 
zu entdecken. Flieger werden zu 
ihrer Erkundung ausgesandt. Doch 
auch sie bringen heute nur unbefrie 
digende Meldungen. Die Franzosen 
sind Meister in dem verdeckten Auf 
stellen ihrer Batterien. 
Eine ungemütliche Lage, wenn 
man dem Gegner so gar nicht an 
den Leib kann! Überdies fängt es 
an zu regnen, tröpfelnd erst, dann 
stärker und stärker, bis ein wahrer 
Wolkenbruch uns bis auf die Haut 
durchnäßt. Mit dem Einbruch der 
Nacht ist das Feuer verstummt. Wie 
nasse Schleier hängt es vor unseren 
Augen. Mit gesenkten Köpfen gehen 
die Pferde auf grundlosen Wegen. 
Irgendwo im Wald suchen wir uns unser Nachtquartier. 
Zu essen hat es heute nichts gegeben; Feuer dürfen wir uns 
nicht machen. Wir haben kein Stroh und keine Zelte. Von 
unten läuft das Wasser in unsere Kleider. Durch das 
Blätterdach plätschert der Regen im Takt auf die Ge 
sichter. — Und doch umfängt uns der Schlaf, wohltuend 
und Frieden bringend ... 
Während der Morgendämmerung wurden die Batterien 
vorgeholt. Auch der Regimentsstab ging vor und grub sich 
am Hang in einer Hecke eine Beobachtungsstelle. 
Es war dasselbe Spiel wie gestern, nur daß auch wir 
heute gut gedeckt und eingegraben waren. Mit einem 
riesigen Munitionsaufwand streuten die Franzosen den 
Wald und die Hänge ab. Unsere Hecke mußte ihnen be 
sonders verdächtig erscheinen; denn wir erhielten ver 
schiedene Male so dichtes Feuer, daß wir unser Scheren 
fernrohr einzogen und uns eng an die Wandung unseres 
kleinen Unterstandes drückten. 
Am Nachmittag überflog uns ein französischer Eindecker. 
Er flog so tief, daß man deutlich die Rosetten des nationalen 
Abzeichens erkennen konnte. Ohnmächtig zerplatzten neben 
ihm unsere Schrapnelle. Und gleich darauf machte er die 
gefürchtete Schwenkung, die der eigenen Artillerie anzeigt, 
wo der Gegner steht. 
Wir wußten, jetzt bekamen wir Feuer, kein Streufeuer, 
sondern gezieltes. Und es ließ nicht lange auf sich warten. 
Das Singen in den Lüften begann wieder. Mit der 
Zeit bekommt man eine solche Übung, daß man aus dein 
pfeifenden Laut der die Luft durchschneidenden Granaten 
Phot. Berliner Illustrations-Gesellschaft m. st. H. 
Aus Frankreich zurückgekehrte Deutsche begeben sich in die in Singen bereitgestellten 
Unterkunftsräume.
	        
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