Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
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Unsere wackeren Ostpreußen waren in der Schlacht bei 
Sadweitschen wirklich zu Löwen geworden. Kein Kom 
mando vermochte ihrem Ungestüm zu wehren. Mitten im 
Kugelregen gingen sie mit gefälltem Bajonett zum Sturme 
vor. Uns liegt aus der Schlacht bei Sadweitschen 
oder Schlacht bei Gumbinnen, wie sie nach der 
Nähe der Negierungshauptstadt genannt 
wird, ein Brief eines Jägers zu Pferde 
vor, der in kurzen Worten die ver 
zweifelte Gegenwehr der Russen 
kennzeichnet. Jener Reiter gehörte 
der Kavalleriedivision an, die zwei 
russische Kavalleriedivisionen warf 
und 500 Gefangene machte. 
Die von Szirgupönen nach 
Sadweitschen führende Land 
straße war mit Kriegsgerät und 
kämpfenden Kolonnen dicht be 
sät. In diesem blutigen Rin 
gen wurden die beiden Söhne 
des Großfürsten Konstantino- 
witsch, die Großfürsten Johann 
und Oleg, schwer verletzt. Der 
letztere ist gegen Mitte Oktober 
seinen Verletzungen erlegen. Bei 
Sadweitschen ruht auch der aus 
dem russisch-japanischen Kriege rühm 
lichst bekannte General Samsonow 
kühlen Schoß der Erde. 
Das Generalkommando des I. Armee 
korps konnte angesichts des großen Sieges 
bei Sadweitschen nicht umhin, den helden 
mütigen Kämpfern seine Anerkennung 
auszusprechen. War doch nicht bloß der überlegene Feind 
zurückgeworfen worden, sondern er hatte noch dazu 8000 Ge 
fangene und zahlreiche Batterien verloren, von denen 
einige später in Königsberg als Siegestrophäen vorgeführt 
wurden. 
Durch die glänzenden Waffenerfolge der deutschen 
Truppen war indessen die Kraft des Gegners noch keines 
wegs gebrochen. Alsbald setzten russische Kavalleriemassen 
über die Angerapp, und andere Heeresteile marschierten 
Hofphot. Höffert. 
General v. Beseler, 
leitete den Angriff ans Antwerpen. 
gegen Insterburg. Noch wollte Rennenkampf nicht die 
Überlegenheit der deutschen Truppen anerkennen. ^ In 
seiner Kurzsichtigkeit hielt er sogar am 23. August, einem 
Sonntage, im nahen Städtchen Angerburg in einer ein 
berufenen Bürgerversammlung eine ebenso hoch 
trabende wie unwahre Ansprache, deren 
Schluß lautete: „Wir wollen mit den 
preußischen Soldaten Krieg führen und 
nicht mit der Bevölkerung. Wir 
möchten gern kämpfen mit den preu 
ßischen Soldaten; aber wir 'sehen 
sie nicht. Ich weiß nicht, ob sie 
so wenig tapfer oder so schwach 
sind." 
Die Tapferkeit der preu 
ßischen Truppen erkannte der 
Wackere erst, als er nach dem 
Zusammenbruche der russischen 
Narewarmee in Insterburg in 
bürgerlicher Kleidung fliehen 
mußte und seine Stiefel vergaß. 
Generalleutnant v.Stein, 
dessen Bild wir im nächsten Heft 
Seite 225 bringen, war bis zum Be 
ginn des jetzigen Krieges gleich manchem 
anderen unserer schon geschilderten Feld 
herren in vielen Kreisen des deutschen 
Volkes so gut wie unbekannt. Zum 
Eeneralquartiermeister ernannt, hatte er 
dem deutschen Volke die amtlichen 
Nachrichten von den verschiedenen Kriegschauplätzen mit 
zuteilen. Er hat dies Amt mit vollendeter Wahrheits 
liebe ausgeübt, aber in so lakonischer Form, daß der 
berechtigte Nachrichtenhunger des deutschen Volkes oft 
mals nicht auf seine Rechnung gekommen ist. General 
leutnant v. Stein wurde durch seine Berichte vom Krieg 
schauplatz bald eine der volkstümlichsten Persönlichkeiten. 
Zahllose Gedichte feierten ihn, obwohl er mehr für die 
Prosa als für die Poesie gemacht zu sein scheint. Sein 
Phot. Boedecker, Berlin. 
Zerstörte Kirche vor Antwerpen.
	        
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