Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
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Gebr. Haeckel, Berlin. 
nichts mehr zu entdecken. Es dürfte mit Sicherheit anzu 
nehmen sein, daß es sich um Auskundschaftung guter 
Artilleriestellungen gehandelt hat, und dies dürfte sich mit 
dem Vorhandensein beherrschender Stellungen der fran 
zösischen Artillerie inunseren blutigen Vogesenkämpfendecken. 
So überzeugend diese Einzelheiten an sich scheinen, sie 
werden noch überboten von folgendem. Ein bei St. Die 
kämpfender deutscher Offizier hat mir erzählt, daß ihm 
von französischen Zivilisten fest versichert worden ist, sie 
seien bereits am 15. Juli gezwungen worden, auf den be 
herrschenden Anhöhen hinter der Stadt Schanzarbeiten 
ZU verrichten und Schützengräben auszuwerfen. Daß 
Derartiges nicht auf Erfindung beruht, beweisen die dort 
oben angetroffenen Befestigungen, die im Friedenszustand 
nicht vorhanden sein sollen. Man konnte mit Sicherheit 
an verschiedenen Anzeichen erkennen, daß das Alter der 
Schanzarbeiten nicht über ein Vierteljahr einzuschätzen ist; 
anders.its waren sie völlig mit Gras überwachsen, können 
also nicht erst kurz vor dem Eintreffen und Stürmen unserer 
Truppen als Rückzugsdeckung errichtet worden sein. 
Die von mir geschilderten Erscheinungen, wie sie in 
ähnlicher Art bereits anderweitig bekannt gemacht wurden, 
sind meiner Ansicht nach, soweit sie aus glaubwürdiger 
Quelle verbürgt werden, doch als Bewüse einer plan 
mäßigen Rüstung zum Kriege gegen uns von seiten Frank 
reichs aufzufassen. Die Geschichte wird derartiges Material 
objektiv zu sichten haben. Freilich objektive Wissenschaft 
und im besonderen Geschichte — das gibt es ja in der 
Welt nicht überall. Ich habe in den französischen Orten 
L. H. O. und St. D. in Schulen, die wir als Haupt 
verbandplatz einrichteten, in Eeschichts- und Geographie- 
büchern gestöbert und dort schon in Lehrbüchern für 
Elementarschüler grobe Fälschungen gefunden. Unter anderem 
ist auf den politischen Tafeln der Atlanten Elsaß-Lothringen 
niemals als zu Deutschland gehörig eingezeichnet, sondern 
die deutsche Grenze am Rhein gezoaen, während die Reichs 
lande in einer den französischen Departements „Meurthe 
et Moselle" oder „Vosges" ähnlichen Farbe gemalt sind; 
auch ist die Bezeichnung „Allemagne" getrennt von Alsace- 
Lorraine eingetragen. Der begleitende Tert ist genau so 
gefälscht; desgleichen die Entstehungsgeschichte des Siebziger 
Krieges und die Verhältnisse in Elsaß-Lothringen. Schon 
die kleinen Kinder von zehn Jahren müssen'lernen, daß 
Elsaß-Lothringen einmütig auf die Befreiung vom deutschen 
Joche warte und daß es Pflicht jedes französischen Bürgers 
fei, seinen Brüdern im Elsaß zu helfen gegen den Raub- 
staat Deutschland. — Dies berichte ich fast wörtlich. 
Wir sehen, durch 
gehend durch das ganze 
Land, dieselbe moralische 
Brunnenvergiftung und 
Verleumdungsucht! 
