Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
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die den Krieg als Sport anzusehen schienen, denn nach dem 
Gefecht wollten sie unseren Soldaten, wie nach einem 
Sportkampf, die Hände reichen; die aber wiesen die ihnen 
entgegengestreckten Hände mit Entrüstung zurück, während 
die Franzosen als tapfere Gegner geachtet wurden. Kaum 
waren die letzten Franzosen nach Deutschland abgeführt 
worden, so zogen schon gewaltige Truppentolonnen durch 
die eroberte Festung, südlich, immer weiter nach Frankreich 
hinein, alle ein Ziel vor Augen — Paris. 
t Unter den Kämpfern, die vor Maubeuge die öster 
reichischen Mörser richteten, befand sich auch der öster 
reichische Festungsartillerieleutnant Dr. Hans Stieglandt, 
der in einem im „Neuen Wiener Tagblatt" veröffent 
lichten Brief an seine Wiener Angehörigen unter anderem 
noch folgendes berichtet: „Ergreifend war der Augenblick, 
als sich die ersten deutschen Truppen nach Abzug der fran 
zösischen Garnison gegen Maubeuge in Bewegung setzten 
und die deutsche Militürmusik den Radetzkymarsch uns 511 
Ehren hinausschmetterte. Mir schossen für einen Augenblick 
die Tränen in die Augen, aber nicht mir allein! Zum 
erstenmal nach langer Zeit wieder österreichische Musik, und 
noch dazu diese Musik und in diesem herrlichen Augenblick!" 
Stieglandt erzählt dann weiter: „Am 5. September gegen 
.vier Uhr nachmit 
tags kam ein fran 
zösisches Automo 
bil mit weißer 
Fahne in das 
deutsche Haupt 
quartier und fragte 
den Oberstkom 
mandierenden, 
einen prachtvollen 
altenHaudegen, 
ob er unter ge 
wissen Vedingun- 
gen die Übergabe 
der Festung an 
nehmen würde. Da 
schlug aber der 
deutsche Befehls 
haber mit der Faust 
auf den Tisch und 
rief: ,Was, Be 
dingungen? Be 
dingungslos bis 
sechs Uhr abends, 
oder ich schieße die 
ganze Bude in Grund und Boden!‘ In begreiflicher Er 
schütterung ist daraufhin der Franzose abgezogen. Nun 
hat man nicht gewußt, ob der Oberstkommandierende sechs 
Uhr nach französischer oder nach deutscher Zeit gemeint 
hatte. Als es nach deutscher Zeit sechs Uhr war, wurde 
es jedoch klar, welche Zeit der Kommandeur gemeint hatte, 
denn er befahl die Fortsetzung der Beschießung. Kaum 
hatte diese aber eingesetzt, als auch schon in rasender Fahrt 
das Auto mit der weißen Fahne aus Maubeuge heraus 
kam. Der Kommandant nahm den Brief, den der Parla 
mentär überbrachte, entgegen und sagte nichts weiter als: 
,Schießen einstellend, und damit war die bedingungslose 
Übergabe von Maubeuge angenommen. Als die Eng 
länder vorüberzogen, schrien wir alle auf vor Wut, denn 
wie soll nicht alles wahren Haß gegen die Engländer, diese 
schändlichen Verräter am Germanentum und an der weißen 
Rasse überhaupt, empfinden." 
Das moderne Unterseeboot. 
lHierzu die Bilder Seite 158 und 159.) 
Die Vernichtung von drei englischen Panzerkreuzern 
durch ein einziges deutsches Unterseeboot, über die wir 
auf Seite 140 berichteten, lenkt die allgemeine Aufmerksam 
keit auf diese noch junge und noch wenig kriegserprobte 
Waffe des modernen Seekriegs. 
Ein Unterseeboot ist äußerlich sehr unscheinbar; man 
sieht nicht drohende Geschütze, schwere Panzertürme, Ge 
fechtsmasten, oder was sonst an unseren großen Schiffen so 
mächtigen Eindruck auf uns macht. Zunächst fällt bei 
den kleinen Booten nur ein turmartiger Aufbau auf, der 
sich etwa 2 Meter über das übrige Schiff erhebt. Der 
ganze Schiffskörper ist etwa. 60 Meter lang. Sehen wir 
uns nun einmal so ein Unterseeboot genauer an! Da 
liegen sie in: sicheren Hafen, immer drei oder vier neben 
einander, auf dem schmalen Deck gehen die Mannschaften 
auf und ab. Die Boote liegen schon länger still, und doch 
hört man dröhnendes Geknatter der Maschinen, dicker, 
gelber und bläulicher Qualm entsteigt den Schloten. Was 
ist das für ein Lärm und warum arbeiten die Maschinen? 
