Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 227 
teidigung der Unabhängigkeit kleiner Völker und zur Hoch 
haltung der Verträge, aber die Tatsache, daß drei Minister 
aus dem englischen Kabinett treten, beweist, daß es sogar 
in England eine starke Minderheit gibt, die von der Ge 
rechtigkeit eines Krieges mit Deutschland nicht 511 über 
zeugen war. Die Geschichte lehrt uns schließlich, daß jedes 
mal, wenn es den Interessen Englands entspricht, jenes 
Land bereit ist, kleine Völker zu schützen. Aber leider kennt 
die Geschichte auch Beispiele, daß dasselbe Reich die heiligen 
Rechte auf Unabhängigkeit kleiner Völker verletzte und 
Verträge nicht achtete. Zum Beweise dafür brauche ich 
nur daran zu erinnern, wie es die Unabhängigkeit der 
südafrikanischen Republiken, des Oranjefreistaates verletzte 
und wie wenig die Konvention im Zandrivier geachtet 
wurde. Es heißt, daß der Krieg gegen den Barbarismus 
der Deutschen geführt wird. Ich habe vergeben, aber 
nicht vergessen alles, was an Barbarismus im südafrika 
nischen Kriege in diesem unserem eigenen Lande verübt 
wurde." 
Dies mußte sich England von seiner eigenen Kolonie 
sagen lassen. Dazu kam noch, daß es in der ganzen islami 
tischen Welt, soweit sie unter Englands und Frankreichs Joch 
stand, bedenklich gürte. 
Ende August erhielt das englische Kolonialministerium 
aus Neuseeland eine Depesche des Gouverneurs, d^rzu- 
folge Apia in Deutsch-Samoa nach Belagerung durch eine 
englische Expedition am 23. August besetzt worden sei. 
Damit haben die Engländer ihrem — „Ruhmeskranze" 
einen neuen Zweig eingeflochten. Nicht genug danüt, 
daß sie in Mittelafrika und in Togo den Schwarzen das 
Bild eines Kampfes zwischen Angehörigen der weißen 
Rasse bieten, auch in Samoa gelüstete es sie nach billigen 
Lorbeeren. 
Apia ist der Sitz unserer Regierung in Samoa. Diese 
Kolonie kam 1900 in deutschen Besitz. Sie hat eine Fläche 
von 2600 Quadratkilometern und (1910) 38099 Einwohner. 
1912 hatte die Kolonie eine Ausfuhr von 5 Millionen Mark 
bei gleicher Einfuhr. Der deutsche Gouverneur von Samoa 
wurde am 29. August als Gefangener nach den Fidschi 
inseln gebracht, und die Engländer haben dann auf Samoa 
eine vorläufige Verwaltung eingerichtet. 
Der erste deutsche Gouverneur von Samoa ist Dr. Solf 
gewesen. Anläßlich der nunmehrigen Besetzung Samoas 
durch die Engländer richtete er einen Brief an den Direktor 
der Deutschen Handels- und Plantagengesellschaft der Süd 
seeinseln zu Hainburg, Otto Riedel, worin er seiner be 
sonderen Trailer über den Verlust dieser Inseln Ausdruck 
gibt, aber mlch versichert, daß sie wieder in unseren Besitz 
gelangen werden. Dr. Solf schrieb unter anderem: 
„Daß das Geschick Samoas mir persönlich besonders 
nahegeht, dessen brauche ich Sie nicht zu versichern. Nie 
mand weiß besser als Sie, wie sehr mir die Perle der Süd 
see, dieses Kleinod uilter unseren delltschen Schutzgebieten, 
im Laufe einer mehr denn zehnjährigen Gouverneur- 
tätigkeit ans Herz gewachsen ist. War es mir doch ver 
gönnt, auf diesem vielumstrittenen und von drei Nationen 
heißbegehrten Jnselreich die delltsche Flagge zu hissen, 
und habe ich doch, wie auch Sie, und eine lange Zeit mit 
Ihnen, die besten Jahre meines Lebens dort zugebracht' 
und darangesetzt, auf den Inseln Frieden zu stiften, eine 
geordnete Verwaltung einzuführen und Samoa einer ge 
sunden wirtschaftlichen Entwicklung näherzubringen. Und 
jetzt, da nach jahrelanger mühseliger Arbeit das Feld be 
stellt und die Züt der Ernte gekommen ist, soll sie von 
schnöden, wehrlose Allsiedler überfallenden Eindringlingen 
eingeheimst werden. Zum Glück wird das Geschick unserer 
Kolonien nicht in Afrika und in der Südsee, sondern auf 
den Schlachtfeldern Europas entschieden, und bei den bis 
herigen Erfolgen unserer Waffen hege ich felsenfestes Ver- 
irauen, daß es uns gelingen wird, schließlich auch unsere 
schlimmsten Feinde, die Engländer, niederzuringen." 
Selbstverständlich hielten die Ellgländer überall Umschau, 
wo sie glaubten, ohne Gefahr etwas von linseren Besitzuilgen 
wegnehmen zu können, und da koilnte ihnen auch Deutsch- 
Neuguinea in Australien nicht elltgehen. Am 1. April 1899 
ging der Besitz der Neuguinea-Kompanie in die Hällde des 
Reiches über. Das deutsche Schutzgebiet Deutsch-Neu 
guinea umfaßt jetzt mlßer Kaiser-Wilhelms-Land den 
Bismarckarchipel, die Jilseln Bougainville und Buka in 
den Salomoninsebl, die Marianen außer Guam und die 
Karolinen. Sitz des Gouverneurs des Schutzgebietes ist 
jetzt Herbertsböhe im Bismarckarchipel. Sitz des Landes 
hauptmanns war anfangs Finschhafen, dann Friedrich- 
Wilhelms-Hafen. 
Am 12. September gab der englische Kolonialminister 
von einem Telegramm des Admirals Patey Kenntnis,
	        
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