Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
rms war durch taufend 
chen Könige. Es hat 
end Einwohner, aber 
Licht eines sonnigen Septembertags lag, stand eine Frau 
am Grab; Blumen hielt sie in Händen, und Tränen, stille 
Tränen tropften langsam auf die Blumen herab, die sie 
tranken wie Morgentau. Einer, dessen Name in den Listen 
der Toten steht, war vor sechs Wochen fortgezogen, dem 
Ruf des Vaterlands folgend, das seine Männer ries. Jetzt 
lag er hier und schlief mit hundert Kameraden, schlief als 
einer der Treuen, die ihr junges Leben gegeben haben, 
damit Deutschlands Fahnen über die Grenze getragen 
werden konnten. Neben der Mutter stand ich, und als sie 
die Blumen niederlegte, die sie daheim gepflückt, Gruß der 
Heimat an ihr Kind, fanden sich unsere Hände, und dies 
sagte ich der Frau in Trauerkleidern: Unser sind sie, alle, 
die hier schlafen. Nicht Söhne vieler Mütter. Deutschlands 
Söhne, Deutschlands Helden. Nimmer wird ihrer ver 
gessen werden. Blumen welken! Ihre Namen aber 
leuchten heller als dieses Tages strahlende Sonne! Und 
wenn wir einmal die Glocken hören, die den Frieden ein 
läuten, dann werden Elockenklänge auch über dies Helden 
grab gehen: Dank und Gruß an unsere Toten, an unsere 
tapfere Jugend, an Deutschlands Getreueste, die hier 
an der Westgrenze die Wacht halten für alle Zeiten. 
Während wir Abschied nahmen am Grab, donnerten 
vom Westen her die Geschütze, deutsche Kanonen, die das 
eherne Lied singen von deutschen Siegen und deutschen 
Helden. 
Reims. 
(Hierzu die Bilder Seite 180 und 181.) 
Reims, das die Franzosen durch einen weiten Fort 
gürtel zu einer mächtigen Festung gemacht haben, ist eine 
der wenigen Städte, die neben Paris in Frankreich zur 
Geltung kommen, denn im allgemeinen gilt: Paris ist 
Frankreich, die Provinz nichts. Re 
Jahre Krönuugsstadt der französt 
zwar nicht viel über hunderttau 
zahlreiche große Straßen und schöne Plätze, eine sehr starke 
Garnison, wichtige hohe Behörden, eine blühende Tuch- und 
weltberühmte Schaumweinerzeugung von jährlich etwa 
zwanzig Millionen Flaschen. Das Wertvollste sind seine zahl 
reichen von der Römerzeit bis hellte bewahrten, zum Teil 
in den prächügften alten Gebäuden untergebrachten Kunst 
altertümer, Büchereien, Handschriften usw., vor allem aber 
die gotische Kathedrale „Notre Dame von Reims", die, 
vom 13. bis 15. Jahrhundert erbaut, eine der schönsten 
Kirchen der Welt ist und herrliche Schätze in sich birgt. Es 
ist unverantwortlich, eine solche Stadt zur Festung zu 
machen und all diese unersetzlichen Kulturwerte darin zu 
belassen, denn trotz der dem Deutschen innewohnenden 
beinahe religiösen Verehrung der Kunst, die ihm deren 
Schonung zur selbstverständlichen Pflicht macht, treten im 
Festungskrieg doch leicht Lagen ein, in denen dies zur Un 
möglichkeit wird. Und leider ist es auch so gekommen. 
Nun muß es ein merkwürdiges Zusammentreffen ge 
nannt werden, daß diese bedeutende Stadt am gleichen 
Tage wie 1870 von unseren Trlippen betreten wurde. Es 
war der sächsische Hllsarenrittmeister v. Humbracht, der mit 
mehreren Offizieren und einem halben Dutzend Husaren 
die kecke Tat vollbrachte, nicht nur festzustellen, ob die von 
Landeseinwohnern behauptete Räumung der Stadt seitens 
der Franzosen wahr sei, sondern sogar, nachdem dies ge 
schehen war, die Festung einfach in Besitz zu nehmen. 
Gegen neun Uhr abends ritt die Patrouille durch die 
belebten Straßen in Reims ein, begab sich schnurstracks 
nach dem Rathause, erklärte dem Bürgermeister in Gegen 
wart der Stadtvertreter, daß die Stadt hiermit von den 
Deutschen genommen sei und er sich als Geisel für die 
Sicherheit der „Besatzung" über Nacht im Sitzungssaale auf 
zuhalten habe. Während nun die Mannschaften mit den 
Pferden sich einquartierten, blieb der Patrouillenführer mit 
einem Offizier und einem Unteroffizier bei dem Bürger 
meister und entsandte die zwei übrigen Offiziere zu schleu 
nigster Meldung an Division und Generalkommando. 
Unser Bild zeigt die wackeren Sachsen, wie sie im Voll 
mondlicht an der Kathedrale vorbeiziehen und von den Ein 
wohnern angestaunt werden. Eine Kundmachung des Bürger 
meisters hatte diese freilich schon in meisterhaft gewählten 
Worten darauf vorbereitet, daß deutsche Truppen im An 
marsch seien, gegen die eine würdige Haltung zu bewahren 
Pflicht eines jeden sei, um Unglück zu verhüten. Und man 
muß den Bewohnern von Reims die Gerechtigkeit widerfahren 
lassen, daß sie sich in jeder Richtung musterhaft benahmen. 
Da es sich indes ergab, daß es nicht möglich war, so 
schnell größere Truppenmengen heranzuziehen, hielt es die 
StellfeuLLgeschütze der Futzartillerie. «US gedeckter Stellung feuernd.
	        
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