Das sind die Dieselmotoren, die eben die Akkumulatoren 
laden! Diese. Motoren werden mit Petroleum geheizt und 
treiben eine Dynamomaschine, die den erzeugten elek 
trischen Strom in den elektrischen Sammlern aufspeichert. 
Fährt so ein Unterseeboot in sicherem Gewässer, so 
treiben diese Dieselmotoren die Schiffschrauben und geben 
denr Boot eine Geschwindigkeit von etwa 15 Seemeilen 
(1 Seemeile = 1852 Meter). Hierbei sieht aber ein be 
trächtlicher Teil des Unterseebootes aus dem Wasser heraus 
und große Rauchfahnen entsteigen dem Schlot, die dem 
Feinde alsbald die Anwesenheit dieser gefährlichen Schiffe 
verraten würden. Ist daher Gefahr vorhanden, so werden 
die Dieselmotoren abgestellt, die Schornsteine umgelegt, alle 
Luken wasserdicht verschlossen, und das Boot taucht unter, 
und zwar so tief, daß nur noch ein kleiner Teil des Peri 
skops, das 2 Meter 
über den Turm 
herausragt, ober 
halb des Wasser 
spiegels ist. Das 
Periskop ist ein 
blaugrau gestriche 
nes Rohr von etwa 
20 Zentimeter- 
Durchmesser, an 
dessenoberemEnde 
ein Winkelspiegel 
angebracht ist; 
durch diesen wird 
dasBildderAußen- 
welt in das Innere 
des Bootes ge 
worfen. 
Nun befindet 
sich also das Deck 
etwa 4 Meter unter 
Wasser; die elek 
trischen Akkumula 
toren werden ein 
geschaltet, und die 
Dynamomaschine treibt die Schrauben an. Das Boot be 
wegt sich nun mit etwa 12 Seemeilen Geschwindigkeit fort 
und kann so fast unsichtbar sich den feindlichen Schiffen 
nähern, um seine Torpedo auf sie abzufeuern. Auch dies ge 
schieht alles unter Wasser, aus den sogenannten Unterwasser- 
ausstoßrohren, die unbeweglich im Schiff eingebaut sind, 
so daß dieses selbst die Richtung einnehmen muß, in der der 
Torpedo abgefeuert werden soll. So liegt auch die Auf 
gabe des Zielens in der Hand des Schiffsführers und hängt 
ganz von dem richtigen Funktionieren des Periskops ab. 
Sobald der Torpedo das Rohr verlassen hat, bewegt er 
sich durch seine eigene Preßluftmaschine auf das Ziel zu. 
Die ganze Führung liegt in der Hand des Offiziers 
im Turm. Hier ist der Tisch, auf den das Spiegelteleskop 
ein Bild der Oberwelt wirft, hier sind Sprachrohre und 
Telegraphen nach allen Maschinen und Mannschaften, hier 
ist auch die Steuerung für Tief- und Seitensteuer; kurz, der 
Turm ist der Kopf des Bootes, daher ist es auch verloren, 
wenn er zerschossen wird, wie es unserem braven U 15 ging. 
Was sonst noch alles in den unteren Räumen vorhanden ist, 
das kann und darf niemand beschreiben, denn wenige 
Dinge werden so geheim gehalten wie unsere Untersee 
boote. 
Nun noch einiges über deren Entwicklung und Eintei 
lung. Es gibt zwei verschiedene Arten von Unterseebooten. 
1. Die sogenannten Unterwasserboote, die aus einem 
einzigen starken „Druckkörper" bestehen („Ein-Hüllen"- 
System); in ihn wird zum Untertauchen Wasser eingelassen, 
das man zum Auftauchen wieder auspumpt. 
2. Die Tauchboote, die aus zwei umeinander angeord 
neten Körpern bestehen (,,Zwei-Hüllen"-System), einem 
inneren, zylindrischen Druckkörper und einem Außenkörper, 
Erbeutete russische Geschütze vor dem Arsenal in Wien.
	        
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