Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

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Illustrierte Geschichte des Meltlrieges 1914. 
Phot. R. Senneckr, Berlin. 
Phot. N. Sennecke, Berlin^ 
Die Zitadelle Ln Lüttich von deutschen Truppen bewacht. 
große Überlegenheit ihre Waffenehre auf das glänzendste 
bewährt hat, bittet die deutsche Regierung S. M. den König 
und die belgische Regierung, Belgien den weiteren Schrecken 
des Krieges zu ersparen. Die deutsche Regierung ist zu 
jedem Abkommen mit Belgien bereit, das sich irgendwie 
mit der Rücksicht auf ihre Auseinandersetzung mit Frankreich 
vereinigen läßt. Deutschland versichert nochmals feierlichst, 
daß es nicht von der Absicht geleitet gewesen ist, sich bel 
gisches Gebiet anzueignen, und daß ihm diese Absicht durch 
aus fernliegt. Deutschland ist noch immer bereit, das 
belgische Königreich unverzüglich zu räumen, sobald die 
Kriegslage es ihm gestattet." 
Belgien antwortete darauf kühl ablehnend: 
„Der uns von der deutschen Regierung unterbreitete 
Vorschlag wiederholt die in dem Ultimatum vom 2. August 
formulierte Forderung. Getreu seinen internationalen Ver 
pflichtungen kann Belgien nur seine Antwort auf dieses 
Ultimatum wiederholen, umso mehr, als seit dem 3. August 
seine Neutralität verletzt und 
ein schmerzvoller Krieg in seine 
Gebiete getragen worden ist 
und die Garantiemächte loyal 
und unverzüglich seinem Hilfe 
ruf entsprochen haben." 
In Brüssel hat man sich 
wohl der Täuschung hinge 
geben, die deutsche Regierung 
werde in Erwartung der Ant 
wort auf ihre Note die kriege 
rischen Operationen einstellen. 
Diese Hoffnung Belgiens geht 
schon daraus hervor, daß es 
längere Zeit mit der Antwort 
zögerte. Unsere Truppen ließen 
sich aber nicht im geringsten 
aufhalten, ja, es ist sogar mög 
lich. daß unsere Kriegsleitung 
in Belgien von diesem Schritte 
der deutschen Regierung nicht 
einmal etwas gewußt hat. 
Der Fall von Lüttich wurde 
dem belgischen Volke noch 
mehrere Tage verschwiegen, 
und die Zeitungen wußten nur 
von großen Siegen der Bel 
gier und deren Tapferkeit zu 
erzählen, die von der fran 
zösischen Regierung durch Ver 
leihung der Militärmedaille an 
den König der Belgier und 
der Ehrenlegion an die Festung 
Lüttich anerkannt wor 
den sei. 
Trotz dieser angeb 
lichen belgischen „Siege" 
eilten unsere Truppen 
rasch vorwärts auf die 
Hauptstadt zu. Am 
19. August erreichten sie 
Tirlemont (flämisch: 
Thienen), wo sie ein Ge 
fecht zu bestehen hatten. 
Sie eroberten eine Feld 
batterie, eine schwere 
Batterie, eine Fahne und 
fünfhundert Gefangene. 
Auch diese Niederlage der 
Belgier wurde dem so 
nahen Brüssel als Sieg 
gemeldet. Tirlemont, 
eine Stadt in der bel 
gischen Provinz Brabant 
im Arrondissement Lö 
wen, ungefähr vierzig 
Kilometer in der Luft 
linie von Brüssel ent 
fernt, hat etwa 20 000 
Einwohner. Sie ist Kno 
tenpunkt der Staats 
bahnlinien Brüssel—Lüt 
tich. Ramillies—Tirlemont und Tirlemont—Moll, sowie 
verschiedener Nebenbahnen. 
Der König der Belgier muß es wohl gewußt haben, 
was es mit diesen belgischen Siegen für eine Bewandtnis 
hatte, denn zu gleicher Zeit kam die Kunde, daß er sich 
samt seiner Regierung nach Antwerpen zurückgezogen habe, 
und zwar, wie offiziell erklärt wurde, nur zur größeren 
Bequemlichkeit für die Regierung und trotz der großen 
Reihe der belgischen „Siege". 
Am 20. August um Mitternacht verbreitete das Wolffsche 
Telegraphenbüro die lakonische Meldung: „Deutsche Trup 
pen sind heute in Brüssel eingerückt!" Weitere amtliche 
Nachrichten fehlten noch längere Zeit, und nähere Einzel 
heiten über die Besitzergreifung Brüssels mußte man vom 
Reuterschen Büro erfahren. Dieses meldete aus Gent: 
Ein Husaren- und ein Ulanenregiment von der deutschen 
Armee kamen am 20. früh vor den Toren Brüssels an. Der 
Bürgermeister ging zu ihnen hinaus, um mit ihnen eine 
Ein Blick in das Innere der Zitadelle von Lüttich.
	        
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