Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
dings sicher, daß neben der Polizeitruppe alle wehrfähigen 
Deutschen für die Ehre ihres Vaterlandes mitkämpften. 
Eine zusammenfassende Darstellung über das Vorgehen 
unserer Feinde in Afrika gab das Reichskolonialamt unterm 
28. August, indem es das Wesentliche aus den englischen 
Nachrichten, auf die wir allein angewiesen waren, wie folgt 
mitteilt: 
In Ostafrika haben kurz nach Ausbruch des Krieges die 
Engländer den Funkenturm in Daressalam zerstört. Im 
Innern des Landes hat nach neueren englischen Nach 
richten unsere Schuhtruppe die Offensive ergriffen und den 
wichtigen englischen Verkehrspunkt Taveta, südöstlich des 
Kilimandscharo, beseht. Aus Togo, das nur von einer 
kleinen Schar kriegsfreiwilliger Weiher und einer schwachen 
Eingeborenenpolizeitruppe verteidigt wurde, ist bereits 
gemeldet, daß die Engländer und Franzosen einige Gebiete 
besetzten. Zwischen unserer Truppe und den aus Dahome 
und der Eoldküste anmarschierenden, weit überlegenen 
Streitkräften fanden verschiedene Gefechte statt, in denen 
auf unserer Seite mit großer Tapferkeit gekämpft wurde. 
Aus Kamerun, das bis vor wenigen Tagen vom Feinde nicht 
behelligt wurde, liegen neuere Nachrichten nicht vor. Einem 
Eindringen feindlicher Streitkräfte in das Land dürfte die 
Schuhtruppe erfolgreichen Widerstand entgegensetzen. Da 
der Funkenturm vor Kamina in Togo vor seiner Besitz 
ergreifung durch die Engländer von unserer Truppe zer 
stört wurde, sind weitere Nachrichten aus Togo und aus 
Kamerun in nächster Zeit nicht zu erwarten. In Deutsch- 
Südwestafrika war bisher alles ruhig. Nach englischen 
Meldungen hat die Schuhtruppe die Offensive ergriffen 
und ist von der Südostecke her in Richtung auf Upington 
in die Kapkolonie eingedrungen. Aus unseren Besitzungen 
in der Südsee liegen Nachrichten nicht vor. 
Wo es den Deutschen möglich war, angreifend vorzugehen, 
ist es selbstverständlich auch geschehen. So sind am 30. August 
nach einer Meldung aus Libreville, der Hauptstadt Fran- 
zösisch-Kongos, die Deutschen in Belgisch-Kongo ein 
marschiert. 
Nach einer zurzeit unkontrollierbaren Reutermeldung 
aus Livingstonia vom 14. September ist eine deutsch- 
ostafrikanische Schutztruppenabteilung am 5. September in 
Britisch-Nordrhodesia eingefallen und hat die Niederlassung 
Abercorn angegriffen. Der Angriff sei aber zurück 
geschlagen worden. Am 6. September wurde wieder ge 
schossen, ohne daß ein regelrechter Angriff erfolgte. Am 
9. September eröffneten die Deutschen ein Feuer mit 
leichten Feldgeschützen, die durch Maschinengeschütze zum 
Schweigen gebracht wurden. Die Deutschen verliehen 
ihre Stellung und befanden sich in der Nacht 15 Meilen 
östlich von Abercorn. Leutnant Mac Carthy machte mit 
90 Mann und einem Maschinengeschütz einen nächtlichen 
Eilmarsch und verfolgte den Feind bis an die Grenze. — 
Eine weitere Reutermeldung aus Nairobi vom 12. Sep 
tember berichtete über Kämpfe an der Grenze von Deutsch 
und Britisch-Ostafrika und Uganda: Eine deutsche Ab 
teilung hat die Grenze von Mohorn am Viktoriasee über 
schritten und Karungu besetzt; sie rückt gegen Kisit vor. Eine 
andere deutsche Abteilung, die nach dem Tsavofluh vor 
gerückt war, hat mit Truppen aus Bura und Mtolo-Andei 
ein Gefecht gehabt; Einzelheiten sind noch nicht bekannt. 
In Nairobi eingetroffene englische Verwundete berichten, 
dah die Engländer in heftigem Feuer deutscher Maschinen 
gewehre gestanden und einen Bajonettangriff gemacht 
hätten, um die Maschinengewehre wegzunehmen; der An 
griff sei jedoch mißglückt. 
Aus diesen englischen Mitteilungen liest man schon 
heraus, dah unsere ostafrikanische Schutztruppe mit großer 
Tapferkeit gegen die englischen Besitzungen im Norden wie 
im Süden vorgeht und dabei zweifellos Erfolge erzielt. 
Wenn man berücksichtigt, dah die Schutztruppe ohne jede 
Verbindung mit dem Mutterlande ist und, völlig auf sich 
selbst angewiesen, einen Krieg auf eigene Faust führt, muh 
ihr mutiges Vorgehen in der Heimat Bewunderung er 
regen. Nairobi ist eine befestigte englische Station in der 
Mitte zwischen dem Kilimandscharo und dem Kenia; 
Karungu ist ein englisches Fort am Ostufer des Viktoria- 
Nyanza-Sees, etwa 30 Kilometer nördlich der deutschen 
Grenze. 
