Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

MaschinengewehrabLeilung auf dem Marsch. 
lichen Mienen entgegengenommen werden. Freude strahlt 
aus den Augen der wackeren Landwehrleute, denen wir von 
den Lieben "daheim ein Paket aushändigen können mit herz 
lichen Grützen. Schnell werden Feldpostkarten geschrieben, 
die wir mit nach Hause nehmen sollen, Grütze werden'bestellt 
und ausgetauscht. Kurz, es war ein richtiger Freudentag 
für das Bataillon, die Gaben von daheim zu erhalten. 
Maschinengewehre. 
Von Major a. D. Schmahl. 
(Hierzu die Binder Seite 322—324.) 
Das Maschinengewehr hat denselben Lauf wie das Ge 
wehr 98 unseres Fußvolks und verschießt dieselbe Patrone. 
Seine Einzelleistung ist also von der des Gewehrs an sich 
nicht verschieden, und man braucht nicht zweierlei Patronen 
anzufertigen und mitzuführen. Sein Zweck ist eine hohe 
Feuergeschwindigkeit, um in möglichst kurzer Zeit denjenigen 
Teilderfeindlichen Streitkräfte, aufdenman es abgesehen hat, 
andem für entscheidend angesehenen Punkt zu zertrümmern, 
bevor der Gegner sich fassen und Eegenmatzregeln treffen kann. 
Das Erkennen des entscheidenden Punktes und das 
schnelle Arbeiten gegen ihn macht hauptsächlich den über 
legenen Feldherrn aus. Wie er sich als Stratege zum Bei 
spiel Belgien zum Einbruch aussuchte und dort schnelle 
Arbeit lieferte, so mutz er auf dem Schlachtfelde als Taktiker 
den richtigen Punkt wählen und dort mit zerschmetternder 
Wucht die Waffen zur Geltung bringen. Es ist nicht das 
selbe, ob an einer Stelle 1000 Mann in einer halben oder 
in zehn Stunden kampfunfähig gemacht werden. Im 
ersteren Falle ist der sogenannte „moralische Effekt", auf 
den es hauptsächlich ankommt, siegbahnend, und außerdem 
bleibt dem Feinde nicht die Zeit, seine Reserven heranzu 
ziehen. Die Niederlage aber breitet sich von diesem Punkt 
aus wie ein Feuer, das man in wenigen Augenblicken er 
zeugt, indem man mit dem Brennglase Sonnenstrahlen auf 
einen Punkt des Strohschobers vereinigt. Die Sonne hätte 
den ganzen Tag darauf scheinen können, ohne Schaden zutun. 
Das Maschinengewehr nun gibt bis zu 600 Schutz in 
der Minute ab, ohne daß seine Treffähigkeit leidet. Wir 
haben bei der Reiterei je sechs Erwehre auf vierspännigen 
Fahrzeugen zu einer „Abteilung" vereinigt. Man rechne sich 
aus, welche Feuergarbe diese in drei Minuten auf die an 
greifende feindliche Reiterei schleudern können. Bei unserem 
Fußvolk sind die sechs Maschinengewehre zweispännig und 
heißen „Kompanie". Sie können leicht von dem Fahrzeug 
gehoben und durch zwei Mann überallhin gebracht werden, 
wohin Schützen gelangen können. Bei uns feuern sie von 
Schlitten, bei allen anderen Heeren von Dreifüßen. In den 
meisten Heeren werden sie übrigens nicht auf Fahrzeugen, 
sondern auf Tragtieren befördert. — 
Unser Bild Seite 322 zeigt das Maschinengewehr auf 
dem Dache eines Hauses zur Abwihr feindlicher Flieger 
aufgestellt. Es kann ebensogut für knieenden wie für liegenden 
Anschlag herabgelassen werden. Die außer dem Führer noch 
vorhandenen Mannschaften leisten nur Handreichungen, zum 
Beispiel Patronenkisten herbeiholen oder das Getriebe ölen, 
oder sie sollen den Richtschützen ersetzen, wenn er fällt. 
