Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
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benswürdiger Weise mit uns geteilt, 
jo hätten wir uns in der bitterkalten 
Nacht, in der es sogar zum erstenmal 
Frost gab, in unserem Auto auf all 
den Liebesgaben häuslich einrichten 
müssen Doch so war für uns bestens 
gesorgt. Unsere Wirte erzählten uns 
von ihren Kriegserlebnissen und von 
abenteuerlichen Patrouillengängen bis 
dicht an die Stellungen des Feindes. 
So gab unter anderem der biedere 
Feldwebel ein Erlebnis mit einem 
Znaven zum besten, der sich tot 
gestellt hatte, dann aber, als der 
Feldwebel bereits weiter vorgegangen 
war, sein Gewehr erhob und in 
Anschlag ging Zum Glück sah sich 
der Gefährdete noch einmal um, 
und die böse Absicht des Schwarzen 
wurde durch einen wohlgezielten kräf 
tigen Hieb mit dem Gewehrkolben 
noch rechtzeitig vereitelt. Das Erleb 
nis wurde so trockenen Tones geschil 
dert, als handle es sich um einen be 
langlosen Vorfall und nicht um die 
Errettung aus schwerer Lebensgefahr. 
gemeine Freude. Die Verteilung 
konnte aber wegen der Dunkelheit 
nicht mehr vorgenommen werden, 
nur eine Zeitungsausgabestelle er 
richteten wir bei dem Schein un 
serer elektrischen Taschenlampen 
schnell auf dem Wagen, denn wir 
hatten uns auch mit den neuesten 
Zeitungen reichlich versehen. Man 
glaubt gar nicht, wie willkommen 
die Zeitungen in der Front sind. 
Hunderte von Händen streckten sich 
nach den Blättern aus, und bei dem 
Schein aller möglichen und nnrrtög* 
lichen mangelhaften Beleuchtungen 
wurden überall in den elenden Bau 
ernhäusern die neuesten Nachrichten 
vom Kriegschauplatz studiert. 
Ein Unterkommen in dem stark be 
legten Orte war natürlich nicht zu sin* 
den, und hätte nicht ein Bekannter, 
der jetzt als Leutnant bei der Kom 
panie stand — in Friedenszeiten ist 
er Oberlehrer an einem rheinischen 
Gymnasium — sein Quartier in lie- 
Phot. Gressnng, Saarbrücken. 
In gedeckter Haubißenstellung vor dem Feind. 
Phot. Gressung, Saarbrücken. 
Unser Liebesgabenauto im Alarmquartier. 
Bei dem Plaudern war aber die 
Zeit der Nachtruhe herangekommen. 
Ich trat noch einmal an das Fenster 
der dürftigen Bauernstube und warf 
einen Blick in das abendliche Dunkel 
hinaus. Der Abend wob in seiner 
Dämmerung seinen Schleier, geheim 
nisvolle Nebel stiegen vom nahen 
Dorfbach auf, in den Häuserecken 
leuchteten hier und da kleine Feuerchen 
auf, an denen sich die Soldaten ihr 
Essen Zubereiteten. Bei allem Kriege 
rischen doch ein Bild von friedlicher 
Stimmung, in dein nichts darauf hin 
deutete, daß in nächster Nähe der 
Feind lauerte. 
Schon früh am Morgen beginnt das 
Tagewerk des Krieges. Am nahen 
Dorfbrunnen tränkt die Artillerie 
ihre Pferde, daneben waschen sich die 
Soldaten den Schlaf aus den Augen. 
Zwei Kompanien treten an, um ihre 
Kameraden in den Schützengräben 
abzulösen. Eine Munitionskolonne der 
Artillerie passiert den Ort. Wir be 
ginnen nun mit der Verteilung der 
reichlichen Liebesgaben, die mit glück- 
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