Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

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Illustrierte Geschichte des Welttrieges 1914. 
zurückgeworfen und vollständig zersprengt wurde. „Die 
Division, der unser Regiment angehörte," so erzählte ein 
österreichischer Hauptmann, der diesen Kampf mitgemacht 
hat, „erhielt am vorigen Mittwoch den Befehl, den Einfall 
der russischen Truppen abzuwehren. Wir stießen am selben 
Tage schon nachmittags bei Uszratin auf den Feind. Es 
war eine Division, die sich kampflos zurückzog. Wir ver 
folgten sie über die Grenze, weil wir das Dorf Uszratin nieder 
brennen sollken, da dort Verrat geübt wurde. Am anderen 
Tage zogen wir uns über die Grenze zurück. Sonntag früh 
erhielten wir die Nachricht, daß die Russen von Bojan her 
auf Ezernowitz losmarschierten. Mittags bekamen wir den 
Befehl, den Feind zurückzuwerfen. Drei Infanterie- 
regimenter mit Artillerie und Landsturm griffen die Russen 
an. Mein Regiment führte einen Seitenangriff aus, der 
die Russen dermaßen überraschte, daß sich 900 Mann mit 
2 Geschützen ergaben. Meine Kompanie erbeutete 6 Ma 
schinengewehre. Damit war auch der Kampf zu unseren 
Gunsten entschieden. Die Russen hatten riesige Verluste, 
da unsere Artillerie großartig arbeitete." Die Folge dieses 
Kampfes war, daß Russisch-Nowosielica von den siegreichen 
Truppen besetzt wurde. Darüber erzählte ein anderer 
Augenzeuge des Kampfes: „Das Städtchen hat ungefähr 
1000 Einwohner, ist aber seiner Lage wegen von großer 
strategischer Bedeutung. Die Einwohner sind jetzt sehr 
zufrieden, nicht mehr Rußland anzugehören; sie sind unseren 
Soldaten bei der Beschaffung von Lebensmitteln sogar 
behilflich. Die Einwohner von Österreichisch-Nowosielica, 
nur durch einen Fluß von dem russischen Grenzort ge 
trennt, zumeist rumänische Bauern, ergriffen zuerst die 
Flucht, kehrten jedoch bald wieder zurück. Die russischen 
Bauern besuchen nun unseren Markt, unterhalten sich mit 
den Unseren und äußern ihre Freude darüber, daß nun ihre 
Leiden unter der russischen Knute ein Ende haben. Die 
meisten sind glücklich über die Aussicht, ihre Kinder könnten 
in Zukunft in ihrer Muttersprache unterrichtet werden. 
Sie sind alle Ukrainer und haben beim Graben von 
Schanzen für unsere Soldaten vortreffliche Dienste geleistet. 
Nicht minder bezeichnend ist, daß 260 Kosaken in voller 
Ausrüstung als Überläufer über die Grenze gingen." 
Das bedrohte Tsingtau. 
(Hierzu die Bilder Seite 132 und 163.) 
Auf dem Umweg über Rotterdam erhielten wir am 
6. Oktober die hocherfreuliche Nachricht, daß die vereinigten 
Japaner und Engländer bei ihrem ersten Ansturm auf 
Tsingtau mit einem Verlust von 2600 Mann zurück 
geschlagen wurden. Berechtigter Stolz erfüllt uns bei 
dem Gedanken an die dortige Besatzung, die so tapfer 
aushült und dem deutschen Namen im fernen Osten solche 
Ehre macht. 
Unser ostasiatisches Schutzgebiet gelangte im Jahre 1898 
durch einen Pachtvertrag auf 99 Jahre aus chinesischem 
in deutschen Besitz. Die Gründe für die Erwerbung sind 
klar und einleuchtend genug. Seit am 2. September 1861 
der Handel zwischen Ehina und Preußen beziehungsweise 
den Ländern des Zollvereins durch einen Vertrag in gleicher 
Weise erschlossen wurde wie mit England und einigen 
anderen Staaten, nahm er einen mächtigen Aufschwung; 
vor Beginn des jetzigen Weltkrieges stand er in Ostasien 
an zweiter Stelle überhaupt. Wenn man nun bedenkt, 
wie England seit jeher seine überseeischen Handelswege 
durch „Stützpunkte" — es sei nur die Reihe Gibraltar, 
Malta, Aden und Hongkong hier genannt — zu sichern 
wußte, wird man es verstehen, daß auch der blühende 
deutsche Handel dort draußen einen kräftigen Rückhalt 
brauchte, denn sonst blieb er immer auf die Gastfreundschaft 
anderer, meist englischer Niederlassungen angewiesen. Nach 
dem Krieg zwischen Ehina und Japan erhielten Rußland, 
Frankreich und England von ersterem neuerdings sehr wert 
volle Vorrechte, Deutschland bloß eigene Niederlassungen 
in den Vertragshäfen Tientsin und Hankou. Das konnte 
nicht genügen, vor allem nicht für die Flotte, die unseren 
Handel dort zu schützen hatte und darum einen eigenen, 
unter deutscher Verwaltung stehenden Hafen als Stütz 
punkt unbedingt nötig hatte. Als daher in Schontung zwei 
deutsche Missionare ermordet wurden, ergriff man diesen 
äußeren Anlaß, die nach gründlichen Untersuchungen für 
geeignet befundene Bucht von Kiautschou samt dem Hinter 
land in deutschen Besitz zu bringen. Am 14. November 
Beim Auswerfen von Schützengräben. 
Phot. B.edecker, Berlin.
	        
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