Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
Bewachung eines Tunnels durch österreichisches Militär. 
Bewachung von Eisenbahnen und Bri'rckeil an der österreichisch-serbischen Grenze. 
Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis in die letzten Stunden 
hat er für den Frieden Europas gewirkt, und er wirkt noch für 
ihn. Sollte all sein Bemühen vergeblich sein, sollte uns das 
Schwert in die Hand gezwungen werden, so werden wir ins 
Feld ziehen mit gutem Gewissen und dem Bewußtsein, daß 
nicht wir den Krieg gewollt haben. Wir werden dann den 
Kampf um unsere Existenz und unsere nationale Ehre mit 
Einsetzung des letzten Blutstropfens führen. Im Ernst dieser 
Stunde erinnere ich Sie an das Wort, das einst Prinz 
Friedrich Karl den Brandenburgern zurief: ,Laßt eure Herzen 
schlagen zu Gott und eure Fäuste auf den Feind!‘" 
Unter erneutenstürmischenHochrufen setztederZug seinen 
Weg durch die Wilhelmstraße fort. Auch vor das königliche 
Schloß zog man noch einmal. Aber dort bestieg ein Herr die 
Rampe des Schlosses und wies die huldigende Menge mit 
Nachdruck darauf hin, daß der Kaiser jetzt der Ruhe bedürfe. 
Einen historischen Moment von tiefergreifender Weihe 
stimmung brachte dann der Sonntag (2. August) in dem 
Feldgottesdienst beim Bismarckdenkmal vor dem Reichs 
tagsgebäude. Unser Bild Seite 6 veranschaulicht ihn. Ein 
instinktives Gefühl hatte die gewaltigen Massen zu dieser 
bedeutsamen Stelle geleitet. Wohl dreißigtausend Menschen 
füllten den weiten Platz, die Terrassen und Treppen und 
sangen ergriffen das niederländische Dankgebet. Hofprediger 
Döring fand die rechten Worte von 
der schweren Schickung, die Gott über 
die Völker verhängt habe, von der ge 
rechten Sache Deutschlands und von 
der Hoffnung auf den Sieg. Entblößten 
Hauptes hören die Tausende die er 
schütternden und erhebenden Worte des 
Geistlichen angesichts des ehernen Rie 
senstandbildes unseres großen Staats 
mannes, dessen Geist über der tief 
ernsten Menge schwebt, die zum Schluß 
gemeinsam das Vaterunser betet. Paul 
Enderling hat den Moment in einem 
packenden Gedicht festgehalten, in dem 
es zum Schluß heißt: 
Das Vaterunser. Und auf den Knien 
Liegen die Hunderttausend von Berlin. 
Und schweigend starrt der große eiserne Mann. 
Erwacht er nicht eben? ? Brüder, seht ihn 
nur an, 
Das Ballen der Fäuste, das Zucken seines 
Gesichts: 
„Wir Deutsche fürchten Gott, sonst nichts .. 
sonst nichts .." 
Jede Lippe spricht^ nach und droht und 
verheißt. 
Uber dem Königsplatz schwebt Bismarcks 
Geist . . 
Die kleinen Jungen auf unserm Bilde, 
die an die Säule der Reichstagstreppe 
geschmiegt den Worten des Predigers 
lauschen, werden den großen historischen 
Augenblick wohl in ihrem Alter noch in 
unauslöschlicher Erinnerung bewahren. 
Kriegszustand und Mobil 
machung. 
(Hierzu die Bilder auf Seite 10 und 11.) 
Eine ungeheure Spannung be 
mächtigte sich in den Tagen der Ent 
scheidung der Gemüter. Am 31. Juli, 
um die Mittagstunde, erschienen die 
ersten Extrablätter, welche die Ver 
hängung des Kriegszustandes verkün 
deten, und schon am Tage darauf wurde 
der Befehl zur Mobilmachung gegeben. 
Nun ging es an die Arbeit, und 
hierbei trat in hohem Maße die kernige 
Kraft des deutschen Wesens hervor. In 
allen Städten und Gemeinden wurde 
der Mobilisierungsbefehl öffentlich an 
geschlagen,alsbald überall umlagert von 
den wackeren Streitern, die nun zu den 
Fahnen gerufen wurden, und fast plötz 
lich veränderte sich in den Garnison- 
städten das alltägliche Straßenbild. Die kleidsame nagel 
neue Felduniform tauchte auf, und Feldgrau wurde in den 
Stadtteilen, wo die Kasernen liegen, schnell vorherrschend. 
Schon am ersten Mobilmachungstage sah man ganze Ko 
lonnen städtischer Reservisten zu den Meldeämtern ziehen, 
die sofort ärztlich untersucht, eingekleidet und mit Waffen 
und Munition versehen wurden. Mles ging wie bei einem 
Uhrwerk; glatt, wie am Schnürchen. Dann ein ununter 
brochener Zufluß strammer, sonnenverbrannter Landleute, 
die ersichtlich soeben erst ihre Erntearbeiten im Stiche ge 
lassen hatten, um dem Rufe des Vaterlandes Folge zu 
leisten. Mächtig dröhnte ihr wuchtiger Schritt auf dem 
ungewohnten Straßenpflaster, kraftvoll erklangen aus ihren 
frischen Kehlen patriotische Lieder. Ging es doch in den 
Kampf, in den Krieg, der den gewissenlosen, selbst vor dem 
Meuchelmord nicht zurückschreckenden Urhebern endloser 
politischer Ränke galt; ging es doch gegen Heuchelei und 
Verlogenheit, gegen den ganzen sittlichen Tiefstand, der 
um eigennütziger Zwecke willen die Früchte deutscher 
Arbeit und die Größe des Vaterlandes anzutasten wagte. 
Mittlerweile hatte man auch schon aus Stadt und Land 
eine große Zahl Pferde eingebracht, die in endlosen Reihen 
in den weniger verkehrsreichen Straßen standen und so 
fort der Ausmusterung unterzogen wurden. Die Bahnhöfe
	        
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