Kann es da wunderneh 
men, wenn das Volk an 
den Schwindel glaubt, so 
lange, bis sein Glaube 
durch die Ereignisse über 
rannt wird? So bekamen 
wir überall, wo wir hin 
kamen, von französischen 
Bürgern im Gespräch das 
gleiche Lied zu hören: 
..Mais, yous avez com- 
mence.” Allgemein wird 
geglaubt, unsere „feigen" 
Truppen hätten, um sich 
gegen französische Kugeln 
zu schützen, ihren Infan 
teriekolonnen gefesselte 
elsässische Frauen und 
Kinder vorausgeschickt, 
damit iiu Fall eines An 
griffs zunächst die Un 
schuldigen getroffen wür 
den. Diese Maßnahmen 
sollten einen wirksamen 
feindlichen Angriff ver 
hindern. Ein altes Sprich 
wort sagt: „Was ich denk^ 
und tu, trau' ich andern 
zu." Das trifft auch fast wörtlich auf unsere Feinde 
Zu. — 
Man mag die unmittelbare Veranlassung zum Weltkrieg 
im serbischen Königsmord und moskowitischen Machthunger 
erblicken, man magdie Anmaßung und Eeldgierdes verlogenen 
Brudervolkes jenseits des Kanals beschuldigen — der Haupt 
schuldige ist unser alter Erbfeind Frankreich. Dort laufen 
die Fäden zusammen, die es fertig brachten, uns mit 
Feinden zu umringen. Das nach Revanche, nach Gloire, 
nach der Vormachtstellung im festländischen Europa dürstende 
Frankreich hat mit seinen Milliarden die Slawen in Wallung 
gegen uns versetzt und eine von uns gewollte ehrliche Ver 
ständigung mit unserem englischen Nebenbuhl r hintertrieben. 
Diese Wahrheit könnte man geradezu mathematisch be 
weisen. Zwar wird Frankreich im jetzigen Zeitpunkt den 
Krieg gegen uns wohl kaum gewollt haben, der Termin 
wird ihm verfrüht gekommen sein, und es ist fast tragisch, 
daß lediglich Bündnisverträge das Nachbarvolk zwangen, 
jetzt mehr der Not zu gehorchen als der Hoffnung auf 
Gewinn und Ruhm. Aber man lasse sich bei uns in 
Deutschland durch solche Tatsachen nicht zu falscher Senti 
mentalität, Großmut und Schonung verleiten. Die Tage 
der Abrechnung und Neugestaltung sind gekommen; Recht 
und Sicherheit müssen uns werden! 
Von wie leidenschaftlichem Haß der Franzose gegen uns 
beseelt ist, möge ein einfaches Beispiel zeigen. Welche deutsche 
Mutter vermöchte ihre Kinder, nachdem ihr Gatte oder ein 
Sohn im Kampfe fürs Vaterland gefallen, „im Haß gegen 
diese dicken Bäuche" zu erziehen? So las ich wörtlich im 
Briefe eines französischen Ingenieurs an seine Frau in 
Ostfrankreich — die Post fiel in unsere Hände — der seiner 
Frau diesen Wunsch ans Herz legte für den Fall, daß er 
nicht lebend zurückkehre oder Frankreich nicht siege. 
In einem anderen Brief — nach seinem Inhalt 
handelte es sich um einen Offizier — war zu lesen, 
daß die Truppen nach dem Vormarsch von Eorardmer im 
Elsaß in der Gegend der Sch. in einem Gehölz gelagert 
hätten, bei gutem Wetter im Monat August (!), und statt 
der Fichtenstämme das Holz aus den deutschen Hotels, wie 
Tische, Stühle und Betten, zum Feueranmachen und Kochen 
verwendet hätten. Der Ton, mit dem dies beschrieben 
wurde, war durchaus schadenfroh und gehässig. Aus ihm 
spricht die bewußte Lust am Vandalismus. 
Wie steht es überhaupt mit der Bildung unserer Nachbarn? 
Ich beabsichtige nicht, hierüber des längeren abzuhandeln, 
sondern nur, einiges Miiteilenswerte aus meinen persön 
lichen Eindrücken wiederzugeben. 
Zum Einsetzen in die Lafette fertiges Rohr einer englischen Schiffskanone. 
Der Preis einer solchen Kanone beträgt etwa 200 000 Mark.
	        
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