Man könnte nach dem Bilde glauben, der Lauf sei dick wie 
ein Kanonenrohr. Dies ist jedoch nur der zur Aufnahme 
ies Kühlwassers dienende Mantel, der den Lauf um- 
stbt. Man sieht auch den zum Kühlwassereimer führenden 
Schlauch. Das Wasser wird so heiß, daß man Eier darin 
sieden könnte. Die Franzosen haben Luftkühlung, bei der 
sich der Lauf mehr erhitzt, so daß man öfter das Feuer unter 
brechen mutz. Ferner fällt uns der Gurt mit 250 Patroneir 
auf» der sich beim Feuern durch selbsttätigen Antrieb aus 
dem Patronenkasten hervorschiebt unter leichter Beihilfe 
eines Mannes der Bedienung. Dadurch, daß das Maschinen 
gewehr fest auf einem Schießgestell ruht, sind viele Fehler 
ausgeschlossen, die der Schütze beim Feuern mit dem Ge 
wehr leicht macht. Der Mann kann auch nach seiner 
Leistung ausgesucht werden. Da in der Regel die Ziele 
breiter sind als die natürliche Breitenstreuung des Gewehrs, 
hat das Maschinengewehr eine Einrichtung, um es stetig 
rechts und links zu bewegen, ohne die Schußweite zu be 
einflussen,' ein solches Feuer heißt „Breitenfeuer". 
Wodurch erhält nun das Maschinengewehr die außer 
ordentliche Feuergeschwindigkeit? Bekanntlich üben bei 
jeder Feuerwaffe die Pulvergase, die das Geschoß vorwärts 
treiben, genau die gleiche Kraft auch nach rückwärts aus. Sie 
bewirken damit den „Rückstoß", der sich von jeher un 
angenehm bemerkbar machte. Was lag nun näher als der 
Wunsch, diese verloren gehende schädliche Kraft nützliche 
Arbeit leisten zu lassen? Roch ist es uns nicht gelungen, 
die elektrischen Spannungen, die bei Gewittern.sich als 
Blitze entladen, zur Arbeit einzufangen, aber mit dem 
Rückstoß haben wir es in der Selbstladepistole una dem 
Maschinengewehr erreicht. Schon bald nach Einführung 
des Hinterladers war man bestrebt, seine Kraft zum Aus 
werfen der Hülse, Wiederladen, Spannen usw. zu verwerten, 
so daß dem Schützen nur noch das Visierstellen und Zielen 
neben der allgemeinen Beaufsichtigung der Waffe bleibt 
und er seine Kraft und Aufmerksamkeit hierauf allein ver 
einigen kann; auch vermag der Mensch nicht so schnell und 
andauernd zu arbeiten wie die Maschine. 
Bei unserem Maschinengewehr nach Marim bewegen 
sich beim Schuß Lauf und Verschluß zurück, wie beim Rohr 
rücklaufgeschütz starr miteinander verbunden. Nachdem das 
Geschoß den Lauf verlassen hat, trennt sich aber der Ver 
schluß vom Lauf, wirft die Patronenhülse aus und spannt 
die Vorholfeder, deren spätere Entspannung dann beide 
wieder genau in die ursprüngliche Lage vortreiben soll. 
Inzwischen wurde die neue Patrone so ergriffen, daß sie 
beim Wiedervorgehen des Schlosses in den Lauf geschoben 
wird. Nachdem die erste Patrone vom Richtschützen ab 
gefeuert worden, geht die Zündung der folgenden ebenso 
wie die Patronenzufuhr automatisch vor sich. Man kann 
aber auch einzelne Schüsse abgeben. — 
Gegenüber dem unsrigen hat das österreichisch-ungarische 
Maschinengewehr Schwarzlose, das ebenfalls ganz vorzüg 
lich ist, die Eigenschaft, daß der Lauf nicht zurückgleitet, 
sondern fest verschraubt ist. Der Verschluß trennt sich also 
schon während des Verbrennens des Pulvers vom Lauf, 
und der Schütze wird vor den Pulvergasen nur durch die 
allerdings sehr starke Vorholfeder gesichert. Ebenso wie 
bei Schwarzlose muß auch das französische Maschinengewehr 
Pateaur-St. Etienne, eine Abart von Hotchkiß, zum Ersatz 
der Läufe aus seiner Feuerstellung zurückgezogen werden, 
Während dies bei uns nicht nötig ist.
	        
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