Nach einer Reutermeldung vom 11. September aus 
Blantyre (Nyassaland) beschoß der englische Regierungs 
dampfer „Gwendolen" am 8. September Langenburg und 
landete dort eine Abteilung. Der Ort wurde überrascht; 
es wurde kein Widerstand geleistet. Langenburg ist eine 
befestigte Station am Nyassasee, am Südrande der Rum- 
birabai. 
Am 11. September meldete das Wolffsche Telegraphen 
büro: 
„Nach englischen Nachrichten hat in der Nähe des Songwe- 
flusses an der Grenze von Deutsch-Ostafrika und Britisch- 
Nyassaland zwischen deutschen und englischen Truppen 
ein Kampf stattgefunden, bei dem auf beiden Seiten 
mehrere Europäer gefallen sind. Aus gleicher Quelle wird 
auch von Toten und Verwundeten in Kamerun berichtet. 
Eine amtliche Bestätigung liegt bisher nicht vor." 
Der Songwefluh mündet von Norden her in den süd 
lichsten der beiden großen Seen, die unser ostafrikanisches 
Gebiet im Westen gegen den Kongostaat und Britisch- 
Nyassaland abgrenzen. 
Am 10. September sind an verschiedenen Stellen Nach 
richten aus London eingetroffen, wonach die Deutschen 
die Walfischbai beseht hätten. Die englische Regierung be 
merkte hierzu: Die Bai könne leicht wiedergewonnen werden, 
sobald die südafrikanische Regierung ihre Vorbereitungen 
beendigt habe, um in Deutsch-Südwestafrika einzufallen. 
Die Walfischbai ist eine Bucht des Atlantischen Ozeans in 
der Mitte der Küste Deutsch-Südwestafrikas. Seit der 
Eröffnung des Hafens von Swakopmund haben Handel 
und Verkehr der Walfischbai abgenommen. Das Gebiet 
wurde 1878 von den Engländern besetzt. Apr 13. Sep 
tember wurden amtlich nach englischen Quellen wieder 
weitere Kämpfe aus den Kolonien gemeldet. In Kamerun 
sind danach drei englische Offiziere gefallen und mehrere 
Mannschaften verwundet worden. Einzelheiten werden 
über diesen Zusammenstoß merkwürdigerweise nicht be 
richtet, doch ist aus den Namen der gefallenen Offiziere 
zu ersehen, daß Truppen aus Nigeria am Kampfe teil 
genommen haben. 
Der britische Gouverneur von Nyassaland meldete am 
14. September: 
„Eine englische Streitmacht rückte am 8. September 
vor, um den Feind über die Grenze nach Deutsch-Ostafrika 
zu werfen. Die Deutschen waren 400 Mann stark. Sie 
zogen sich zurück und griffen Karotga an, das von 50 Mann, 
darunter 9 Weißen, verteidigt wurde. Nach dreistündigem 
Kampfe traf die englische Hauptmacht ein, die die Deutschen 
gegen Songwe zurückdrängte. Mehrere Deutsche wurden 
getötet, 3 Offiziere verwundet und gefangen genommen. 
Auf englischer Seite wurden 4 Europäer getötet und 7 ver 
wundet." 
Nach Rotterdam gelangte am 16. September aus Kap 
stadt die Meldung, daß eine Abteilung südafrikanischer 
berittener Infanterie ein Scharmützel mit deutschen Streit 
kräften hatte, die den Übergang über den Oranjefluß bei 
Steinkopf im Namaqualand bewachen. 
In Roberts-Heights hat die britische Regierung Kon 
zentrationslager errichtet, wo sie die in dem Kolonialkriege 
gefangenen Deutschen und Österreicher im Alter zwischen 
19 und 45 Jahren unterbringt. Wer sich noch des Buren 
krieges und seiner Konzentrationslager erinnert, der wird 
das tiefste Mitgefühl empfinden müssen für jene, die das 
Unglück hatten, auf diese Weise die Brutalität Englands 
kennen zu lernen. 
Aus Nairobi kam am 20. September die Nachricht, daß 
der britische Dampfer „Kawirondo" zwei deutsche Handels 
boote auf dem Viktoria-Nyanza-See zum Sinken brachte. 
Der deutsche Dampfer „Muanza" griff am 15. September 
den britischen Dampfer „Winefred" an, der im Begriff war, 
in die englische Karungubai einzufahren. Der „Winefred" 
zog sich zurück, kehrte aber später zusammen mit dem „Kawi 
rondo" zurück und traf in Karungu ein, ohne Widerstand 
zu finden. 
An deutschen Dampfern gibt es auf dem Viktoriasee 
nur zwei oder drei in Muanza am Südufer des Sees be 
heimatete kleine Dampfpinassen von etwa je 5—6 Tonnen 
Gehalt. „Winefred" und „Kawirondo" dagegen sind Schiffe 
von 600 Tonnen, die zur Flotte der Ugandabahn gehören. 
Bei den zum Sinken gebrachten deutschen Handelsbooten 
kann es sich nur um Paddelboote Eingeborener oder um 
Segler von solchen, sogenannte Dänen, handeln, die sich 
entweder im Besitz von Eingeborenen befinden oder doch
	        
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