Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914.
Photothek, Berlui.
meekorps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die „AllensteinerZeitung" tonnte mit amtlicher
Genehmigung darüber melden: Unser tapferes 20.Armeekorps
steht seit 24 Stunden im Feuer mit einem an Kräften weit
überlegenen Gegner. Dank der Tapferkeit unserer Truppen
und Führer ist es den Russen trotz ihrer gewaltigen llber-
nracht nicht gelungen, unsere Stellungen zu nehmen. Der
Kampf hat sich dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie
Gilgenburg—Reidenburg—Ortelsburg entwickelt, mit etwa
50 Kilometer Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hage
mann in Marienburg der „Marienburger Zeitung" mit,
daß zwei russische Armeekorps aufgerieben worden feien.
Diese verheißungsvolle Nachricht, die sich in den Vor
mittagsstunden des 29. August verbreitete, war kaum noch
in weitere Kreise gedrungen, als schon neue Extrablätter
Bestimmteres über die herrliche deutsche Waffentat, die
im ganzen Volke großen Jubel hervorrief, meldeten. Die
Nachricht lautete:
Amtlich wird bekanntgegeben: Unsere Truppen in
Preußen unter Führung des Generalobersten v. Hinden-
burg haben die vom Narew vorgegangene russische Armee
in der Stärke von fünf Armeekorps und drei Kavallerie
divisionen in dreitägiger
Schlacht in der Gegend
von Eilgenburg und Or
telsburg geschlagen und
verfolgen sie jetzt über
die Grenze.
Der Generalquartier
meister v. Stein.
Noch größer war die
Freude, als tags darauf
die folgende Meldung
veröffentlicht wurde:
Berlin, 30. August.
Bei den großen Kämp-
fen, in denen die russische
Armee in Ostpreußen bei
Tannenberg, Hohenstein
und Ortelsburg geworfen
wurde, sind nach vor
läufiger Schätzung über
30 000 Russen mit vielen
hohen Offizieren in Ge
fangenschaft geraten.
Eine Ergänzung die
ser Meldung brachte Paul
Lindenberg, der Kriegs
berichterstatter des „Ber
liner Tageblatts", durch
folgende Zeilen:
Die Russen wurden
durch die deutschen Trup
pen von drei Seiten ge
faßt und in die Sümpfe
und Seen Masurens geworfen.
Aber noch war uns eine größere Überraschung zu
gedacht. Schon am 30. August traf folgende Meldung ein:
Im Osten ist der gemeldete Sieg der Armee des
Generalobersten v. Hindenburg von weitaus größerer
Bedeutung, als zuerst übersehen werden konnte. Obwohl
neue feindliche Kräfte über Reidenburg eingriffen, ist die
Niederlage des Feindes eine vollständige geworden. Drei
Armeekorps sind vernichtet. 60 000 Gefangene, darunter
zwei kommandierende Generale, viele Geschütze und
Feldzeichen sind in unsere Hände gefallen. Die noch im
nördlichen Ostpreußen stehenden russischen Truppen haben
den Rückzug angetreten.
Der Eeneralquartiermeister v. Stein.
Aber damit noch nicht genug. Es schien, als ob der
Himmel uns für die schwere Russenzeit reichlich entschädigen
wollte, denn schon einen Tag später kam folgende Nachricht:
Berlin, 1. September. Amtlich wird gemeldet: Nach
weiteren Mitteilungen des Hauptquartiers ist die Zahl der
Gefangenen in der Schlacht bei Eilgenburg—Ortelsburg
noch größer gewesen, als bisher bekannt. Sie beträgt
70 000 Mann, darunter 300 Offiziere. Das gesamte
Artilleriematerial der Russen ist vernichtet.
Eine Armee, die das gesamte Artilleriematerial verloren
hat, wie es in vorstehender Meldung heißt, ist überhaupt
nicht mehr vorhanden. Die bis zuin 1. September be
kannt gewordenen Verluste der Russen entsprachen aber
noch nicht der vollen Wirklichkeit, und schon schrieb darauf
hin die „Kölnische Zeitung":
Drei Armeekorps sind vernichtet, das heißt 136 000 Mann
außer Gefecht, tot, verwundet, zersprengt und gefangen.
So hoch man den Heldenmut unserer Offiziere und Soldaten
anschlagen muß, gebührt doch das Hauptoerdienst an diesem
riesigen Erfolg der strategischen Leitung auf deutscher Seite,
die unser Vorgehen derart anzulegen und durchzuführen
verstanden hat, daß ein solches Ergebnis zustande kam. Die
russische Armee, die geschlagen wurde, scheint sich in dem
Raume hinter der Narewlinie gesammelt zu haben, die von
den Festungen und Abergangssperren Ossowez, Lomtscha,
Pultusk und Nowo-Georgiewsk gesichert ist. Als die nörd
lich davon hinter dem Njemen und dem Raume um Wilna
aufmarschierte Armee gegen Gumbinnen sich in Bewegung
gesetzt hatte, ging auch die südliche vor und fand die Deut
schen westlich von Ortelsburg zur Gegenwehr bereit. Dort
erfolgte der entscheidende Schlag.
Eine weitere amtliche Meldung besagte dann:
Im Osten ernten die Truppen des Generalobersten
ErLundungsfahrL nach Rußland auf einer Tenderlokornokive.
v. Hindenburg weitere Früchte ihres Sieges. Die Zahl der
Gefangenen wächst täglich, sie ist bereits auf 90 000 Mann
gestiegen. Wie viele Geschütze und sonstige Siegeszeichen
noch in den preußischen Sümpfen stecken, läßt sich nicht
übersehen. Anscheinend sind nicht zwei, sondern drei russische
kommandierende Generale gefangen. Der russische Armee
führer ist nach russischen Nachrichten gefallen.
Der Eeneralquartiermeister v. Stein.
Hat man jemals eine schnellere Wendung des Geschicks
erlebt als hier in Ostpreußen?
Wieder war dem deutschen Volke ein Nationalheld ent
standen. Er hieß Generaloberst v. Hindenburg. In Hütte
und Palast schwärmte man von dem Befreier Ostpreußens,
dessen kurzes Lebensbild wir auf Seite 63 bereits gebracht
haben.
Generaloberst v. Hindenburg hat die ihm gestellte Auf
gabe glänzend gelöst. Militärisch war ihm die schwerste
Aufgabe gestellt, da die russischen Truppen nicht nur stark
überlegen, sondern auch von zwei Seiten in Ostpreußen
eingedrungen waren.
Der Kaiser richtete an ihn auf die Meldung von der
Vernichtung der russischen Narewarmee am 1. September
folgendes Telegramm:
„Ihr Telegramm von heute hat mir eine unsagbare
Freude bereitet. Eine Waffentat haben Sie vollbracht, die