Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
unvergleichlich voller sind als in Serbien, dem öden 
Heimatland. 
Die serbischen Ausfälle umfassen die ganze Linie von der 
Mündung der Drina in die Save bis gegen Semendria an 
der Donau. Nach kurzen Gefechten wurden aber die Serben 
stets von den österreichisch-ungarischen Truppen zurück 
geschlagen, wobei jene zum Teil schwere Verluste erlitten. 
Eine außergewöhnlich große Niederlage hatten die Serben 
im Raume Jarak—Mitrowiha zu verzeichnen, wo die zu 
den besten serbischen Truppen zählende Timokdivision, die 
sich auch in den Balkankriegen ausgezeichnet hatte, beinahe 
ganz vernichtet worden ist. Die Timokdivision hatte schon 
in den Kämpfen bei Waljevo große Verluste erlitten. -Am 
6. September wagte sie trotzdem in der Stärke von über 
12 000 Mann unter dem Kommando des Generals Ste 
fanowitsch einen Vorstoß über die Save, der scheinbar gegen 
das von Schwaben be 
völkerte südungarische 
Städtchen Ruma ge 
richtet war. Die Serben 
sehten bei Klenak, Jarak, 
Progor und Kuwinowa 
in kleinen Gruppen auf 
Kähnen über die Save, 
während bei Mitrowiha 
und Djakowo kleinere 
Abergänge auf Schiff 
brücken erfolgten. Die 
ö sterreichis ch - ungaris ch en 
Truppen erhielten recht 
zeitig von den Absichten 
der Feinde Kenntnis und 
verstanden es, sich im 
Halbkreis eine starke Stel 
lung zu verschaffen, die 
bis zuletzt dem anrücken 
den Feind geschickt ver 
borgen werden konnte. 
Da die serbischen Auf 
klärungstruppen bis über 
einen Kilometer weit auf 
keine Gegner stießen, 
wurde der Übergang der 
ganzen Timokdivision 
vollzogen. Da erfolgte 
aber mitten in der Nacht 
ein starker Zusammen 
stoß. Die Serben, die 
Feldgeschütze und Ma 
schinengewehrabteilun 
gen mit sich geführt 
hatten, wurden von der 
österreichisch-ungarischen 
Artillerie unter ein furcht 
bares Feuer genommen. 
Die Entscheidung fiel erst 
im Laufe des 6. Sep 
tember. Gegen zehn Uhr- 
vormittags, als die Ser 
ben die Save schon über 
schritten hatten, wurde 
der Kampf von seiten der k. u. k. Truppen ernstlich aufge 
nommen. Zum Hauptkampf kam es gegen vier Uhr nach 
mittags. Ein heldenhaftes Ringen begann, und nach drei 
stündiger Dauer war der Kampf zugunsten der Österreicher 
und Ungarn entschieden. Die Niederlage der Serben war 
eine ungeheure; 6000 Mann wurden gefangengenommen, 
der Rest getötet oder verwundet. Nur wenigen war es be- 
schieden, sich schwimmend über die Save zu retten. 
Das Heldengrab bei Pewlingen. 
Still liegt das Lothringer Land. Drei Tage sind ver 
gangen, seit die Schlacht über diese schmalen Höhenzüge 
und durch die weite Ebene wogte. Drei Tage, drei Nächte — 
und man merkte kaum, daß Tag und Nacht wechselten. 
Es ist, wie wenn das Lothringer Land sich besänne, wie 
wenn es jetzt dazu erwachte, die großen, starken, gewaltigen 
Eindrücke dieser Tage vom 19. bis zum 21. Anglist in sich 
zu sammeln; dieser Tage, die es nie vergessen wird. Die 
Wunden, die ihm dieser Krieg schlug, werden heilen. Wo 
Deutschlands Söhne fielen, spielen heute Lothringer- 
Kinder, die vergaßen, daß die Mütter weinten und daß 
die Greise mit erschreckten Augen in das Dunkel der Keller 
starrten, über die die Schlacht hinwegraste. Aber diese 
Kinder werden Männer sein, und die Söhne derer, die 
auf der Walstatt blieben, werden groß werden. Wie ein 
ewig kraftgebender Quell ist Deutschlands Jugend, die 
einmal wieder bauen wird, was dieser Sommer niedertrat. 
— Aber vergessen kann das Land nicht. Von Höhe zu 
Höhe trug der Sieger die wehenden Fahnen. Hier warf 
Deutschland seine starke, lachende Jugend dem Feind ent 
gegen, und obgleich Ströme von Blut flössen: Lothringen, 
das vor vierundvierzig Jahren deutsche Tapferkeit zurück 
eroberte, Lothringen wird deutsches Land bleiben. 
Als die Reiterscharen über die Felder stürmten, brausend, 
wie ein schwellender 
Waldbach, westwärts zur 
Grenze hin, und hinten 
drein die Infanterie, und 
unsere Batterien die 
donnernden Grüße über 
die verfolgenden Batail 
lone dem fliehenden 
Feinde nachsandten,riests 
von Höhe zu Höhe: Vik 
toria! Und ganz Deutsch 
land stand auf und grüßte 
die Tapferen, die in drei 
tägigem Ringen Loth 
ringen reingefegt hatten 
und dann jenseits der 
Grenze standen, eiserner 
Wall, lebendige Mauer, 
Erenzwacht an den Hän 
gen der Vogesenberge. 
Die stille lagen in den 
Feldern, die Opfer dieser 
blutigen Tage, trug man 
dorthin zusammen, wo 
an einem der Gelände 
rücken hin die Straße 
von Mörchingen aus süd- 
westwärts zieht, Dieuze 
zu. Hart am Straßen 
rand, bei dem Dorf Pew 
lingen, liegt das Grab, 
in dem die Helden des 
Tages von Mörchingen, 
von Eonthil, von Verga- 
ville Ruhe fanden; und 
eingestreut in die Loth 
ringer Lande, bei Dieuze, 
bei Delme, auf den 
Höhen, von denen man 
weit nach dem Westen 
hin und weit nach Osten 
sieht, sind die vielen 
Gräber; deutsche Jugend 
von der Elbe, aus Sach 
sen, von den bayrischen 
Wäldern, aus der lustigen Pfalz, aus den Tälern bei Kolmar 
und vom Schwarzwald, schläft hier. Im Sturm fand sie 
die Kugel, während sie jeden Fußbreit des Lothringer 
Landes wie die Löwen zurückeroberten. Siegend gaben 
sie ihr Blut. Deutsche Erde hat^s getrunken. In deutscher 
Erde ruhen sie: siegende Helden, die wir segnen, und deren 
Deutschland nie vergessen wird. 
Einmal wird dort auf der Höhe ein Denkstein stehen 
und auf dem Stein die Namen derer, die hier schlafen. 
Und aus allen deutschen Gauen werden die Pilger kommen, 
ein langer Zug derer, die das Beste dem Vaterland gaben: 
ihre Söhne! Auf dem Hügel, den ein Kreuz schmückt, 
liegen Blumen und schnell gewundene Kränze; Blumen, 
die in den bescheidenen Gärten stiller Dörfer blühten. 
Lothringer Kinder kommen und bringen den Toten den 
Gruß derer, die leben, Kinder, die wissen, daß ein jeder 
von denen, die schlafen, eine Mutter hatte, und die wissen, 
daß man Helden ehren muß und nie ihrer vergessen darf. 
Während ich dort oben stand, ain Grab, das im hellen
	        
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