Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
vorwärts kam und ganz zornig wurde; dazu der schwere 
Tornister, und immer wieder die Brille, über die der 
schmutzige Schweiß lies, putzen! Und so 8 Kilometer weit 
und dabei immer den durchschossenen Finger in acht nehmen; 
es war furchtbar hart. Da frei ich lang hin, jetzt versank ich 
bis zu den Knien in einem Stück Sumpf; aber abends acht 
Uhr stehen wir an der Maas, todmüde und doch voll ge 
spannter Erwartung der Dinge. 
Eine große steinerne Brücke vor uns zum Dorfe S. war 
gesprengt, wir mutzten also in Pontons hinüber. Wir legten 
uns hin und warteten auf den angemeldeten Brücken 
train. Um einviertel zwölf Uhr in der Nacht kam er dann. 
Uns war die größte Ruhe anempfohlen worden, denn man 
hatte keine Ahnung, ob das jenseitige Ufer besetzt war; 
wir flüsterten daher nur, aber das Abladen und Zuwasser- 
bringen der riesigen Pontons aus Aluminium ging doch 
nicht so still vonstatten. 
Es war Sonntag morgen, den 30. August 1914, um 
hinauf, vorbei an verlassenen, stark befestigten Stellungen 
des Feindes. Müdigkeit spürten wir nicht. Was wäre aus 
uns geworden, wenn der Feind seine Stellungen und das 
Dorf nicht verlassen gehabt hätte! Wir würden wohl alle 
auf dem Grunde der Maas für immer schlummern. 
Und noch war's nicht ganz Tag, da war die Brücke fertig 
und die Brigade, sowie ein ganzes Kavalleriekorps drüben. 
Nun waren wir abgelöst und fühlten uns sicher. 
Gegen drei Uhr nachmittags endlich kam die Feldküche — 
wir hatten unser Essen verdient. 
Noch hatten wir nicht ganz abgegessen, da kam die Mel 
dung, daß zwei feindliche Divisionen im Anmarsch seien. 
Sofort richten wir uns zum Abmarsch, und noch sind wir 
nicht fertig, so beginnt auch schon das Schießen. Doch 
die Franzosen kommen zu spät. Wir sind drüben und 
bleiben, das steht in allen fest. 
Wir sind hinter dem linken Flügel unserer Brigade 
und beginnen Deckungsgräben gegen Artilleriefeuer aus- 
Russischer Angriff auf einen österreichisch-ungarischen ProvianLzug auf der Bahnlinie Lemberg—GrodeL wird von einem k. u. k. Jnfanlerieregimenk 
mit dem Bajonett abgewiesen. 
Nach Berichten eines Augenzeugen gezeichnet von L. Tuszynski. 
dreiviertel ein Uhr, als mein Hauptmann, mein Major, und 
noch 16 Mann, darunter auch ich, das erste Ponton füllten 
und abstießen, dem Ungewissen, vielleicht dem Tode ent 
gegen. . Lautlose Stille, nur das Geräusch der Ruder, dann ein 
Ruck, leise von Mann zu Mann weitergegeben: Aussteigen! 
Jetzt das Geräusch vieler Schuhe auf Aluminium, dann wieder 
Stille. Lautlos entfernte sich unser Ponton, und da lagen wir 
16 Mann mit lautklopfendem Herzen hart am abschüssigen 
Ufer, als die ersten „über" der Maas. Und nicht lange 
dauerte es, da lag das ganze III. Bataillon am Ufer; laut 
lose Stille herrschte, die Offiziere waren um den Major 
versammelt und redeten leise. 
Und während unsere braven Pioniere hinter uns, am 
anderen Ufer, schon mit dem Aufschlagen der Brücke be 
gannen, pflanzten wir das Seitengewehr auf, und lautlos 
ging^s dem verhängnisvollen Dorf, das gespensterhaft vor 
uns im Dunkel lag, entgegen, ein Bataillon von ungefähr 
600 Mann. Kein deutscher Soldat hatte noch den Ort 
betreten. Fest umkrampften wir unsere Gewehre, ent 
schlossen, beim ersten Schuß unser Leben teuer zu verlaufen. 
Doch hindurchgingt durchs Dorf, ohne Zwischenfall den Berg 
zuheben. Schon pfeifen die Kugeln um unsere Köpfe, 
Granaten und Schrapnelle „singen" rechts und links. 
Fünfzig Meter von uns fliegt eine feindliche Granate 
mitten in einen Schützengraben der 119er Grenadiere. 
Doch es wird Nacht, und das Schießen hört auf. Eine Nacht 
im engen Deckungsgraben, das heißt zu einer Kugel zu 
sammengerollt. zubringen. In kurzer Zeit schlafen einem 
Arme und Beine ein, die vom Schwitzen vollständig 
durchnäßte Kleidung wird wieder kalt, und die Zähne 
klappern zusammen. Und den ganzen folgenden Tag 
mußten wir aushalten, während ununterbrochen Granaten 
pfiffen. Gegen Abend gabt dann einen tollkühnen Angriff 
einen furchtbar steilen Berg hinan. Mancher Tapfere sinkt hin 
und färbt den französischen Boden mit seinem Blut. Mit 
äußerster Anstrengung nehmen wir einen vollbesetzten, be 
festigten Wald, stoßen durch, werden jedoch wieder in der 
Richtung auf Montigny zurückgezogen. Hinunter gehtt 
wieder den eroberten Berg, und was wir nun sehen, 
spottet jeder Beschreibung. 
Es ist inzwischen Nacht geworden; im Hintergründe 
brennt taghell Montigny, so daß wir ziemlich deutlich sehen
	        
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