Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
Triumphe noch größer gewesen sein. In mannshohen 
Maisfeldern mußten wir uns mit einem Feinde schlagen, 
der sich über jedes Kriegsrecht hinwegsetzt. Das sind grau 
same Barbaren, die mit Mitteln kämpfen, wie sie kein ein 
ziges Militärvolk benutzt. Ich spreche nicht von den Komi 
tatschihorden: von denen erwartet die Welt ohnehin nichts 
anderes; aber was dort Weiber und kleine Kinder getrieben 
haben, muß jeden bis aufs. Blut empören." 
Von sich selbst sprach der Erzherzog wenig, aber sein 
von Schrapnellkugeln durchlöcherter Mantel beweist, in 
wie großer Gefahr er geschwebt hatte. Der Erzherzog saß 
in Schabatz gerade beim Mittagessen, als ein Schrapnell 
in seiner nächsten Nähe 
einschlug. Glücklicherweise 
trafen aber die Kugeln 
bloß seinen Mantel. 
Am 18. August über 
schritten österreich-unga 
rische Truppen bei Pro 
gar, 23 Kilometer westlich 
von Semlin, die Save 
und drangen in serbisches 
Gebiet ein. Um fünf Uhr 
nachmittags wurde in 
Semlin bekannt, daß 
diese Truppen die Stadt 
Obrenovatsch eingenom 
men hatten. Am nächsten 
Tage wollten Freischärler 
bei der Insel Siganloja 
unterhalb Semlin aus 
das ungarische Ufer ge 
langen, wurden jedoch von 
den dortigen Truppen 
zurückgewiesen und er 
litten schwere Verluste. 
Am 20. und 21. August 
wurden östlich von Vise- 
grad-Rudo etwa 30 ser 
bische Bataillone nach 
hartnäckigem Kampfe ge 
worfen. Es handelte sich 
hierbei um die Schu- 
madiadivision ersten Auf 
gebots, vier Regimenter 
Infanterie, ein Kavalle 
rieregiment, ein Artille 
rieregiment und je ein 
Regiment ersten, zweiten 
und dritten Aufgebots der 
Drinadivision. Visegrad 
und Rudo liegen beide 
bereits auf österreichi 
schem Gebiet, und zwar 
in dem sehr gebirgigen 
Zipfel des südöstlichen 
Bosnien, der nördlich 
von Montenegro in den ehemaligen türkischen, nach dem 
Balkankrieg an Serbien gekommenen Sandschak Novibasar 
vorspringt. Die Serben haben also nach ihren schweren 
Mißerfolgen an der Donaugrenze offenbar hier den Ver 
such machen wollen, in diesem unwegsamen Berglande 
vorzustoßen, wurden aber mit blutigen Köpfen heim 
geschickt. Bemerkenswert ist, daß auch hier wie in anderen 
Gefechten die serbischen Abteilungen von russischen Offi 
zieren befehligt wurden, die freiwillig in die serbische 
Armee eingetreten waren. An den Kämpfen bei Visegrad 
nahm auch, wie eine beim Admiralstab der deutschen Marine 
in Berlin eingegangene Meldung besagt, das deutsche 
Skutaridetachement teil, das sich nach dem Abzug von 
Skutari dem österreich-ungarischen Vorgehen angeschlossen 
hatte. Unsere braven Marineleute besiegelten hier zum 
erstenmal ihre Kameradschaft mit Österreich-Ungarn mit 
ihrem Blute. Die Meldung lautete: 
Am 20. August Serbenstellung Höhe 964 bei Visegrad 
genommen. Seesoldaten in erster Linie. Drei tot, zwei 
Offiziere, 21 Mann verletzt. Verhalten Mannschaft muster 
gültig. (gez.): Major Schneider. 
Die Serben hatten versucht, über das Ergebnis der 
österreich-ungarischen Operationen die unglaublichsten Lügen 
nachrichten zu verbreiten, wobei sie. noch durch den Um 
stand unterstützt wurden, daß das österreich-ungarische 
Hauptquartier in seinen amtlichen Bekanntmachungen fast 
noch schweigsamer ist als das deutsche. Während des Krieges 
erfordert eben die militärische Rücksicht, über vieles zu 
schweigen, was man nachträglich ohne Gefahr sagen kann. 
So zum Beispiel kommt es vor, daß aus strategischen 
Gründen ein Platz aufgegeben wird und der Gegner dies 
als großen Sieg in die Welt hinausposaunt. Derartige 
„Siege" haben auch die Serben besonders bei den Kämpfen 
um Schabatz zu verzeichnen, aber die Lügenberichte des 
serbischen Pressebüros wurden später in einer Gesamt 
darstellung ganz energisch 
widerlegt. 
Nach der Art ihrer 
Kriegführung sind die 
Serben keineswegs als 
Kulturvolk anzusehen. 
Die Bestialitäten und 
Greuel, deren sie sich 
schuldig machten, spotten 
jeder Beschreibung. Schon 
die bisherigen Berichte 
von den serbischen Kampf 
schauplätzen haben ver 
schiedene Grausamkeiten 
der serbischen Kriegfüh 
rung und völkerrechts 
widriges Vorgehen der 
von den Behörden auf 
gehetzten Bevölkerung 
festgestellt. Überdies sind 
diese Vorgänge durch 
Erhebungen des Armee 
kommandos von Amts 
wegen unwiderleglich 
nachgewiesen worden. 
Die geschilderte Kampf 
weise ist dieselbe, die auch 
in den vorhergegangenen 
Balkankämpfen ange 
wandt, damals aber viel 
fach angezweifelt wurde. 
Serbien wäre es gewiß 
nicht eingefallen, diesen 
Krieg zu führen, und es 
hätte sich allen Beding 
ungen des österreich- 
ungarischen Ultimatums 
wohl oder übel fügen 
müssen, wenn es nicht 
von Rußland aufgestachelt 
worden wäre. Mit Hilfe 
des „mächtigen" Be 
schützers glaubte es un 
bedingt siegen zu müssen, 
denn daß es aus eigener 
Kraft nicht dazu imstande war, mußte das Volk und die 
Regierung einsehen. Es hatte bei weitem nicht die ge 
nügende Zahl von Offizieren. Russische Offiziere sollten die 
Lücken ausfüllen, erwiesen sich aber ihren Aufgaben nur 
selten gewachsen. 
* 
An der österreichisch-russischen Grenze hatte sich der 
Krieg in den ersten Wochen auch nur in unbedeutenden Ge 
fechten und Plänkeleien geäußert, wie dies bei jedem Kriegs- 
anfange der Fall zu sein pflegt. Der russische Gegner hatte 
im Vergleich mit dem serbischen manchen Vorteil. Jedes kleine 
für Österreich-Ungarn erfolgreiche Gefecht bedeutete für die 
geringe Stärke des serbischen Heeres einen Verlust, bei den 
ungeheuren Massen des russischen Heeres aber wurden selbst 
starke Verluste zunächst kaum empfunden. An der russischen 
Grenze dienten die kleinen Gefechte nur der gegenseitigen 
Aufklärung, um Stärke und Stellung des Feindes zu er 
kunden und den Aufmarsch und die Bewegung der Truppen 
zu verdecken. Besonders am 6. und 7. August war die 
Grenze Mittelgaliziens der Schauplatz zahlreicher kleinerer 
Kämpfe. Unmittelbar nach dem Bekanntwerden der 
Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Rußland (6. August) 
versuchten russische Kavalleriepatrouillen und Abteilungen
	        
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